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01.02.2017

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Die Anfänge des Holzhochhauses

Wohnhaus von Frantzen et al in Amsterdam


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Kaum fertig und schon mit Preisen überhäuft! Dass das Amsterdamer Wohnhaus Patch 22 etwas Besonderes ist, ist nichts Neues. Es gilt als höchstes niederländisches Wohnhaus, dessen tragende Struktur komplett aus Holz besteht. Im November wurde das von Frantzen et al architecten (Amsterdam) verantwortete Projekt fertig, alle Wohnungen sind bereits verkauft. Im Januar bekam das Haus den WAN 2016 Residential Award und einen der International Green Awards verliehen, bereits Ende letzten Jahres stand das Projekt auf der Shortlist des Zuiderkerk-Preises und des Innovationspreises ARC2016. Unabhängig von der Relevanz einer solchen Ansammlung von Nominierungen, Labels und Preisen, handelt es sich bei Patch 22 um ein in mehrfacher Hinsicht hochinteressantes Projekt.

Patch 22 ist 30 Meter hoch und kann doch als ein echtes kleines Hochhaus gelten – vor allem dann, wenn man mit etwas historischer Sensibilität auf das Projekt blickt und an die bescheidenen Anfänge der ersten Hochhausbauten des 19. Jahrhunderts denkt. Die frühen Hochhausbauer in Chicago rangen damals vor allem mit der Frage, wie rationalisierte Konstruktionen und klassische Ordnungen unter einen Hut zu bringen seien. Mit solchen Fragen mussten sich die Amsterdamer Architekten glücklicherweise nicht mehr beschäftigen. Ihr Haus verrät bereits aus der Ferne, dass es in den Niederlanden steht. Selbstbewusst und mit Witz stapelten die Architekten die sechs Wohngeschosse leicht versetzt übereinander. Das Ganze packten sie wiederum auf ein sechs Meter hohes, voll verglastes Erdgeschoss mit Gewerbenutzung. Eine zweite, entscheidende Frage des frühen Hochhausbaus war der Brandschutz. Patch 22 geht hier einen geradezu primitiven, aber effektiven Weg. Alle tragenden Teile wurden einfach so dick dimensioniert, dass das Holz im Brandfall zwei Stunden brennen kann. Auch dieser Ansatz ist eine Neuerung und wurde in den Niederlanden bisher so noch nie realisiert.

Schwere Streben an der Südfassade und das helle Braun des verbauten Holzes dominieren den Eindruck. Hinter den Streben liegen tiefe Loggias, die es in gleicher Form auch an der Nordseite des Hauses gibt, wo jedoch auf die dramatischen Diagonalen verzichtet wurde. Angesichts des niederländischen Wetters scheint es mehr als sinnvoll, dass alle Loggias eher wie Wintergärten funktionieren und durch Glasscheiben geschlossen werden können. Kontrastierend hierzu weisen die Seitenfassaden nur schmale, hohe Fensterschlitze auf. Die Wohngrundrisse setzen auf die Qualitäten und Potentiale von Lofts. Im Kern liegt ein schmaler Bereich mit Treppen und Liften. Der Rest der insgesamt 540 Quadratmeter großen Geschossfläche ist theoretisch frei bespielbar. Maximal können acht Wohnungen pro Geschoss realisiert werden.

Der Ausbau der Wohnungen lag komplett in der Hand der Käufer, Hohlböden bieten die notwendige Flexibilität für das Legen der Leitungen. Die Raumhöhe von 3,5 Meter ist ungewöhnlich und trägt ebenso viel zur Wohnatmosphäre bei wie die offen sichtbaren, dicken Holzbalken, -stützen und Außenwände. In ihrer Veröffentlichung zu Patch 22 weisen die Architekten auf einen außergewöhnlichen planungsrechtlichen Aspekt des Projekts hin: Mit der Stadt wurde nämlich ein spezieller Pachtvertrag abgeschlossen, der es erlaubt, die Wohnungen bei Bedarf in der Zukunft auch als Büros nutzen zu können.

Ein ganzes Bündel an Maßnahmen macht Patch 22 zu einem Nullenergiehaus. Solarzellen auf dem Dach, Regenwassersammlung für die Toiletten und eine Pellet-Heizung sind nur einige der Vorrichtungen, die das Haus zu einer echten Wohn- und Klimamaschine in Holz machen. Initiiert und entwickelt wurde das innovative Projekt – dessen Anfänge bis in das Jahr 2009 zurückreichen – übrigens durch den Architekten selbst. Im Jahr 2009 gründete Tom Frantzen zusammen mit Claus Oussoren die Firma Lemniskade, die als Bauherr fungierte. Projektentwicklung und Design des knapp 6,5 Millionen Euro teuren Projekts lagen also in einer Hand. (gh)

Fotos: Luuk Kramer


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

8

Martin Petermann | 02.02.2017 18:40 Uhr

Berufsbezeichnung

Entschuldigung, da habe ich doch tatsächlich die Berufsbezeichnung 'Skinhöd' falsch geschrieben.

IO ! (Oi !)

7

remko | 02.02.2017 16:18 Uhr

...

@Martin Petermann: Wenn man regelmäßig die Baunetz-Meldungen verfolgt, hätte man in meiner Flüchtlingsheim Referenz den Bezug zu Werner Sobeks Flüchtlingscontainer erkennen können, bei denen der einzelne Quadratmeter mehr durchdacht erscheint als Frantzens gesamter Klotz. Bei Sobek hat man jedenfalls das Gefühl, dass Intelligenz im Spiel ist. Und nein. Ich bin weder ein 'deprimierter Bachelor', noch ein 'akademischer Skin(n)head'. Ich hatte lediglich mehrere Jahre das Vergnügen in größeren Architekturbüros in den Niederlanden und der Schweiz arbeiten und Erfahrungen sammeln zu können. Und ja, vielleicht habe ich mir tatsächlich zu sehr den dortigen Jargon, wie über Architektur gesprochen wird, angeeignet. Aber ehrlich gesagt geht es dort beim kommentieren der Konkurrenz noch eine Spur deftiger zu.

6

Martin Petermann | 02.02.2017 14:45 Uhr

Innovative kreative Nachbarn

Gelungener Entwurf, gutes Konzept. Pragmatische tolle Antwort auf den vorgeschriebenen Brandschutz !

Scheußlich und fürchterlich sind hier im Baunetz
unverhofft und oft die Kommentare zur Sache.

Architekten sprechen eine andere Sprache.

Enttarnen sich hier generell:
1. Deprimierte Bachelor Absolventen ?
2.Akademische Skinnheads ?

Ich wünsche mir "geschnitzte Flüchtlingsheime aus Beton, vorzugsweise aus
dem Erzgebirge !

Mahlzeit !

5

solong | 02.02.2017 13:46 Uhr

... wahre holzbaukunst aus dem voralberg ...

... sehnsucht nach welchem jahrhundert ?? ... schön ... etwas robust ... in dem archaischem umfeld ... sauber im äusseren detail ... + freedom to the people ... seine wohnung darf jeder selbst gestalten ... ich muss als architekt da keinen ..."zwangsbeglücken" ... das tolle an ... the netherlands ... als menschen ... toleranz + viel gute architektur + viele ideen ... hier braucht keiner ... alpenländische idylle zu implizieren ... ein "ehrliches" gebäude ... in einer inspirienden stadt ... nur eins ist nicht ganz die wahrheit ... komplette tragstruktur aus holz ... stimmt nicht ... macht nichts ... ich würde sofort einziehen ...

4

Neeltje | 02.02.2017 12:35 Uhr

Scheußlich? Fürchterlich?

Ich bin begeistert, sehr schön.
Nur die Schrägen in der Fassade sind vielleicht durch Überdimensionierung ein bisschen grob ausgefallen.

Dazu kann der Käufer hier selbst entscheiden über Größe, Ausbau und Nutzung seine Wohnung.
Das ist doch großartig.

Das Verfahren Casco zu verkaufen ist seit der Krise in der Tat üblich in den Niederlanden und bietet auch jungen Leute die Möglichkeit (billig) zu kaufen. Es gibt nichts persönlicheres als die eigen Wohnung und warum soll da ein Architekt die Innenräume gestalten?
Damit es ein weißer Showroom wird, so wie das Wohnhaus in Stuttgart von Reichel Schlaier Architekten das am 24.01 auf Baunetz stand?

@Remko . In diesem Projekt ist der Architekt übrigens auch der Entwickler. Er hat dazu ein "BV" (geschlossene/private Gesellschaft) gegründet.

3

remko | 01.02.2017 17:55 Uhr

...

Bei dieser Fürchterlichkeit sehnt man sich nach wahrer Holzbaukunst aus dem Vorarlberg. Die Architekten sind wahrlich in allen Belangen den 'primitiven Weg' gegangen. Mit dem Duktus eines Flüchtlingsheims macht dieses etwas Holz als Baustoff nicht unbedingt sympathischer. Mal so ganz nebenbei: Als jemand der sich in den Niederlanden etwas auskennt: Dass der Wohnungsausbau komplett in den Händen der Bewohner liegt, ist nichts neues. Das nennt sich 'kasko' und bedeutet nichts anderes als dass der Entwickler wie bei allen anderen Projekten in NL die komplette (innere) Planung von Gebäuden übernimmt. Der Architekt bleibt außen vor.

2

Mr. Riös | 01.02.2017 17:10 Uhr

scheusslich?

wo genau @auch ein?

ich sehe eigentlich ganz gemütliche wohnungen auf den innenraumfotos.

erklärung bitte.

1

auch ein | 01.02.2017 15:44 Uhr

architekt

innen ist es ja wirklich scheusslich!
nur weil es aus holz, ist muss man ja nicht jedes gebastelte element zeigen....

 
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