RSS NEWSLETTER

https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Wohnhaus_von_Florian_Nagler_Architekten_8353319.html

22.09.2023

Immer weiter in Bad Aibling

Wohnhaus von Florian Nagler Architekten


Wieder ein Holzbau, wieder in Bad Aibling und wieder sind es Florian Nagler Architekten (München), die mit ihrem bemerkenswert pragmatischen Ansatz beweisen, dass es geht. Wenige hundert Meter neben den drei viel diskutierten Forschungshäusern, die seit 2020 als Inbegriff „Einfachen Bauens“ gelten, entstand kürzlich ein Riegel mit 23 Wohnungen (darunter ein Gästeapartment) und einem Gemeinschaftsraum im Auftrag der Münchner Genossenschaft Wogeno

Bereits seit einigen Jahren entwickelt sich auf dem ehemaligen Kasernengelände im oberbayerischen Bad Aibling ein Quartier, in dem Low-Tech-Projekte umgesetzt werden. Eigentümer des Areals ist das ortsansässige Wohnungsunternehmen B&O Gruppe. Als wesentliche Parameter des Low-Tech-Ansatzes (den wir auch in der viel beachteten Baunetzwoche#584 vor genau zwei Jahren diskutiert haben) definieren Florian Nagler Architekten unter anderem simple Gebäude- und Raumgeometrien, die Reduktion der Haustechnik auf das Wesentliche und den Einsatz von ausreichend Speichermasse. Bis die rechtlichen Grundlagen existieren, braucht es wohl weiterhin mutige Bauherrschaften wie die Wogeno oder Forschungsprojekte, um zu zeigen, wie trotz reduzierter Gebäudetechnik nutzungsfähige Gebäude aussehen können.

Im Fall des genossenschaftlichen Wohnprojekts dient die Tragstruktur aus einem länglichen, massiven Erschließungskern aus Stahlbeton als thermische Speichermasse. Auch die Wandkonstruktion aus kreuzverleimten Massivholztafeln zählt als Speichermasse – so wie auch beim benachbarten Forschungshaus aus Holz. Beim aktuellen Projekt konnte die Wandstärke auf 26 Zentimeter reduziert werden (statt 39 Zentimeter beim Forschungshaus), wodurch Wohnfläche gewonnen wurde. Der Wandaufbau ist monolithisch, eingeschlossene Luftkammern sorgen für die nötige Dämmwirkung, eine zusätzliche Schicht entfällt.

Zum Einsatz kam Holz aus der Region. Durch den hohen Grad der Vorfertigung konnte das Haus in nur rund sechs Monaten Bauzeit fertiggestellt werden. Die Tragwerksplanung übernahm das Büro merz kley partner (Dornbirn), den Holzbau das Unternehmen H.R.W. Vollholzwandsystem Obb. (Peiting). Die Konstruktion gibt auch die klare Strukturierung innerhalb des Gebäudes vor, das auf einem 3,1 Meter messenden Raster basiert. Von einem zentralen Eingang aus werden beidseitig zwei Treppenhäuser erschlossen. Jeweils bis zu acht Wohnungen mit unterschiedlichen Grundrissen verteilen sich auf die drei Geschosse. Die kostspielige und ressourcenintensive Unterkellerung entfiel aufgrund des hohen Grundwasserspiegels, Staufläche bietet das barrierefrei erreichbare Dachgeschoss. Im Erdgeschoss lässt sich der Eingang mit einem Gemeischaftsraum zu einer größeren Fläche zusammenschalten. Die Wogeno plant, den rund 3.000 Quadratmeter großen Garten gemeinschaftlich zu gestalten.

Die tiefen Laibungen der Fenster sowie die Holzlattung in konstrastierenden Tönen bestimmen das Fassadenbild. Auch innen zeigt sich die konsequente Verwendung von Holz. Im Gegensatz zum benachbarten Forschungshaus sind hier auch die Decken aus Brettsperrholz gefertigt. Neben den Sanitärinstallationen ist die Gebäudetechnik auf statische Heizflächen und Beleuchtung reduziert und mit Aufputzleitungen umgesetzt. Die Architekt*innen geben die Kosten der Gruppe 300 und 400 in Höhe von 1.625 Euro pro Quadratmeter Bruttogrundfläche an. Insgesamt umfasst das Haus 2.364 Quadratmeter BGF. (sab)

Fotos: Schels, Lanz, Pk. Odessa


Zum Thema:

Das genossenschafliche Wohnhaus von Florian Nagler Architekten in Bad Aibling ist – wie das Münchner Projekt Dante II im Auftrag der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewofag – für den DAM Preis 2024 nominiert. Das aufsehenerregende Vorhaben eines Wohnungsbaus mit Mietkosten von nur 9,99 Euro pro Quadratmeter im Auftrag des inzwischen insolventen Investors Euroboden im Münchner Kreativquartier ist indessen gescheitert.

Thematisch und physisch vor Ort widmen sich am Dienstag, 26. September 2023 die dritten Bad Aiblinger Baukulturtage dem einfachen Bauen auf dem B&O Parkgelände. Die Veranstaltung ist leider restlos ausgebucht.


Dieses Objekt & Umgebung auf BauNetz-Maps anzeigen:
BauNetz-Maps


Kommentare:
Kommentare (7) lesen / Meldung kommentieren


Alle Meldungen

<

25.09.2023

Luxus, Horror, Exzentrik

Filmreihe in Nordrhein-Westfalen

22.09.2023

Schwingungsentkoppelt in Hamburg

Forschungs- und Institutsgebäude von hammeskrause architekten

>
baunetz interior|design
Große Freiheit auf kleiner Fläche
BauNetz Wissen
Neuer Klang für Shanghai
Baunetz Architekt*innen
KRESINGS
baunetz CAMPUS
Learning from Grabs
Stellenmarkt
Neue Perspektive?
vgwort