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02.07.2020

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Block und Grün

Wohnhaus und Hotel von Külby Architekten in Berlin


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Von nordwestlich oder -östlich kommend, präsentiert sich den Berliner Passanten das Gebäude zwischen Neuenburger und Alexandrinenstraße zunächst als unauffälliger achtgeschossiger Wohnungsbau. Erst einige Schritte weiter öffnet sich der Block und gewährt tiefe Einblicke in eine üppige Gartenanlage und samt überraschend luftiger Hoffassade. Külby Architekten haben den Komplex, der auch ein Hotel umfasst, entworfen und umgesetzt. Wir waren vor Ort.

Von Trang Pham

Jung, bunt, laut und kontrastreich – Kreuzberg gilt als eines der Szeneviertel der Hauptstadt. Im geografischen Zentrum des Stadtteils – und gleichzeitig unweit der Mitte des heutigen Berlins – ist davon allerdings wenig zu spüren. Dort wurde Anfang der 1960er Jahre die Spring-Siedlung errichtet, deren Name auf die finanzielle Unterstützung der USA beim Bau verweist. Wie auch die nahe Otto-Suhr-Siedlung zeugt das Quartier von Stadtideen der Nachkriegszeit. Zahlreiche Altbauten, die den Krieg überlebt hatten, mussten einer aufgelockerten Wohnbebauung mit Scheiben und Punkthochhäusern weichen. Trotz prominenter Orte wie der König Galerie in Werner Düttmanns brutalistischem Kirchenbau St. Agnes oder der Nachbarschaft zum Jüdischen Museum von Daniel Libeskind gilt die Gegend als etwas vergessener Teil von Kreuzberg jenseits üblicher Touristenpfade.

Im Süden, in Richtung des Deutschen Patentamts, das an der oberirdischen U1 residiert, tut sich allerdings was. Begrenzt durch die Neuenburger Straße direkt gegenüber der Spring-Siedlung befindet sich dort beispielsweise das erste Berliner Projekt des Lörracher Büros Külby+Külby. Mit dem Voranschreiten des Planungs- und Bauprozesses der auch als The Yard bezeichneten Anlage wurde 2014 ein Zweitsitz in Berlin eröffnet. Mittlerweile nennt sich das Büro Külby Architekten, denn „Külby+Külby, das sind mein Vater und mein Großvater“, wie David Külby erklärt, der gemeinsam mit seiner Frau Cindy Menassa-Külby die Zweigstelle leitet. Kennengelernt haben sich die beiden während des Studiums an der SCI-Arc in Los Angeles. Der neue Name soll die Veränderung der Büroorganisation nach außen tragen.

Entgegen den Erwartungen und Vorstellungen der Entwickler ebenso wie der Stadtplaner entschieden sich die Architekt*innen gegen einen konventionellen Block und öffneten den Baukomplex stattdessen zum Stadtraum. Die nonkonforme Anordnung der Gebäude sowie deren ursprünglich geplante Höhe stießen zunächst auf Widerstand beim zuständigen Bauplanungsamt. Auch die Gestaltung der Hoffassade, die sich eigenständig und zeitgenössisch in Sichtbeton präsentiert, mag ein Grund für die verzögerte Genehmigung gewesen sein. Selbst nach langjährigen Gesprächen mit dem Bezirk konnte jedenfalls kein Kompromiss gefunden werden. Letztlich führte erst ein Widerspruch bei der Senatsverwaltung zum Erfolg und zur Realisierung des Projekts. Welch Glück – stellt diese Konfiguration doch einen interessanten morphologischen Übergang zwischen den Blockrand-Resten im Süden und der aufgelockerten Bebauung im Norden her.

Der Komplex besteht aus einem Hotel mit 55 Zimmern, das an einen Altbau andockt, und einem Wohnhaus mit 51 Wohnungen. Dazwischen befindet sich ein gemeinschaftlich genutzter Garten, darunter eine Tiefgarage und ein kleiner Spa-Bereich mit Schwimmbad, der von beiden Seiten genutzt werden kann. Hotel und Wohngebäude stehen sich gegenüber, in der Mitte liegt der von Enea Landscape Design gestaltete, namensgebende Hof. Er ist der Mittelpunkt der Anlage, gleichermaßen trennend wie verbindend. Um diesen Hof und die damit verbundene Öffnung zum Stadtraum zu betonen, dreht sich der Baukörper des Hotels ein wenig nach innen. Eine schmale Rampe führt die Gäste zum geschützten Eingang und erlaubt einen ersten Blick auf die Wohnfassade und das Grün.

Alle 51 Eigentumswohnungen wurden nach den Wünschen der Bewohner*innen gestaltet, die bereits früh in das Vorhaben eingebunden wurden. Das Projekt stellt in diesem Sinne eine Zwischenform dar: Keine klassische Baugruppe, aber eben auch kein anonymes Investorenprojekt. So konnte beispielsweise für eine Familie, die in den letzten Zügen der Planung ein weiteres Kind erwartete, ein zusätzliches Zimmer geschaffen werden.

Eines der räumlich herausragenden Merkmale der Wohnungen sind die Balkone, die durch Versatz sowie Vor- und Rücksprünge den Gesamteindruck der Hoffassade bestimmen. Inspiriert von Apartmenthäusern in der libanesischen Hauptstadt Beirut, wo die beiden Architekt*innen zuvor tätig waren, verfügen alle Balkone über Outdoor-Vorhänge, die gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Zum einen erzeugen sie trotz des gegenüberliegenden Hotels Privatsphäre, und zum anderen schützen sie vor allzu starker Sonneneinstrahlung. Die von Weitem blickdichten Vorhänge sind tatsächlich transluzent und lassen aus der Nähe sogar Ausblicke zu. Ebenso fester Bestandteil der Freisitze sind die großen Blumenkästen aus Beton, die individuell von den Nutzern bepflanzt werden können.

Wo ursprünglich ein Quartierscafé geplant war, erstrecken sich heute die Arbeitsräume der jungen Architekt*innen. Nachdem sich im Gegensatz zu den Wohnungen für die Ladenfläche keine Interessenten fanden, zogen Külby Architekten kurzerhand selbst ein. Nun können sie ihr Projekt zwar hautnah als Nutzer erfahren, aber den Bewohnerinnen und Nachbarn wäre eine Bäckerei oder Café wohl lieber gewesen, wie die beiden mutmaßen – um sich in der noch immer arg ruhigen Gegend auch mal morgens oder zwischendurch mit Backwaren und Heißgetränken versorgen zu können.

Fotos: Simon Menges


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

8

°_° | 03.07.2020 16:42 Uhr

Vielfalt

Ich finde es jedenfalls ein interessantes Bauwerk, an dem sich das Auge einen Moment halten kann. Ein Merkmal das man von der Baumassen-Monotonie die Herr Stimmann 'gefördert' hat nicht sagen kann. Selbst wenn man die Berliner Mehrheitsarchitektur der 90er/00er architektonisch gut fände, kann man die diktatorisch anmutende Geisteshaltung die hinter dieser Baukultur steckt niemals gut heißen. Eine Stadt lebt doch von Vielfalt nicht vom Geschmack eines eingeschränkten Dunstkreises.

7

maestrow | 03.07.2020 10:35 Uhr

Realismus und Lokalaugenschein

@ Fritz @Mr Till

danke für die Anregung das Gebäude (nochmals) im fertigen Zustand anzusehen und den Aufruf zur exakten Analyse. Das würde ich wirklich gerne mit Ihnen zusammen machen. Die alte Regel, dass man nicht über Gebäude schreiben soll die man nicht in der Realität gesehen hat scheint ja sogar bei Leserinnen und Lesern des Baunetzes ein wenig aus der Mode. Liebes Baunetz, wir sollten mal wieder die öffentlichen Häuserwanderungen a la Loos ins Leben rufen. Zur Verernsthaftigung der dringend nötigen Diskussion angesichts der architektonischen Misere in Berlin deren Symptom solche Projekte sind wie das hier diskutierte.

6

Horst | 03.07.2020 10:33 Uhr

Nach allem

was man auf Baunetz so gesehen hat ist das Projekt doch wirklich nicht weiter schockierend. Klar, nicht gerade schluessig, aber eben auch nicht schlecht. Eher unentschlossen, fast angepasst und (ungewollt) manieriert, irgendwie anachronistisch. Koennte auch aus den 90er sein, z.B. ein durch Investoren und DIN Vorschriften geschroepfter Entwurf Behnischs.

5

Fritz | 03.07.2020 09:52 Uhr

Komposition

Für mich ist das gesamte Bauwerk zu unruhig. Ich verstehe das Verspringen der Balkone Loggien als eine Massnahme zugunsten von Lichteinfall und Befinden was ein guter Gedanke ist. Leider führt das aber nicht zu einer ausgewogenen Form. Zudem vermisse ich bei der Fassade - gut sichtbar auf Bild 12- jeglichen Gestaltungswillen. Und ich meine nicht Dekoration. Die Fassade sieht so aus als wäre sie aus Versehen so entstanden wie sie ist. Das wirkt nicht sehr durchdacht. Schade, dass der Anspruch an Komposition - Gleichgewicht, Zonierung bei diesem Bauwerk nicht stattgefunden hat. Das Erscheinugnsbild unterwirft sich vieler "Ideen" die umgesetzt wurden. Die Grundrisse gefallen mir gut. Vielleicht sollte ich mir das Haus einmal in der Realität anschauen....

4

peter | 03.07.2020 08:08 Uhr

@ Dr. Yikes

sie meinen, der garten ist zu groß geraten?

3

Mr. Till | 02.07.2020 20:01 Uhr

Mal langsam

Wohne um die Ecke und muss sagen ich finde es ganz gut. Die steile Kante erfreut jedenfalls, wenn man von der Gitschiner einbiegt.

@maestrow Stimmann, ernsthaft?

Und dem Projekt "unmenschliche Verschwendung" vorzuwerfen? Läuft so was nicht unter Beleidigung?

2

Dr. Yikes | 02.07.2020 18:28 Uhr

Wann hört es endlich auf...

Was für ein unmenschliche Verschwendung an Raum und Ressourcen. Unfassbar.

1

maestrow | 02.07.2020 16:46 Uhr

Welch Glück

mag nur darin liegen, dass dieses ebenso unentschiedene wie maßstabslose Herumgewackel von einem zahnlosen Planungsamt nicht verhindert werden konnte? Je öfter man solche Projekte sieht, (und es sind nicht wenige) desto größer wird der vormals undenkbare geheime Wunsch, es möge Hans Stimmann wieder für Regelung in der Misere sorgen.

 
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Zwischen Hotel- und Wohnungsbau befindet sich ein gemeinschaftlich genutzter Garten. Für die Hotelgäste gibt es einen separaten Außenbereich.

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Das Wohngebäude dynamisiert den Straßenraum über Verschiebungen und Rücksprünge.

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Mit der Straßenfassade vermittelt der Gebäudekomplex zwischen den umliegenden Altbauten und den Wohnblocks aus der Nachkriegszeit auf der gegenüberliegenden Straßenseite.

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Bereits früh wurden die Wohnungseigentümer miteinbezogen, wodurch alle 51 Grundrisse genau so unterschiedlich ausfallen wie ihre Bewohner.

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