Sie wollen Aufmerksamkeit, Herausstechen, vielleicht auch ein bisschen provozieren? Mit einem einfachen, kleinen Wohnhaus? Kein Problem, das Rezept ist simpel. Man nehme: Die eigenwillige Architektursprache von Davide Macullo Architects (Lugano), kombiniere diese mit der Farbwelt des französischen Konzeptkünstlers Daniel Buren, gebe noch eine Prise Vermittlungskunst von Mario Cristiani von der Galleria Continua hinzu und voilà: Fertig ist das Swisshouse XXXII in den Schweizer Alpen.
Auf 1.100 Metern, im kleinen Örtchen Rossa im Kanton Graubünden, befindet sich das Wohnhaus in rosa-grüner Streifenoptik. Am Ende eines langen Tals mit steilen Felswänden und sanft gewellten Feldern liegt das Grundstück: Ein Ort der Erinnerung, wo die Zivilisation aus der Einfachheit komme, wie es poetisch in der Projektbeschreibung heißt.
Macullos Swisshouse ziert den oberen Rand des Dorfs, das nur aus wenigen Straßen und einer Hand voll Häusern besteht. Reiht sich ein in die Häuser der alten Familien, die sich um die Dorfkirche gruppieren. Der Bau ist als physische und konzeptionelle Ergänzung dieser Achse gedacht. So ist auch die Grundform des Kreuzes zu erklären. Abgerundete Kanten und das abgeschrägte Dach sollen es dynamisch wirken lassen.
Der Vergleich mit einem simplen, von Kindern gemalten Entwurf ist nicht ungewollt: wenige vertikale Linien, zwei Diagonalen fürs Dach, zufällig gesetzte Öffnungen für Licht und Luft. Es sei der bekannte Archetypus Haus, der hier aber doch ganz anders interpretiert worden sei, so der Architekt. Ein bloßes Gehäuse, aber in Bewegung gebracht durch Farbe und Form.
Und trotzdem ist nichts zufällig: Jede Öffnung ist kalibriert, orientiert sich an ausgewählten Ansichten des Tals, jeder Blick bewusst in Szene gesetzt. Bei den Materialien geht es – passend zum Ausblick – natürlich zu. Auf dem Untergeschoss aus Stahlbeton sitzt – anders als bei Macullos Betonmonstern in den Alpendörfern Preonzo und Galbisio – eine Konstruktion aus Holz, die traditionelle Bauweise der Alpen.
Als Verpflichtung, mit Respekt für den Ort zu bauen, sieht Macullo seinen Beruf – auch wenn mancher Nachbar dem vielleicht nicht zustimmen mag. Er bezeichnet sein Projekt in Rossa gar als Oper, an der Schwelle zwischen Kunst und Architektur, eine lebendige Skulptur gewissermaßen. Schließlich vervollständige erst die Kunst die Architektur, die primär dem Schutz vor den Elementen diene. (kat)
Fotos: Alexandre Zveiger
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helikon | 10.07.2018 18:51 UhrWundersucht
Michel de Montaigne: "Meiner Ansicht nach sind jene Leben (aka Häuser) am schönsten, die sich ins allgemeine Menschenmaß fügen, auf wohlgeordnete Weise, ohne Sonderwünsche, ohne Wundersucht."
Diese Worte im Ohr strotzt das hier von wichtigtuerischer Banalität - obwohl ich von Buren auch schon ganz wundervolle Dinge gesehen habe.