Im japanischen Shintoismus können auch die Dinge eine Seele haben. Womöglich sind APOLLO Architects (Tokio) von einem gewissen Shinto-Spiritualismus bewegt, wenn sie über ihr neues Wohnhaus in Japan verkünden, dass darin die Bauherren „in Koexistenz mit der Kunstsammlung und dem geliebten Auto“ leben können. Die Architekten aus Tokio, Seoul und Shengzhou haben das luxuriöse Einfamilienhaus nahe Tokio offenbar für mehr beseelte Wesen gebaut als für das Auftrag gebende Ehepaar mit Kind. Den Sportwagen und eine Kollektion von Gemälden zählen sie als Bewohner hinzu.
Dem äußeren Anschein nach ist das Haus Grigio ein Würfel. Seine Außenwände sind aus einheitlich großen Betonplatten, die die Fassade leicht rastern. Ein bronzen reflektierendes Doppelfenster kappt jedoch eine obere Würfelecke an der Straßenfassade ab. In einer Flucht mit diesem Fensterband liegt der offene Autostellplatz, den die Architekten auf Straßenebene als ganzen Quader aus dem Würfel herausschneiden. Den Kern des Baukörpers höhlen sie ebenfalls aus. Hier liegt ein Innenhof, um den sich das eigentliche Wohngebäude nun mit einem L-förmigen Grundriss schmiegt.
Den Gedanken der Koexistenz nehmen die Architekten ernst. Im Erdgeschoss ruhen Auto und Ehepaar nebeneinander, denn das Schlafzimmer des Paars ist direkt neben den offenen Wagenstellplatz gelegt. Wenn es um die Kunst geht, ist die Koexistenz eine ästhetische: Die sehr klar gezeichneten Innenräume mit einer Verkleidung aus geschliffenem Sichtbeton setzen die Architekten in Kontrast zu den farbigen Floralbildern von Mika Ninagawa aus der Kunstsammlung. Den Baum im Innenhof wiederum konzipieren die Architekten als physisches Pendant zum gemalten Blumenmotiv.
Kaum eine Wand teilt die Etagen. Die L-Form des Grundrisses und die geringe Fläche von 144 Quadratmetern auf drei Stockwerken – eines davon ist unterirdisch – teilen den Wohnraum bereits auf. Fensterwände, deren feine Rahmungen lediglich ein paar grafische Linien auf das Glas ziehen, öffnen die Räume zum Innenhof. Sehr zurückgenommen und sachlich ist die Gestaltung von APOLLO Architects, ihre Seele muss man glatt suchen. (sj)
Fotos: Masao Nishikawa
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
2
bes | 05.08.2015 13:29 Uhr@captain ahab
ist doch klasse! abschalten von der hektik und dem treiben des alltags. man ist doch sowieso ständig unterwegs. wieso dann diese reizüberflutung noch im inneren?
mir ist es sogar fast noch zu aufgeregt. (material. etc)