Verschiedene Faktoren führten in Korea in der späten Phase der Joseon-Dynastie im 19. Jahrhundert zu einem Rückgang der seit Jahrtausenden praktizierten Holzbauweise. Er ist zum einen auf die massive Abholzung der eigenen Wälder zurückzuführen, infoldessen das Material zu einem aus den Nachbarländern teuer importierten Gut wurde. Zum anderen setzten sich im 20. Jahrhundert auch in Korea moderne Baustoffe durch, traditionelle Techniken gerieten in Vergessenheit. An diese will das junge Architekturbüro JK-AR (Seoul) mit ihrem in der Stadt Sangju verwirklichten Projekt House of three Trees anknüpfen und ob der konstruktiven Möglichkeiten das Naturmaterial in Südkorea wieder verstärkt ins Bewusstsein rücken.
Der als Wohnhaus für eine Familie geplante Bau mit nur knapp 70 Quadratmeter Grundfläche basiert im Grundriss auf einem unregelmäßigen Hexagon. Die Fassaden bestehen aus Sperrholz und vorgesetzten gewellten Polycarbonatplatten, die isolierende und vor Witterung schützende Funktion haben. Die eigentliche Attraktion ist das konstruktive System, das sich am Außenbau durch die gläserne „Oberlichtzone“ nur erahnen und erst im Inneren in Gänze nachvollziehen lässt. Sie interpretiert die in der ostasiatischen Holzarchitektur allgegenwärtigen Holzträgersysteme – in Korea „Gong-po“ und in China „Dougong“ genannt – zeitgemäß neu. Anders als die in Südkorea heute nicht unüblichen historisierenden Bauformen erkennt das House of three Trees das System sowohl in ästhetischer als auch in struktureller Hinsicht beziehungsweise gerade in der traditionellen Verschränkung beider Komponenten an.
Dabei geht es den Architekt*innen nicht um eine Wiederbelebung des traditionellen Handwerks. Vielmehr sehen sie in digitalen Entwurfsmedien das Potenzial, die für die Kultur des Landes so prägende Architektur mit neuen Impulsen zu bereichern. Drei Stützen aus insgesamt 4.006 ineinander gesteckten Holzelementen tragen die Dachkonstruktion. Eine Simulation im Vorfeld führte nicht nur zu Einsparung von Material, sondern ließ auch die komplexe asymmetrische Form zu. Sie leitet sich aus der Umgebung ab und ermöglicht durch die wenigen platzierten Fenster klar definierte Ausblicke, bestimmt aber auch die Disposition der Innenräume. Der über zwei Etagen reichende zentrale Raum wird an der Westseite von mehreren kleinen Räumen flankiert. Darüber bietet eine Galerie einen weiteren, schmalen Rückzugsbereich. (stu)
Fotos: Rohspace
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
1
Mies | 10.09.2019 15:58 UhrWohnhaus?
Sieht für mich eher nach einem Pavillon auf der Biennale di Venezia aus, als nach einem Wohnhaus.