Den Neubau eines Wohnhauses in Singapur für drei Geschwister und ihre Familien setzten Rossana Hu und Lyndon Neri in gewohnt puristischer, auf Material und Raumwirkung fokussierter Manier um. Bekannt für den Entwurf zahlreicher Designobjekte, aber nicht minder talentiert im Bereich der Architektur, errichtete das Duo mit seinem Büro Neri&Hu Design and Research Office (Shanghai) anstelle der vorherigen Wohnstätte der Familie ein neues Haus zwischen Gedenken und Gemeinschaft.
Der Projektname The House of Remembrance weist in vielschichtiger Weise auf zeitliche und formale Bezüge hin. Zunächst benennen die Architekt*innen das traditionelle chinesische Hofhaus „siheyuan“ als Vorbild, bei dem das Zusammenleben mehrerer Familiengenerationen unter einem Dach und um einen großen gemeinschaftlichen Innenhof an die Struktur eines hiesigen Vierseithofs entspricht. Darüber hinaus wünschten sich die Bauherren einen Gedenkraum für die verstorbene Mutter, der schließlich in Form eines Gartens integriert wurde. Ebenso sollte sich das Satteldach des früheren Wohnhauses, das eher dem britischen Kolonialstil zuzuordnen war, im Neubau formal wiederfinden.
Im Ergebnis ist eine radikale Bauskultpur entstanden. Von außen geradezu undurchschaubar kompakt, dominiert zunächst das inszenierte Steildach mit Aluminiumbekleidung oberhalb eines massiven Betonsockels. Innen zeigt sich rund um das zentrale Atrium eine verschachtelte, von Lufträumen, Oberlichtern, Lichtschächten und diversen Wandgeometrien geprägte Atmosphäre. Im „extrovertierten“ Erdgeschoss gruppieren sich die jeweiligen Gemeinschaftsräume um das Atrium und treten zu jeder Zeit mit dem Außenraum in Verbindung. Die privaten Rückzugsräume befinden sich im Obergeschoss, durch Blickbeziehungen zum zentralen Gedenkgarten stellt dies den wörtlich „introvertierte“ Teil des Gebäudes dar.
Das Spiel aus Massivität und Offenheit wird außerdem durch die Materialien verstärkt. Glatter Beton, der nach oben in Flächen mit sichtbar belassener Brettschalung übergeht, sowie der Waschbeton wechseln sich mit großen Glasflächen ab. Dazu haben die auch für die Innenarchitektur zuständigen Planer*innen Stahl, Steinplatten und Holzeinbauten konfiguriert. Gesäumt wird das Gebäude von Wasser und der verlängerten Steinfläche als Terrasse sowie von dichter Vegetation. Auch dies sei eine Reminiszenz an den Vorgängerbau, der über einen „grünen Puffer“ zur Außenwelt verfügte. (sab)
Fotos: Fabian Ong