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21.08.2024

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Suffizient am Main

Wohnhaus in Frankfurt von DGJ Architektur


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Von der Form her schlicht, fällt das neue Mehrfamilienhaus in Frankfurt am Main vor allem durch seine bunte Fassade auf. Das Projekt von DGJ Architektur (Frankfurt am Main), das aus einem Konzeptverfahren hervorging, setzt auch inhaltlich starke Zeichen. Der Entwurf entstand durch ein partizipatives Verfahren gemeinsam mit den Nutzer*innen. Der Holzbau sei mit einem suffizienten Flächennutzungsgedanken gebaut, so die Verantwortlichen.

Das Haus wurde jüngst für den DAM Preis 2025 nominiert. Allerdings war es auch ein Projekt mit Hindernissen. Zwar nahe der Innenstadt, ist das Haus gleichzeitig an der stark befahrenen Friedberger Landstraße gelegen. Das ohnehin sehr kleine Grundstück – zuvor ein verwaister Parkplatz – musste zwecks Wegerecht zum Nachbarparkplatz auch noch geteilt werden. Nach dem Konzeptentscheid forderte die Stadt, dass die Bauherrin eine Genossenschaft sein müsse. Also schloss sich die Baugruppe Gemeinsam Suffizient Leben der Wohnbaugenossenschaft in Frankfurt WBG an, die nun als Eigentümerin fungiert.

„Wir haben zunächst mit der Kerngruppe gearbeitet und einen Regelkatalog konzipiert, woraus sich der Entwurf entwickelt“, so Frederik Ehling, Projektleiter und Partner von DGJ. Grundsätzlich wünschten sich alle einen nachhaltigen Bau. Die Holz-Skelettkonstruktion bot laut dem Architekten die besten Antworten in Hinblick auf Ökologie, Suffizienz, Flexibilität und Kreislauffähigkeit. Das Team schuf ein Raster aus sechs Achsen, in das pro Geschoss zwei Wohnungen eingepasst wurden. Die Wohnungsgrößen können innerhalb des Rasters immer wieder variieren. Für eine Clusterwohnung fanden sich bislang keine Interessent*innen. „Das Potenzial ist aber weiterhin da“, so Ehling.

Im Schnitt nutzt jede*r Bewohnende 27,8 Quadratmeter. Die Vision vom Leben auf minimalem Raum mit maximalen Möglichkeiten hatte DGJ-Gründer und Universitätsprofessor Hans Drexler bereits 2009 mit dem ebenso in Frankfurt verorteten Minihaus umgesetzt. Im Erdgeschoss des Gebäudes an der Friedberger Landstraße stellt ein Gemeinschaftsraum mit Küche einen Treffpunkt für alle Hausbewohnenden dar. Zudem gibt es eine rollstuhlgerechte Wohnung, Platz für Kindertagesbetreuung im Erdgeschoss sowie ein „Jokerzimmer“ im Dachgeschoss für Gäste oder Homeoffice.

Neun Wohneinheiten verteilen sich außerdem auf den insgesamt 1.080 Quadratmetern Bruttogrundfläche. Die Wohnungen kennzeichnen bodentiefe Fenster, Decken aus Kiefernholz, Balkone nach Osten und Westen, platzsparende Einbaumöbel sowie gut strukturierte Grundrisse mit Verzicht auf einen Flur. Das Haus entspricht dem Standard KfW 40 Plus und wird über eine Wärmepumpe in Kombination mit Photovoltaik auf dem Dach energetisch versorgt.

Bemerkenswert ist die elementierte Holzkonstruktion, die DGJ Architektur über viele Jahre der Forschung entwickelt hat und die ohne Schrauben und Stahl auskommt. Vor allem konzentrierte sich das Team auf die Knotenpunkte, die sich an traditionelle Steckverbindungen aus dem Zimmermannshandwerk anlehnen. Diese setzte DGJ Architektur auch im jüngst fertiggestellten Collegium Academicum in Heidelberg ein.

Um die erhöhten Schallschutzanforderungen auch im Holzbau zu gewährleisten, ließen die Architekt*innen etwa die Fenster direkt in die Wandelemente einpassen und fertigmontiert auf die Baustelle liefern. Zudem wirkt auch die Fassade aus Industrieglasprofilen schalldämpfend – was allerdings nicht offiziell in die Berechnung eingeflossen ist.

Text: Martina Metzner
Fotos: Thilo Ross, DGJ Architektur


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

11

Fredersen | 29.08.2024 17:22 Uhr

@Christian Richter

Du hast absolut recht. Das ist ein sehr drängendes Thema. Effizienz wird durch Komfort aufgezehrt. Bei Wohnen, Auto, etc.

Ich war selbst beim konstituierenden Treffen der Bauherrengemeinschaft dabei. Das Thema Suffizienz ist sehr spannend. Für meinen Geschmack ist das Projekt dabei aber über das Ziel hinausgeschossen. Vielleicht, wie schon geschrieben, aufgrund des Rasters.

Der langgestreckte Wohnraum mit der langgestreckten Couch will für mich keine rechte Qualität aufweisen. Und ein Allraum, der aus vielen Türen besteht, wird meinem perönlichen Schutzbedürfnis nicht gerecht.

Deshalb bin ich mir nicht sicher, ob dieses gebaute Statement dem Thema Suffizienz nicht einen Bärendienst erweist.

10

Christian Richter | 23.08.2024 15:19 Uhr

Das wichtigste Thema!

Das Objekt gibt zwar durchaus Anlass zu Kritik - hier haben die Architekt*innen ganz offensichtlich versucht, dem "experimentellen" Charakter des Hauses auch eine ebensolche, spielerische bis etwas gebastelte Form und Fassade zu geben. Das ist weder notwendig, oder begründet, und ist auch nicht überzeugend gelungen. Aber das Gebäude adressiert eines der bedeutendsten Themen im Wohnungsbau überhaupt: den Flächenverbrauch. Man kann das nicht genug betonen, dass es handelt sich dabei um den bei weitem wichtigsten Faktor hinsichtlich Ressourcenverbrauch, also Ökologie, und Baukosten, also Ökonomie. Die Grundrisse sind sehr kompakt, ja, und einige Kommentatoren hinterfragen die Größe oder Breite der Zimmer. Aber genau das brauchen wir: Projekte, die diese Grenzen austesten, die Grenzen verschieben, die sich trauen, auch mal den Vergleich mit anderen Großstädten auf ein Blatt zu schreiben. Dafür kann man das Projekt nur ausdrücklich loben, und jede formale Kritik erscheint mir angesichts nur noch zweitrangig.

9

Peter P. | 22.08.2024 15:21 Uhr

@ Fredersen

mir scheint, dass vor besagtem Fenster ein Balkon ist. Damit wäre es durchaus einfach zu Putzen.

8

Fredersen | 22.08.2024 12:46 Uhr

Die Badewanne...

... ist sicherlich Wunsch eines konkreten Nutzers. Deshalb mag das fragwürdig aussehen, geht aber voll in Ordnung.

Ich frage mich aber die Architekten-Lieblingsfrage:
Wie putzt man das?
Festerverglasung im 4.OG, ein Drehflügel ist durch die besagte Badewanne verstellt,... Das ist schon etwas schwierig.

Ein interessante gebautes Statment, das ich selbst nicht bewohnen wollen würde.

7

auch ein | 22.08.2024 11:48 Uhr

architekt

wer schon mal mit einer baugruppe bzw. in einer genossenschaft geplant hat weiss, dass dies ein sehr gutes ergebnis ist....

6

Kollege | 22.08.2024 09:55 Uhr

@richarddraifeet

Nunja... Wer schon mal ein Gebäude mit (vielen) späteren Nutzern gemeinsam entwickelt hat weiß, dass diese oftmals beratungsresistent sind. Wenn es um die Umsetzung festgenagelter Grundrissvorstellungen geht braucht man da manchmal ein dickes Fell.

5

richarddraifeet | 22.08.2024 07:55 Uhr

Tinyplattenbau

Von der Couch shaut man in einem schlauchartigen Raum auf die gegenüberliegende Wand, während am Fenster jemand in der Badewanne liegt? So ein Raster bringt eben auch Zwänge mit sich, die nicht immer im Einklang mit räumlicher Qualität oder einem der Nutzung entsprechenden Raumzuschnitt & Größe stehen. Daher die Frage, ob ein Raster, angesichts der beengten Lage, hier der richtige Ansatz ist.

4

@Jan | 22.08.2024 07:51 Uhr

Zimmergröße

Nirgendwo in der Bauordnung steht wie groß ein Zimmer sein muss. In der DIN 283 gab es die Definition ab 10 m² und für Schlafzimmer tlw. ab 6 m².

3

Viele Grüße | 21.08.2024 21:18 Uhr

aus dem Osten

Plattenbau 2.0. Zum Plattenbau der DDR führte zumindest ein kleiner Pfad vom Bauhaus. Es gab eine Entwicklung vom Wohnungsbau der 30er Jahre über die nächsten Jahrzehnte zur Plattentechnologie. Das hier ist für mich eher eine Selbstverwirklichung oder ein Experimentalbau. Ein mehrgeschossiges Tiny- Haus ?

2

Jan | 21.08.2024 19:51 Uhr

darf man das?

Sind Zimmer unter 10qm gem Bauordnung überhaupt noch Zimmer?

Das ist ja alles furchtbar eng.

1

clemens | 21.08.2024 16:31 Uhr

bild 10 - bild -

...wirft fragen auf.

 
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