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29.10.2020

Holzbau am Friedhof

Wohnhaus in Berlin von Scharabi Architekten und Anne Raupach


Die Zeiten, in denen man sich in Berlin aussuchen konnte, wo man wohnen wollte und die Mieten günstig waren, sind schon eine Weile vorbei. Deswegen nimmt es nicht Wunder, dass sich vielerorts in der Stadt Baugruppen langfristig bezahlbaren Wohnraum sichern. So auch die 2014 gegründete Baugruppe Walden 48. Im selben Jahr konnte sie sich ein Grundstück am nördlichen Rand des evangelischen Parochialfriedhofs St. Georgen in Berlin-Friedrichshain sichern.

Möglich machte dies der vom Berliner Senat 2006 verabschiedete Friedhofsentwicklungsplan. Da viele städtische Friedhöfe immer weniger genutzt werden, erlaubt er Friedhofseignern, ungenutzte Flächen zu veräußern. Das von der Baugruppe erworbene Teilgrundstück entlang der Landsberger Allee – einer der lautesten Straßen Berlins, wie die Architekten angeben – diente zuvor als Friedhofsparkplatz und Gärtnerei. Nach Ablauf der für Friedhofsgrundstücke geltenden Pietätsfrist von zehn Jahren entwickelte die ARGE aus Scharabi Architekten und Architekturbüro Anne Raupach zunächst einen Bebauungsplan für das besondere Grundstück.

Trotz der vergleichsweise unkomplizierten Ausgangslage waren die Untere Denkmalbehörde, das Landesdenkmalamt und die Archäologische Abteilung des Landes Berlin eng in den Planungsprozess mit der vielköpfigen Bauherrschaft eingebunden. Der Erdaushub für die Baugrube wurde durch die Behörden begleitet, die denkmalgeschützte Friedhofsmauer musste erhalten werden. 2017 konnte schließlich mit dem Bau begonnen werden.

Dieser bietet nun auf 7000 m² Bruttogeschossfläche Platz für 43 Wohnungen zwischen 55 und 165 Quadratmeter. Die Friedhofsmauer prägte den Entwurfsprozess nachhaltig. Keck lugt die schieferverkleidete Fassade des Neubaus über die historischen Backsteine, der zweigeschossige Sockel des Wohnhauses bleibt dahinter verborgen. Zur Straße hin ist das Holzgebäude in Rahmenbauweise hoch schallgedämmt ausgeführt, zur Südseite mit Blick in den parkartigen Friedhof geöffnet. Hier bestimmen Loggien die Fassade, an ihnen wird der Schottenbau ablesbar. Die Gartenfassade und das Staffelgeschoss sind mit einer naturbelassenen Lärchenschalung versehen, die mit der Zeit vergrauen wird.

Ab der Kellerdecke ist das Gebäude in Massivholzbauweise errichtet, die Holzoberflächen bleiben auch in den Innenräumen sichtbar. Konsequenterweise bestehen sowohl die Aufzugschächte als auch sämtliche Treppenanlagen aus Holz. Die Geschossdecken wurden als Holzverbunddecken ausgeführt, lediglich bei den Treppenhaus- und Brandwänden kommt Stahlbeton zum Einsatz. Da die Holzkonstruktion auf Abbrand bemessen wurde, konnte auf Sprinkleranlagen verzichtet werden. Das Gebäude erfüllt mühelos den KfW 55 Standard und wird über eine ressourcenschonende Erdwärmepumpe beheizt. Mit diesen Werten landete das Projekt unter den drei Finalisten des Deutschen Nachhaltigkeitspreises, dessen Sieger am 4. Dezember in Düsseldorf bekannt gegeben wird. (tl)

Fotos: Jan Bitter


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