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20.05.2016

Schwelle zwischen Latte und Putz

Wohnhaus bei Paris von Gemaile Rechak


Die „Schwelle“ ist der Übergang von einem Raum zu einem anderen. Sie kann physischer, aber auch kultureller, semantischer oder historischer Natur sein. In Bezons bei Paris hat das hiesige Atelier Gemaile Rechak soeben einen Wohnbau mit 16 Apartments fertiggestellt, dessen Architektur gleich mehrfach mit einem Konzept der „Schwelle“ begründet wird.

Ganz unabstrakt betrachtet, besteht der Schwellengedanke zum Beispiel darin, dass Rechaks Neubau einen Übergang zwischen der sehr lauten Schnellstraße seines Standortes und einem Garten schafft. Dieser ist aber kein sanfter: Mit einer blockartigen Front treten die zwei Volumen des Baus zur Straße hervor. Zum Garten hin verschachtelt sich dann der Komplex. Ein Arm mit vier unterschiedlich langen und hohen Baukörpern, von eingeschossig bis fünfgeschossig, wächst aus einem der beiden Frontvolumen heraus und zieht sich entlang des schmalen Gartengrundstücks. Und was an mancher Stelle nach außen hin als Flachdach erscheint, bricht zur Gartenfront schräg ab.

Eine weitere Schwelle sieht das Team von Gemaile Rechak in den unterschiedlichen Höhen seines Gebäudekonglomerats. Sie schaffen gemeinsam eine Art Passage von den niedrigen Bestandsbauten der Umgebung zu dem höchsten Baukörper des Projekts mit sechs Stockwerken. Alle Wohnungen sind mit Terrassen, Balkonen und großen Fenstern zum Garten ausgerichtet. Unterschiedliche Apartmenttypen - von Duplex bis Ein-Zimmer-Studio – brachte Atelier Gemaile Rechak in der unregelmäßigen Architektur unter.

Die Heterogenität, also die Schwellenartigkeit, der Baukörper markiert das Büro mit einem besonderen Feature: Zwei Einheiten sind mit einer Holzstabfassade versehen, alle anderen sind weiß verputzt. Auch die Holzlatten bedeuten einen Übergang, etwa dann, wenn die Fassade im Falle des nach außen verlagerten Treppenhauses in den Außenraum hineingreift, oder die weißen Fensterlaibungen wiederum eine visuelle Öffnung zu den verputzten Nachbarbauten definieren. Ob Gemaile Rechak bei dieser variantenreichen Anwendung des Begriffs wohl den Schwellenatlas ab und an zur Hand genommen hat? (sj)

Fotos: Milene Servelle


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