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13.06.2023

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Zweigeteilt am Hainer See

Wohnhaus bei Leipzig von Peter Grundmann Architekten


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Unmittelbar südlich von Leipzig beginnt das sogenannte „Neuseenland“. Die raue Landschaft besteht aus den gewaltigen, aufgegebenen Gruben, die durch den Braunkohletagebau entstanden sind und schon seit Mitte der 1990er-Jahre geflutet und renaturiert werden. Zu diesen sogenannten Restlochseen gehört auch der 560 Hektar große Hainer See, dessen Ufer langsam bebaut und touristisch erschlossen wird. Auch der alte Ort Kahnsdorf breitet sich inzwischen mit einem Einfamilienhausteppich bis zum westlichen Ufer aus. Hier, an der „Kahnsdorfer Lagune“, hat der Berliner Architekt Peter Grundmann für einen privaten Bauherrn ein Einfamilienhaus entworfen und zum Teil auch selbst gebaut.

Zur Verfügung stand eine Parzelle von 10 Metern Breite und 36 Metern Tiefe direkt am See. Von den 36 Metern liegen jedoch nur 18 an Land, die zweite Hälfte ist Wasserfläche. Grundmanns Entwurf reagiert auf das kleine Grundstück mit einer radikalen Zweiteilung des Hauses: An die Straße steht ein kleines, nur fünf Meter tiefes Eingangsgebäude, das die gesamte Parzellenbreite einnimmt. Die Straßenfassade besteht einerseits aus Milchglas, andererseits aus einer mit Betonplatten verkleideten Falttür.

Ungefähr die Hälfte der 52 Quadratmeter werden von der Garage oder Werkstatt besetzt, dazu kommt ein Arbeits- oder Gästezimmer, ein Technikraum und ein kleines Bad. Die Werkstatt kann mit der Falttür komplett zur Straße hin geöffnet werden. Von der Eingangstür aus gelangt man durch einen kurzen Flur zu einer elf Meter langen Brücke, die sich in der Mitte zu einem Treppenhaus entwickelt. Denn am Seeufer wird das Haus dreigeschossig, alle Etagen öffnen sich mit vollflächiger Verglasung und unterschiedlich tiefen Südwest-Terrassen zum See. Dieses zweite Haus bietet insgesamt 92 Quadratmeter Nutzfläche; auf der untersten Ebene liegt eine Wohnküche, darüber ein Schlafzimmer mit Bad und ganz oben ein Atelierraum.

Ziel seines Entwurfs war es, so Grundmann, das kleine Grundstück so weit wie möglich unbebaut zu lassen. Daher liegt das Vorderhaus so dicht wie möglich an der Straße und das Hinterhaus so tief wie möglich im See. Das Gebäude steht auf einer 23 Meter tiefen Pfahlgründung und ist zum größten Teil in einer leichten Stahlkonstruktion und mit Holzbalkendecken ausgeführt. Für Bodenplatten und Brandwände kam Stahlbeton zum Einsatz. Alle Stahlstreben und Holzbalken wurden exakt nach ihrer tatsächlichen Belastung bemessen, sodass sich im Haus viele verschiedene Profile finden. Allein die Brücke besteht aus 22 unterschiedlichen Rohrdurchmessern. „Dadurch entsteht ein scheinbar chaotisches Bild“, sagt Grundmann, „obwohl alles streng nach den statischen Anforderungen dimensioniert wurde.“ Auch liegen alle Konstruktionen sowie die Kabelführungen offen. Unter den offenen Holzbalken- oder Stahlträgerdecken entstehen lichte Raumhöhen von 2,50 bis zu 3 Meter im Vorderhaus. Die Baukosten (Kostengruppen 300 und 400) für Haus Fügener beliefen sich auf 330.000 Euro. (fh)

Fotos: Peter Grundmann


Zum Thema:

Mehr zu Falttüren und Faltwänden bei Baunetz Wissen.


Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

13

Leipziger | 15.06.2023 13:21 Uhr

@Paul

lol, "den Ort nicht kapiert". Waren Sie schon mal am Heiner See? Das schönste dort ist der Weg wegwärts.

Ich bin kein großer Grundmann-Fan, aus den schon bereits benannten Themen der Ökologie und 90s-Gestaltung. Das Haus kann man sich als Wochenend-Refugium schon gut vorstellen. Nach 2 Tagen reicht aber auch wieder. Der Garten sieht leider unbrauchbar aus.

12

peter | 14.06.2023 13:59 Uhr

architektur sollte mehr sein

... als schicke konzepte und tolle räume. optisch-räumlich beeindruckt das haus in seiner leichtigkeit durchaus.

aber wir leben nicht mehr 1930 oder 1960. wir wissen heute, welche zerstörungen wir durch unsere lebensweise anrichten und sollten uns unserer verantwortung beim bauen daher bewusst sein.

das hier gezeigte haus scheint sich mit diesem aspekt des bauens kaum bis gar nicht auseinanderzusetzen. ökobilanz, a/v-verhältnis, speichermasse, ressourceneinsatz, sommerlicher wärmeschutz? auch das ist ein teil der architektur, teil der entwurfsaufgabe - in diesen disziplinen hier bestenfalls note mangelhaft.

so, und jetzt dürft ihr auf mich ökospießer eindreschen.

11

solong | 14.06.2023 13:49 Uhr

unfair

... nun lasst dem kollegen doch seine experementierfreude ... das objekt ist zwar nicht in allen teilen "highend" ... aber sicher eine angemessenere architektonische antwort auf die lage wie die verputzten standardkisten die ebenfalls auf pfählen stehen ... und für alle die sich mit bauen am wasser nicht auskennen ... der ruhige sespiegel auf den fotos ist nicht fix !! ... bei entsprechenden wetterlagen ist sicher das überbrückte stück "strand" dann "landunter" ... einzig den genannten baupreis kann ich nicht glauben ....

10

Lars K | 14.06.2023 12:35 Uhr

Am besten

gefällt mir die Straßenfassade. Vor allem die Falttür aus Beton. Das ist so richtig roh und wenn ich Steve Jobs wäre, würde ich genau dort meine Computerfirma gründen wollen. HInten mit Blick zum See schlafen (ohne Bilder an den Wänden, sehr gut!), vorne an der Straße Millionen verdienen. Herrlich.

9

Paula | 14.06.2023 12:09 Uhr

----------

@5
Kritikern unterstellen "es nur nicht verstanden zu haben" ist kein Beitrag zur Diskussion, sondern lediglich
überheblicher Zynismus der ihre fehlenden Argumente zur Begründung offenbart.
Sie finden das Projekt halt einfach toll. Warum wissen Sie nicht. Schreiben Sie das doch einfach so. Ist OK.

8

Mainzer | 14.06.2023 10:25 Uhr

Fingerspitzengefühl

Ein Beitrag, der die Grundanforderungen an das Wohnen untergräbt. Ohne thermisch relevante Masse ein Experiment, mehr nicht.

Wohnen ist mehr als nur Experiment. Und Schutz vor Überhitzung hier nur schwerlich vorstellbar. Es braucht hierbei (mindestens) tolerante Bewohnende ...

7

Diego | 14.06.2023 09:15 Uhr

Der Pfahl im Fleische

Mir gefällt das Bauwerk ebenfalls sehr gut. Die Leichtigkeit der Konstruktion, die Suffizienz bei der Wahl der Profildimensionen, der Gedanke, der Anschein des Temporären...
Ein Wermutstropfen sind die 23 Meter langen Betonpfähle. Da muss man schon mit schwerem Gerät durchs Schilf gefahren sein und einen Batzen Beton versenkt haben. Ist aber wohl alles gut nachgewachsen.

6

auch ein | 14.06.2023 08:56 Uhr

architekt

was heisst "zum Teil auch selbst gebaut." ?

ist schon ein riesendurcheinander, ein experiment eben.

das grundstück wenig zu bebauen? diese logik passt nicht.
zwischen vorder- und hinterhaus unter der mords-gerüstbrücke wächst nur gestrüpp, nutzen kann man es eigentlich auch nicht.

5

Paul | 14.06.2023 06:41 Uhr

Wer Gemütlichkeit sucht,

von diesem großartigen Angebot überfordert ist und dem es an Selbstbewusstsein mangelt, der den Ort nicht kapiert hat und der sich an diesem Platz Wände mit Bildern wünscht, dessen Lebensinhalt im Daherreden, statt im Schaffen erschöpft, genau der ist in der dortigen Bauhaus-Nachbarschaft sicher besser aufgehoben.

Ich stimme ein in die Super-Peter-Lobpreisung und schöpfe Kraft daraus, angesichts des Unvermögens wirklich sehr sehr vieler Architektenkollegen den Glauben an das Gute nicht zu verlieren.

Auch ich danke Herrn Grundmann für diesen wertvollen Beitrag.

4

Jan | 13.06.2023 17:14 Uhr

uncanny valley

Erinnert mich irgendwie an die zweite Hälfte der 90er.
Die Zeit der ANY corporation.
Die Zeit der Experimente.
Es ist schon ganz nice aber es ist keine Architektur des Gebrauchs; vielmehr eine Raumskulptur.
Lässt sich schwer einordnen.
Vielleicht eine schöne Erinnerung aus vergangenen Zeiten?

3

Mad Max | 13.06.2023 17:00 Uhr

-------------------

Wieder einmal ein Projekt, bei dem das Attribut "wohnlich" in die Schmollecke verbannt wurde und nicht mitspielen durfte.

Interessant verworren ist das Konstrukt ja.
Könnte direkt in Bartertown stehen.

2

Lochfassade mit Putz | 13.06.2023 15:52 Uhr

Jo,

ganz nett. Aber wohnen möchte ich so wirklich nicht. In der Stahlbrücke kann man ja wirklich gar nichts machen, nicht mal ein Bild aufhängen. Das Gebäude ist sich selbst genug. Wird dort eigentlich wirklich gewohnt oder nur kurz mal an den Wochenenden?

1

labradoodle | 13.06.2023 15:51 Uhr

Super Peter

Ist es ein Schiff... ? Ist es ein Raumschiff ... ? Nein, es ist wieder eines dieser supergeilen Raumexperimente von Super-Peter!

Danke, Herr Grundmann, für ihr Durchhaltevermögen über all die Jahre. Ich erinnere mich an keines ihrer Projekte in den letzten Jahren, das mir nicht den Glauben an die Architektur und wozu man das alles macht zurück gegeben hätte.

 
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