Es ist einer dieser Wettbewerbe, die unentschieden bleiben. Diesen Juni von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt gemeinsam mit der WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mbH als nichtoffener Realisierungswettbewerb für den Neubau der Wohnhäuser an der Köpenicker Straße 104 bis 114 in Berlin-Mitte ausgelobt, kam das Preisgericht Mitte September zusammen und ging nach einem Sitzungstag mit folgendem Ergebnis auseinander. Unter Vorsitz von Regine Leibinger vergab die Jury zwei erste Preise, die jeweils mit 39.750 Euro dotiert sind:
- Ein 1. Preis: ARGE LOVE architecture & urbanism und ArchitekturConsult, beide Graz, zusammen mit YEWO Landscapes, Wien
- Ein 1. Preis: Grüntuch Ernst Architekten zusammen mit WES Landschaftsarchitektur, beide Berlin
- 3. Preis: Sauerbruch Hutton, Berlin, zusammen mit Keller Damm Roser, München, und schlaich bergermann und partner, Berlin
- 4. Preis: schneider+schumacher architekten, Frankfurt am Main
- Anerkennung: Beckmann N’Thépé Architectes, Paris, zusammen mit Atelier Le Balto, Berlin, und Bollinger Grohmann, Paris
- Anerkennung: blauraum zusammen mit Holzwarth Landschaftsarchitektur, beide Berlin
Insgesamt wurden 18 Entwürfe eingereicht. Unter den weiteren Teilnehmern waren u.a. aus Berlin Max Dudler, gmp, Gewers Pudewill sowie das Team Muck Petzet & Brandlhuber + Emde, die Münchner Büros Hierl Architekten und bogevischs buero architekten & stadtplaner, AllesWirdGut Architektur aus Wien und Rafael Moneo Arquitecto aus Madrid.
Die ARGE
LOVE architecture & urbanism und
ArchitekturConsult verlinken in ihrem Entwurf einen dreigeschossigen Flachbau mit einem zwölfgeschossigen Punkthochhaus. „Die Arbeit liefert einen sehr interessanten Beitrag für den grundsätzlichen Umgang mit Nachverdichtung im komplexen Wohnungsbau“, urteilt die Jury. Der dreigeschossige, flache Baukörper sei gut positioniert; besonders gewürdigt wird die Vielzahl der möglichen Wohnungstypen. „Das Hochhaus an der Michaelkirchstraße setzt einen überzeugenden städtebaulichen Akzent, gleichwohl ist hier eine Erhöhung um zwei bis drei Geschosse vorstellbar.“ Ein Zwischengeschoss vermittele auf gelungene Art und Weise zum Flachbaukörper, der klar strukturierte Grundriss ermögliche einen flexiblen Umgang mit den gewünschten Wohnungstypen. „Die modulare Fassadengestaltung aus Glasfaserbeton und Holzelementen im Kontrast zur einheitlich geprägten Umgebung wird besonders gewürdigt. Insgesamt überzeugt die Arbeit durch eine maßvolle städtebauliche Einbindung und durch das Angebot an vielfältigen, innovativen Wohnformen.“
Grüntuch Ernst Architekten schlagen ein Ensemble aus vier achtgeschossigen Punkthäusern gleicher Dimension entlang der Köpenicker Straße vor, das von einem zwölfgeschossigen Hochhaus an der Michaelkirchstraße ergänzt wird. Alle fünf Bauten werden über eine eingeschossige „halboffene Schiene“ im Erdgeschoss verbunden. In diesem Sockelband befinden sich neben zusätzlichen Gewerbeflächen und Flächen für die Kita auch die Gartenhöfe. Der begehbare Sockel ist mit der teilweise transluzenten Verglasung Filter zwischen öffentlicher Erschließung und halböffentlichen Spiel- und Eingangshöfen. Nord- und Südfassade sind als Lochfassade mit Fensterbändern in unterschiedlicher Länge geplant, die geschossweise versetzt werden soll; West- und Ostfassade werden mit gebäudebreiten Schienen ausgestattet. Durch die vorgesehenen bepflanzbaren Fenster- und Loggiabrüstungen verlängern die Architekten die grünen Höfe in die Fassaden hinein. „Der Entwurf schafft damit die Balance zwischen dem Bestand und einer zeitgemäßen Neugestaltung des Ortes“, so das Preisgericht.
Der Entwurf von
Sauerbruch Hutton überzeugte die Jury „mit einer eigenwilligen, teilweise manierierten städtebaulichen und architektonischen Setzung, die einen maßstäblichen Zwischenraum und ein plausibles Ensemble mit dem Bestand bildet, einer hohen Flexibilität in der Zeile sowie einer ausdrucksstarken Architektur, die allerdings mit einer alternativen Konstruktionsweise nachgewiesen werden müsste.“
schneider+schumacher haben nach Ansicht des Preisgerichts ein „eigenständiges Gebäudeensemble“ entwickelt, das sich in der besonderen städtebaulichen Situation selbstverständlich einpasse. „Durch die konsequente Schließung des Straßenraumes und gleichzeitige Rhythmisierung der Vor- und Rücksprünge wirkt die Wohnbebauung vermittelnd zur bestehenden Bebauung.“ Insgesamt liege die Kraft der Arbeit in der städtebaulichen Setzung und in der klaren Haltung der Weiterentwicklung dieses besonderen Ortes. Die Komplexität dieses Ansatzes führe allerdings in der weiteren Vertiefung zu räumlichen und funktionalen Schwächen, die der Zielsetzung der Ausschreibung nicht gerecht geworden seien.
Regula Lüscher ist von dem Ergebnis der Juryentscheidung gar nicht enttäuscht, ganz im Gegenteil, sie zeigt sich begeistert. „Beide Entwürfe liefern einen wichtigen Beitrag zur angemessenen Nachverdichtung innerstädtischer Quartiere für breite Bevölkerungsschichten“, meint die Berliner Senatsbaudirektorin. „Im Rahmen der Überarbeitung der beiden Entwürfe werden wir entscheiden, welches Projekt realisiert wird.“ Das Vorhaben soll 21,8 Millionen Euro kosten und Ende 2018 fertig gestellt sein.
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... | 16.08.2016 13:38 Uhrno comment
Was zum Teufel? Damit wir noch weniger Grünfläche in der Köpenicker Strasse haben?