Außergewöhnliche Bauplätze und Bauaufgaben zählt Antonius Lanzinger, Architekt mit Wurzeln im Tischlerhandwerk, zu seinen beruflichen Vorlieben. Es ist nicht das erste Mal, dass er für sich – und nun für den erweiterten Familienkreis – baut. Schon vor über 20 Jahren entstand ein aufsehenerregender Wohnturm aus Holz und in Hanglage im heimischen Brixlegg. Nun folgte die Sanierung des früheren Elternhauses in Wörgl samt Erweiterung zu einem Ensemble für zwei Parteien.
Die Kleinstadt im Tiroler Inntal zwischen Innsbruck und Kufstein bot auf eigenem Grund Raum für diese Nachverdichtungsmaßnahme. Dem typischen Einfamilienhaus aus den 1960er Jahren war früher ein Obst- und Gemüsegarten vorgelagert, der lange nicht mehr gepflegt wurde. Große Obstbäume wurden erhalten und rahmen im nordwestlichen Bereich des Grundstücks das Ensemble aus Bestand und zwei neuen Volumen, in denen sich Wohnen und Arbeiten verzahnen.
Die Hausgruppe umschließt einen um rund 1,8 Meter abgesenkten Innenhof, den ehemaligen Gemüsegarten. „Nun tiefergelegt als der öffentliche Straßenraum, ist auch die eher unattraktive Nachbarbebauung aus dem Blick genommen und Intimität gewonnen,“ schreibt der Architekt. Gleichzeitig sei ausreichend Sonnen- und Tageslichteinfall gewährt.
Zur südwestlichen Grundstücksgrenze schließt ein langgezogener großer Arbeitsraum den „Ring“ um den Innenhof. Der mit seiner Familie im energetisch sanierten Altbau wohnende und mit dem Planer verwandte Architekturfotograf nutzt ihn als Atelier, Archiv oder auch mögliche Ausstellungsfläche. Dieser vier Meter hohe, weitgehend fensterlose Raum mit Sichtbetonhülle wird indirekt über Oberlichter versorgt und sei ansonsten „völlig zurückgenommen und einfach gestaltet,“ so der Architekt.
Für eine neue Wohneinheit, die ebenfalls in der Familie bleibt, markiert ein Turm die Straßenecke. Auch hier spielen ein ungewöhnlich geformtes Oberlicht und bis zu sechs Meter hohe Räume das Potenzial der Großzügigkeit auf verdichteter Fläche aus. 68 Quadratmeter verteilen sich auf drei Ebenen. Von der Eingangsebene mit Küche und Essplatz geht es nach oben zur Schlafebene oder hinunter zu Bad, Ankleide und dem sogenannten Atriumzimmer. Dieses dehnt sich wiederum entlang des Innenhofs bis zum Bestandshaus und geht in eine Terrasse und die Grünfläche über. Ein explizites Wohnzimmer sei nicht nötig, denn gewohnt werde überall, erklärt der Architekt. Eine Geste zum Straßenraum bildet die eingeschnittene Terrasse, die nach oben eine Öffnung in gleicher Form wie das Oberlicht aufweist.
Viele Details sind aus eigener Kraft entstanden. Sogar Teile des Rohbaus in Ziegelbauweise oder die Gartenmauer aus Stampfbeton mit selbstgebauter Schalung konnten Architekt und Familienmitglieder samt Helfer*innen in insgesamt zwei Jahren eigenhändig errichten. Sie übernahmen auch die Putzarbeiten für den Turm mit Sand aus dem Inn sowie die Herstellung von Einbaumöbeln und Einrichtungselementen. Die Aufmerksamkeit für das Bauprojekt dürfte sehr bald größer werden. Eine von 20 Nominierungen zur „Auszeichnung des Landes Tirol für Neues Bauen 2024“ ist dem Ensemble bereits sicher. (sab)
Fotos: David Schreyer
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Der Architekturpreis „Auszeichnung des Landes Tirol für Neues Bauen 2024“ wird am heutigen 14. November im aut. architektur und tirol in Innsbruck verliehen. Das BauNetz wird zeitnah berichten.
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Max Putzke | 15.11.2024 12:46 UhrGedankenübertragung...
Schienenbeinschoner, das ist die Lösung. Als ich das Bett sah dachte ich, ob das wohl gut geht? LOL