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12.10.2021

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Denkmal Altstadtplatte

Wohnbauten in der Berliner Wilhelmstraße unter Schutz gestellt


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In Berlin steht die Architektur der 1980er Jahre im Fokus – im Fokus der Denkmalschützer*innen. Nachdem in den vergangenen Monaten erst der Friedrichstadt-Palast und dann Teile des Gendarmenmarktes vom Landesdenkmalamt unter Schutz gestellt wurden, haben nun auch die Plattenbauten an der Wilhelmstraße in Berlin-Mitte diesen Status erhalten. „Als Leuchtturmprojekt der Ost-Berliner Hauptstadtplanung setzte es die Leistungsfähigkeit und Qualität des großen Wohnungsbauprogramms der DDR in äußerst prominenter und historisch aufgeladener Lage öffentlichkeitswirksam in Szene“, hebt Landeskonservator Christoph Rauhut die baupolitische Bedeutsamkeit des Wohnquartiers in direkter Nachbarschaft zur damaligen Grenze zwischen Ost- und West-Berlin hervor.

Das Projekt unterscheidet sich von anderen Siedlungen der DDR vor allem durch die erstmals angewandte Segment-Bauweise, die flexiblere Einsatzmöglichkeiten der präfabrizierten Plattenelemente aus der Serie WBS 70 ermöglichten. Hauptverantwortlicher Planer des als „Spätwerk“ der DDR-Städtebaus geltenden Wohnquartiers zwischen Behrenstraße und Voß- bzw. Mohrenstraße war Helmut Stingl, Chefarchitekt des WBK Berlin. Die mit 1.072 Wohneinheiten größte Siedlung der DDR im historischen Zentrum Ost-Berlins entstand in den Jahren 1987-1992 als Teil des Wiederaufbaus der Innenstadt unter der Leitung des Generaldirektors des Ministeriums für Bauwesen, Erhardt Gißke. Sie demonstriere beispielhaft „den Paradigmenwechsel in der Stadtplanung und im Städtebau der 1970er und 1980er Jahre“ im Sinne einer (funktions)-durchmischten Stadt, so die Begründung des Landesdenkmalamtes.

Obgleich ihrer sichtbaren Entstehungszeit in den 1980er Jahren nehmen die Bauten in Kubatur und plastischer Ausgestaltung dezidiert Bezug auf die barocken Palais der ehemaligen Bebauung aus dem 17. und 18. Jahrhundert: Die betonten Ecksituationen und Mittelachsen interpretieren die durch Risaliten akzentuierte Gliederung der historischen Vorbilder. Zu den Bewohner*innen des für 4.000 Menschen ausgelegten Quartiers gehörten vorrangig Menschen, die Teil der gesellschaftlichen und politischen Elite waren, darunter Günter Schabowski, Erster Sekretär der SED-Bezirksleitung von Ost-Berlin, und Heinrich Scheel, Vizepräsident der Akademie der Wissenschaften der DDR. Neben Wohnungen fanden sich hier außerdem zahlreiche Geschäfte, Gaststätten und Dienstleistungsangebote. Bis in die Maßstabsebene der Fassadendetaillierung sind die Bauten – ausgenommen ein abgerissenes Gebäude – bis heute sehr gut erhalten.

Text: Maximilian Hinz
Fotos: Gunnar Klack



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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

9

Moppelhuhn | 13.10.2021 18:04 Uhr

Monofunktionalität ...

... kann ich da nicht sehen, eher im Gegenteil:

Dieser Gebäudekomplex mit seiner überwiegenden Wohnnutzung ist doch eines der letzten Elemente in dieser Gegend, das sich der zunehmenden Monofunktionalität in Form von Einzelhandel und Büros entgegenstellt. Allein schon deswegen muß es bleiben, zumal man neue Wohnungen nie wieder so günstig bauen kann.

Im Grunde paßt es doch auch zu den naheliegenden IBA-Neubauten, die ja in der heutigen, durckommerzialisierten Stadt ebenso unpassend erscheinen. Beides zeigt, daß es mal eine Phase gab, in der man Stadt ganz anders gedacht hat.

8

Kritiker | 13.10.2021 14:46 Uhr

Warum erst jetzt?

Warum ist denn jetzt erst der schon vor einiger Zeit verkündete Denkmalstatus erhoben wurden.
Doof ist natürlich das dass Gutachten nicht sehr tief ist und die Gesamtsituation gerade mit Frankfurter Allee und der Rekonstruktion von Plattenwerken nicht beachtet wurde was eine sinnigere und wissenschaftliche Basis für die klare Denkmalwürdigkeit stellt.

@STPH
Angetäuschte Mansarde?
Einfach mal in die Grundrisse und Schnitte schauen bevor man hier daherlabert. Das Dachgeschoss ist vorallem Teil der Maisonettwohnungen.
Auch der Quatsch mit den "gewollten", das sind alles teile der WBS 70-Serie die aus ökonomischen Gründen erst spät eingeführt werden konnten in die Produktion. Denn aus Sparzwang wurde er erstmal als 2te Generation Serie eingeführt und in den 80ern durch die Rekonstruktion mehrerer Produktionsstätten erst in die 3te Generation übeführt, damit man den Sowjetischen Serien endlich hinterherkam. Zumal der WBS 70/11 Berlin der hier modifiziert wurde mit Erfurter und Neubrandenburger Forschungen ist ja nur ne zwischenstufe zur Erfurter Weiterentwicklung WBR 85.

7

STPH | 13.10.2021 12:22 Uhr

Unfreiwillig expressiv


Diese angetäuschte Mansarde, wie die doch alles dreht, weil eben die Gebäudeentwicklung von oben gelesen wird. Da ist dann die kassizistische Stalinallee noch moderner, urbaner, optimistischer. Sogar jedes mit einem ordentlichen Gesims ausgestattete Gründerzeithaus als zusammenfassender Horizontale. Hier lugt dagegen die turmarig wehrhafte körperliche Vertikale durch. Ein Rückzugsstil? Auf jeden Fall stellt er in seiner geniert ungenierten Körperlichkeit die Moderne, fast sogar die Stadt infrage und damit beschäftigenswert.

6

Max | 13.10.2021 09:43 Uhr

Monofunktional

Das Viertel ist in der Tat nicht außerordentlich lebendig und strahlt in keiner Weise Berliner Kiezatmosphäre aus, aber das kann man auch zwischen Potsdamer Platz und Brandenburger Tor nicht erwarten und ich wage auch zu bezweifeln, dass es vor dem Krieg anders war.
Monofunktional ist es aber überhaupt nicht (man möge auch den Artikel lesen, bevor man Kommentiert). Von architektonischen Laien bekomme ich auch immer wieder erstaunte Kommentare nach dem Motto: "Man sieht zwar, dass es Platte ist, aber irgendwie ist es doch ganz heimelig."
Es gab Zeiten, da war (gefühlt) die Hälfte der Wohnungen als Ferienwohnung vermietet. Die lokale Presse berichtete regelmäßig über zugemüllte Hausflure in die uriniert und erbrochen wurde. Es scheint etwas Ruhe in die Sache gekommen zu sein (Corona?). Vielleicht kümmert sich in Zukunft jemand etwas besser um die Außenanlagen. Dann wüsste ich auch nicht, wieso das keine beliebte Wohngegend sein sollte. Dass man auch Platten super ausbauen kann, dürfte kein Geheimnis mehr sein.

5

mages | 13.10.2021 09:38 Uhr

DENKMALWÜRDIG

Ich zitiere mal §2 Abs. 2 des Gesetz zum Schutz von Denkmalen in Berlin:

»Ein Baudenkmal ist eine bauliche Anlage oder ein Teil einer baulichen Anlage, deren oder dessen Erhaltung wegen der geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt. [...]«

Für mich sind diese Kriterien u.a. schon deshalb erfüllt, weil diese Gebäude aus einer vergangenen Epoche stammen und es alleine daher wert sein sollten, als Anschauungsobjekte (und natürlich zur Nutzung) durch und für zukünftige Generationen erhalten zu werden.
Evtl. wird sich natürlich zukünftig stellen, wie aufwändig der Erhalt ist und somit als wie »erhaltenswert« die Gebäude betrachtet werden.

Weiterhin bin ich mir sicher, dass nach einem Abriss der Gebäude dort nichts besseres gebaut werden würde, Gebäude aus der Mitte der 90er werden gegenwärtig in Größenordnungen abgerissen.

4

ixamotto | 13.10.2021 09:09 Uhr

@Prora

Ihre Kernaussagen sind nahezu alle faktisch unzutreffend bzw. argumentativ schwer haltbar:

1. Die vorliegende Bebauung geht - ähnlich wie die Zeugnisse der IBA-Neu direkt um die Ecke in der Südlichen Friedrichstadt - auf Debatten um den Wert der historischen Textur der europäischen Innenstädte zurück, die spätestens mit dem Europäischen Denkmalschutzjahr 1975 an Dynamik gewannen, um dann ab Ende der 70er bis Ende der 80er in größeren 'kritischen' Rekonstruktionsvorhaben in West- und Ostberlin zu münden. Von Stadtfeindlichkeit kann also nicht die Rede sein. Das ist übrigens gut aufgearbeitet, siehe z.B.: Florian Urban (2006): The Invention of the Historic City - Building the Past in East Berlin 1970-1990.

2. Es handelt sich bei den betreffenden Gebäuden nicht um "monofunktionale Wohnkasernen", sondern um mehrgeschossige, dem Prinzip der Blockrandbebauung folgende Häuser mit gewerblich bzw. öffentloch genutzten Erdgeschoßzonen. Dieter Hoffmann-Axthelm (der nun wahrlich nicht im Verdacht steht, ein Fan der DDR-Modern zu sein) würde wahrscheinlich von "Stadthäusern" sprechen.

3. Das Menschen irgendwo "aus historischen Gründen" wohnen, das mag im Einzelfall zutreffen - z.B. bei Queen Elisabeth und dem Buckingham Palace. Ansonsten - und insbesondere bei alltäglichen Mietverhältnissen - ist das jedoch eher eine seltsame Imagination, die mit der Wirklichkeit wenig gemein hat. Die "wichtigen Leute", von denen sie sprechen (meinen sie ehemalige DDR-Systembonzen?), dürften heute entweder nicht mehr wichtig bzw. langsam am versterben sein.

4. Zur Anpassungsfähigkeit der Platte liegen inzwischen genügend - auch renommierte - gebaute Beispiele vor, um die These von der geringen "Wandelbarkeit" noch ernsthaft und unwidersprochen in den Raum stellen zu können.

3

Karl | 12.10.2021 21:33 Uhr

Graue Energie

Dieselben, die immer über Graue Energie und die Nachnutzung von Strukturen reden, reden jetzt die Plattenbauten runter.
Das ist weder stadtfeindlich noch monofunktional.
In jede Wohnung passt eine Büroeinheit.

2

Frederic | 12.10.2021 20:36 Uhr

Politische Entscheidung

Diese Entscheidung ist wohl eher politischer Natur als sachgerecht, und wird in der Zukunft sicher noch einmal auf den Prüfstand kommen. Wahrscheinlich würde diese Behörde auch die neue Europacity sofort unter Denkmalschutz stellen als hervorragenden Ausdruck der Berliner Investorenrasterkistenarchitektur.

1

Prora | 12.10.2021 19:07 Uhr

Plattenbau-Denkmale

Für den Erhalt dieser Plattenbauten kann es verschiedene Gründe geben. Es gibt keinen Zwang, sie abzureißen. Dass sie aber durch den Denkmalstatus geheiligt werden, macht es schwer, bei Bedarf an dieser zentralen Stelle sinnvollere Bauwerke zu realisieren. Diese Wohngebäude sind aus einer stadtfeindlichen Haltung heraus als monofunktionale Wohnkasernen unmittelbar an der Mauer entstanden, haben wenig Wandelbarkeit, wenig Charakter und verströmen weiter den Charme einer nachlaufenden billigen semi-postmodernen Angepasstheit. Aus historischen Gründen wohnen ggf. ein paar wichtige Leute darin. Dies macht sie aber auch nicht wichtiger, als jede andere "Platte", die irgendwo sinnvoll dem Recycling geopfert wurde

 
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Das Wohnquartier in der Berliner Wilhelmstraße wurde unter Denkmalschutz gestellt.

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Die Plattenbauten wurden 1987-92 errichtet und sind mit 1.072 Wohneinheiten die größte Siedlung der DDR im historischen Zentrum Ost-Berlins.

Die Plattenbauten wurden 1987-92 errichtet und sind mit 1.072 Wohneinheiten die größte Siedlung der DDR im historischen Zentrum Ost-Berlins.


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