Bürgerliche Wohnhäuser, Villen aus dem 19. Jahrhundert und großzügige Gärten mit alten Baumbeständen: Inmitten dieses homogenen Kontexts des Zürcher Stadtteils Hottingen realisieren Edelaar Mosayebi Inderbitzin Architekten (Zürich) ein Mehrfamilienhaus, dem ein Spagat gelingt. Es integriert sich in das umrissene Vorstadtbild – als wäre es schon immer da gewesen – und ist doch irgendwie fremd.
Der Entwurf scheint seine konzeptuelle Grundidee aus einem gewissen Nihilismus abzuleiten: Laut den Architekten greift ihr Neubau keine Fluchten auf, „erzeugt keine klassischen Repräsentationsräume und entzieht sich „einer eindeutigen typologischen und stilistischen Zuordnung“ – tut also vor allem vieles nicht, will sich zudem nicht kategorisieren oder vergleichen lassen. Das Gebäude ist aber keine selbstreferenzielle, kontext-ignorante Skulptur. Es bezieht sich in der Grundfigur auf den alten Baumbestand, der das Viertel stärker noch als die gebauten Strukturen prägt.
Wie eine weiche Masse scheint der Baukörper durch die auf dem Grundstück existierenden Bäume geformt. Aus der Außenform ergeben sich für die innere Organisation unkonventionelle Grundrisse. Diese wechseln typologisch zwischen „Figur und Kammer“: offene Raumfiguren mit Wohn-, Ess- und Kochbereich und zelluläre Raumkammern der individuellen Zimmer. Betrachtet man den Grundriss, ist das Erkennen einer Hierarchie, ähnlich wie bei einem Kippbild, schwierig. Die Kammern formen den offenen Raum oder umgekehrt.
Bei der Fassadengestaltung bedienen sich die Architekten der Metapher eines Kleides: dunkelgrüne Keramikfliesen verkleiden die durch die irreguläre Gebäudeform gefaltete Fassade wie Textil, was den Eindruck eines sich an die Bäume schmiegenden Baukörpers verstärkt. (df)
Fotos: Roland Bernath
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Embe | 18.04.2016 12:06 UhrVom Baudenkmal zum Abbruchhaus?
Aus der Einladung zu einem Vortrag mit Titel "Fallbeispiel Deutsche Botschaft Vom Baudenkmal zum Abbruchhaus?" der ÖGFA 2014:
Als Nachfolgebau eines 1938 von Josef Hoffmann zum „Haus der Wehrmacht“ umgebauten und im Krieg beschädigten Altbaus wurde sie 1963-65 nach Plänen von Rolf Gutbrod errichtet. Mit ihrer Gruppierung locker um einen terrassierten Innenhof gesetzter, transparenter Baukörper auf einem nicht eingezäunten Gelände stand die Botschaft, die Gutbrod als einer seiner Hauptwerke betrachtete, für ein antimilitaristisches, demokratisches, offenes Deutschland-Bild. Im 21. Jahrhundert war der Bau den aktuellen Anforderungen an Energieeffizienz, Brandschutz und Sicherheitsbestimmungen nicht mehr gewachsen. Der vom BBR 2007 ausgeschriebene Wettbewerb für ihre Sanierung und Erweiterung hatte das Ziel, „die Nutzung dieses wertvollen Beispiels der Architektur der 1960er Jahr e langfristig zu sichern.“ Die Jury entschied sich einstimmig für das Projekt des Weimarer Büros gildehaus.reich architekten, das auf„große Gesten“ verzichtet und das Gebäude und seine Luftvolumen mit einer neuen gläsernen Haut überzieht. Das Projekt wurde nicht realisiert.