Das
Stade du Ray war das große Fußballstadion von Nizza. Es besetzte allerdings mit allen Nebengebäuden und Sportplätzen gut zehn Hektar Fläche – und das in einem der beliebtesten Viertel der Stadt mit Blick über die Altstadt und das Mittelmeer. Kurzum: Die Stadt ließ draußen (im Gewerbegebiet am Autobahnkreuz) ein neues, großes Stadion errichten und das alte abreißen. Ein Teil der Sportplätze blieb erhalten, drum herum wurde vom Landschaftsarchitekturbüro
La Compagnie du Paysage (Paris) ein gut sechs Hektar großer Stadtpark angelegt. Auf weiteren 1,5 Hektar entstand ein neues Wohnviertel, das
Maison Édouard François (Paris) nach einem gewonnenen Architekturwettbewerb realisierte.
Maison Édouard François verteilen das gewünschte Programm von 25.000 Quadratmetern über zehn Gebäude, die auf einem großen, gemeinsamen Sockel stehen. Der besteht aus zwei Untergeschossen für 650 Parkplätze sowie einem gut 6.000 Quadratmeter großen Erdgeschoss mit Geschäften – hauptsächlich ein großer Supermarkt zur Straße im Westen sowie ein 1.200 Quadratmeter großer Dōjō, ein derzeit sehr beliebter, flexibel einteilbarer Trainingsraum für asiatische Kampfsportarten. Erst in den Geschossen darüber verteilen sich 350 Wohnungen, davon 86 geförderte, auf die zehn unterschiedlich gestalteten Wohnhäuser.
Die Architekt*innen betonen, wie wichtig ihnen die Kleinteiligkeit war: „Bei Projekten dieser Größenordnung besteht immer die Gefahr, eine zu große Homogenität zu erzeugen.“ Stattdessen habe man das Projekt „fragmentiert“: So zeigen die Häuser im Südwesten, die direkt am Boulevard Gorbella stehen, deutliche Bezüge zu den gegenüberliegenden und angrenzenden Stadtinseln. Es sind Stadthäuser mit verschiedenen Höhen und mit Putzfassaden in unterschiedlichen Farbtönen, die sich an den Gestaltungsregeln der Innenstadt orientieren. An zwei Neubauten wurden sogar weiße Faschen und grüne Fensterläden angebracht, um das Mimikry perfekt aussehen zu lassen.
Aber über diesen alt-neuen Gebäuden ragen zwei Staffelgeschosse empor, die bereits die gestalterischen Markenzeichen der kleinen Siedlung erkennen lassen, die sich nach Osten kammartig öffnet: Noch ragen die vertikalen Holzstangen mit ihren Verbindungsdrähten recht nackt empor, aber bald werden diese oberen Etagen mit Kletterpflanzen dicht bewachsen sein – so wie auch die Höfe und Freiflächen, die sich nach Osten zwischen die Gebäude schieben.
Hier verlängert Edouard François den angrenzenden Park in die Siedlung hinein und lässt ihn als vertikal begrünte Fassade an den Neubauten empor klettern. Die „blühenden Kletterpflanzen“ habe man „aufgrund ihrer Kraft und ihres Duftes ausgewählt“. Auch die Dächer werden intensiv begrünt, sodass Architektur und Landschaft verschmelzen. François spricht von einem „jardin extraordinaire“, dessen üppige Begrünung mit den Landschaftsarchitekt*innen von Compagnie du Paysage gemeinsam entwickelt wurde. Es ist ein Park, der sich nicht nur zwischen die Häuser, sondern auch an ihnen nach oben und über sie hinweg zieht. Die Architekt*innen sprechen von „Europas größter, begrünter Fassade“.
Im Grunde habe man damit zwei Fassaden geschaffen, sagen sie: eine gebaute, geschlossene und eine offene, grüne. Zwischen diesen beiden Fassaden erhält jedes Apartment eine kleine Terrasse aus Beton, roh und unfertig zum individuellen Ausbau der kommenden Besitzer*innen, sowie das Rankgerüst aus Kastanienholz und Stahlkabeln. In spätestens drei Jahren soll das Pflanzenkleid dicht gewachsen sein. Dann könne auch die automatische Bewässerung abgeschaltet werden, denn die Pflanzen sind so ausgewählt, dass sie miteinander Verbindungen aufbauen, über die sie Wasser, Licht und Nährstoffe untereinander austauschen können. Sie formen dann quasi einen Superorganismus, wie ein Wald. Die Kosten werden mit insgesamt 49 Millionen Euro angegeben. Von den klimatischen Vorzügen der intensiven Begrünung werden auch die umliegenden Stadtinseln profitieren.
(fh)
Fotos: Wearecontents
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Im Hier und Jetzt | 20.12.2021 12:07 Uhr@STPH
Ja. Das koordinierte Miteinander findet im Fall von Virusbefall momentan im Hier und Jetzt nicht statt. Deshalb das Versagen auf vielen Ebenen. Der Mensch hat schon immer versagt und wird es weiterhin tun :) Auch ein paar positiv wirkende Tatsachen...