Es überrascht nicht, dass HPP Architekten, deren Signet das Dreischeibenhaus in Düsseldorf ist, auch in Istanbul zuallererst ein 110-Meter-Hochhaus bauten. Seit sie dieses auf der asiatischen Seite des Bosporus für AND Real Estate realisierten, betreibt HPP einen seiner zwölf Standorte in der bauwütigen Megastadt. Nun hat die Istanbuler Zweigstelle ein zweites Projekt fertiggestellt. Ein Wohnkomplex mit Hochhäusern bis zu 160 Metern Höhe. Alle 1.200 Wohneinheiten konnte der Investor, erneut die AND Real Estate, direkt verkaufen. Auch das überrascht nicht in einer Stadt, die aktuell gut 15 Millionen Einwohner zählt und jährlich um rund 150.000 anwächst.
HPP erschlossen mit dem Wohnkomplex AND Pastel ein brachliegendes Brauereigelände im Istanbuler Bezirk Kartal unweit des Marmarameers. Vor einigen Dekaden lag es noch am äußeren Rand Istanbuls, bis es ob des Stadtwachstums zum lukrativen Baugrund für den Wohnungsmarkt wurde. Als Eigentum des türkischen Firmenimperiums Anadolu Grubu, das unter anderem Biermarken wie Efes hält, war das Grundstück schon lange im Besitz des Investors. Unter der Auflage, Flächen des ehemaligen Industriegeländes für eine öffentliche Grünanlage freizugeben, konnte die AND Real Estate den übrigen Grund zu einem Wohnquartier mit integrierten Freizeit-, Einkaufs- und Gesundheitseinrichtungen umwandeln. In Istanbul ein regelrechter Typus für geschlossene Wohnanlagen des gehobenen Mittelstands, viel von privaten Investoren gebaut.
Doch anstatt eine zusammenhängende Großstruktur zu entwerfen, versuchten HPP eine gewisse innerstädtische Heterogenität Istanbuls in ihrem Entwurf widerzuspiegeln. Sie teilten den Komplex in vier Punkthochhäuser und drei niedrige Blockränder auf. Die Gebäude variieren zwischen acht und 43 Stockwerken. Die unterschiedlichen Bauten wickeln sich um vier Höfe, mal bilden sie Nischen, mal öffnen sie sich zu Flächen. Die Landschaftsarchitekt*innen von Martha Schwartz Partners (London, New York, Schanghai) gestalteten die vier Höfe als zusammenhängende Parkanlage.
Versorgungstechnisch bauten HPP das Quartier möglichst effizient aus: Jede Wohneinheit profitiert von viel Tageslicht und natürlicher Querbelüftung, die Anlage verfügt über ein zentrales Heiz-, ein dezentrales Kühlsystem sowie ein Wassermanagementsystem, das von der Grauwassernutzung bis zum Regenrückhaltebecken reicht. Die 1- bis 5-Zimmer-Wohnungen entwarf das Istanbuler Büro für eine heterogene Bewohnerschaft: Student*innen, Familien, Senioren – solange sie sich eine Eigentumswohnung im AND Pastel leisten können. Von „Mikrogesellschaft“ spricht Büroleiter Bugrahan Sirin im Telefonat mit BauNetz. Und auf eine gesellschaftliche Aktivität Istanbuls spielen auch die Fassaden der vier Wohnhochhäuser an: Sie sind „geflochten“, wie ein Korb, der bei den beliebten Picknicks am Bosporus gern zum Einsatz kommt. (sj)
Fotos: Onur Gürkan, Dogan Irmak, Önder Taskaya
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Thomas | 28.12.2020 20:21 UhrSowas braucht Berlin
Ein wunderschönes Projekt wäre das sicherlich auch für Berlin, wenn da nur nicht die Linken und Grünen sich vor Angst in die Hose machen würden. Zu schade... Diese Kommunisten bevorzugen es lieber in unsanierten Altbauten der DDR zu wohnen... Es ist beschämend wie Berlin aussieht. Alles ist alt und dreckig.