In der Schweiz sagt man „das Tram“ für die Straßenbahn – mit sächlichem Artikel. Zur Sache kommt die Straßenbahn beim Wohn- und Gewerbeprojekt Kalkbreite in Zürich: Sie nimmt das Erdgeschoss ein. Genauer: Das Erdgeschoss ist eine 3.000 Quadratmeter große Tram-Abstellanlage der städtischen Verkehrsbetriebe. Alles darüber ist ein experimentelles genossenschaftliches Bauprojekt. Für den Entwurf zeichnet das Züricher Büro Müller Sigrist Architekten verantwortlich, das im Jahr 2009 einen Wettbewerb gewonnen hatte.
Bereits seit 1975 hatte man mit der Überdeckelung des zentralen Tramdepots geliebäugelt, doch erst 2007 bekam die eigens gegründete Genossenschaft Kalkbreite das Baurecht bewilligt. Geplant wurde eine architektonisch, ökologisch und sozial hochambitionierte Anlage für 230 Bewohner und 200 Arbeitsplätze.
Die 88 Wohnungen sind größer als die üblichen Behausungen für Kleinfamilien; sie sind in der Regel für vier bis sieben Erwachsene ausgelegt, wobei die größte Wohnung sogar neun Zimmer hat. Insgesamt zehn weitere, unvollständig ausgestattete Zimmer können als „Jokerräume“ temporär zu einer Wohnung dazugemietet werden. Die Kaltmiete beträgt etwa 16,50 Euro pro Quadratmeter, was für Zürich als günstig gilt. Die Kleinwohnungen und die gemeinschaftlichen Räume haben die Architekten entlang eines Mittelgangs angeordnet, der „Rue intérieure“, die ringartig durch das Gebäude verläuft.
Ein breiter Gewerbemix in den unteren Geschossen umfasst Büroetagen für Freiberufler, eine Cafeteria, Restaurants und Bars sowie eine Pension. Auch ein Biosupermarkt und ein neues Kino fehlen nicht.
Das Gebäude bildet städtebaulich einen freistehenden, vieleckigen und abgetreppten Solitär aus, dessen Fassadenputz in einem Farbspektrum von Orange bis Türkis schillert. Die Gewerbeeinheiten sind an den Rändern untergebracht, während das zentrale Tramdepot auf den unteren Etagen das Herz des Gebäudes belegt. Darüber, auf dem Niveau des 2. Obergeschosses, beginnt die Wohnbebauung mit ihrem öffentlichen Hof. Weitere unterschiedlich gestaltete Dachgärten sind den Genossenschaftlern vorbehalten. (-tze)
Fotos: Martin Stollenwerk, Michael Egloff, Joel Tettamanti
Dieses Objekt & Umgebung auf BauNetz-Maps anzeigen:
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
2
mehmet | 02.12.2014 10:14 Uhrerstaunlich
gut gelöst. städtbaulich eine äußerst schwierige situation, aber dennoch gut geschafft die verschiedenen funktionen unterzubringen und sogar wohnen an diesem ort positiv in szene zu setzen.