Bitte keine Goldküsten-Architektur! Das war der Wunsch einer Erbengemeinschaft, die das Zürcher Büro
pool Architekten im Jahre 2016 für ein Haus mit fünf Wohneinheiten in Meilen am Zürichsee direkt beauftragte. Bei dieser für die Sonnenseite des Sees so gängigen wie generischen Wohnhaustypologie stapeln sich über extrabreiten Garagen vollverglaste Wohneinheiten den Hang hinauf. Die Bauherren wünschten sich hingegen für das elterliche Grundstück einen klugen, einfühlsamen Entwurf. Aufmerksam auf pool Architekten wurden sie durch deren
Wohnungsbau in Oberrieden, ein mehrfach ausgezeichnetes Projekt im Kanton Zürich.
Die Bestandsbauten – ein Wohnhaus und ein Atelierhaus, entworfen von Gertrud Frisch-von Meyenburg, der Ehefrau von Max Frisch – konnten nicht erhalten werden, denn Zustand und räumliche Möglichkeiten waren nicht mit den Wünschen der Bauherrschaft vereinbar. Für das schmale, lange Grundstück entwickelten pool Architekten mit
Haus Mühlerein einen zweigeschossigen, 45 Meter langen und knapp 12 Meter breiten Neubau. Statt auf Seeblick fokussierten sie auf qualitativ gleichwertige Wohneinheiten und den beachtlichen Baumbestand des Grundstücks mit zahlreichen hoch gewachsenen Schwarzkiefern und kleineren Buchen, die die Atmosphäre des Geländes prägen – und die weitestgehend stehen bleiben konnten. Zugleich integriert der lange Baukörper die leicht ansteigende Topographie durch eine Höhenstaffelung.
Der Bau entspricht einer Schottenbauweise: Massive Backsteinwände stehen quer zum Hang und bilden zusammen mit Rippendecken aus Beton und Holz das Traggerüst. Betreten wird das Gelände von Norden: Hier sind die Parkplätze untergebracht. Daran anschließend befinden sich zwei 16 Quadratmeter große Ateliers und zwei Wohnungen mit 3,5 Zimmern. Das Obergeschoss beherbergt eine 3-Zimmer- sowie zwei 3,5-Zimmer-Wohnungen. Alle Wohneinheiten verfügen über knapp 95 bis circa 115 Quadratmeter Fläche und eine Ost-West-Ausrichtung. Erschlossen werden die Einheiten im Erdgeschoss über die ihnen zugeordneten breiten Veranden im Westen. Die Wohnungen im Obergeschoss erreicht man über zwei offene, aber überdachte Treppeneinschnitte entlang der tragenden Wände. Auch sie verfügen über breite Balkone an der Westseite.
In den Wohnungen wurde auf einen Erschließungsflur verzichtet. Das Herzstück einer jeden Einheit ist die große Wohnküche, von der aus die Zimmer erreicht werden. Außerdem verfügen sämtliche Räume über mehrere Zugangsmöglichkeiten, sodass die Privatsphäre in den Räumen bei Bedarf gewahrt werden kann. Pool Architekten konzentrierten sich bei der Ausführung auf eine nachhaltige und ortsbezogene Gestaltung: Die Decken sind als „verlorene Schalung“ ausgeführt, um durch die Holzelemente den Anteil der Eisenbewährung zu verringern. Auf die stirnseitigen Backsteinwände wurde Kalkmörtel aufgezogen und die Längsseiten des Baukörpers sind mit in rötlicher Ölfarbe gestrichenen Fichtenholzbrettern verkleidet. Die Backsteinwände hat man raumseitig lediglich weiß geschlämmt, die Decken weiß gestrichen.
Der Boden in der Küche wurde in Anlehnung an die Geologie des Terrains mit Nagelfluhplatten belegt, die restlichen Räume erhielten einen Lehmkaseinboden. Das Wohngebäude umgibt ein Garten, der von allen Parteien genutzt werden kann. Und auch auf einen Seeblick muss niemand verzichten, denn beugt man sich auf den Balkonen und Veranden nach vorne, lässt sich zwischen den Bäumen das Glitzern des Wassers erhaschen.
(as)
Fotos: Ralph Feiner
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Hä? | 11.10.2021 21:12 Uhr@Nr.4
Was ist denn bitte das besondere am WC auf Bild 8? (außer die dritte Tür davon ins kleine Badezimmer??) Sehe auch kein Gäste WC - oder bin ich blind?