Zeitgenössische Forschungsbauten sind „Kathedralen des Verstandes“, findet der britische Architekturkritiker Edwin Heathcote. Im Inneren der Forschungsbauten von hammeskrause architekten (Stuttgart) versteht man, was er meint. Das kürzlich fertig gestellte Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Stuttgart zeigt sich als geschlossener Kubus, im Inneren wird die Gebäudehöhe mit einem gelben Treppenhaus inszeniert. Das Zentrum für Biomedizin in Lübeck umschließt ein beeindruckendes Atrium in voller Gebäudehöhe. Die große Tribüne und die verglasten Konferenzräume stehen im Blickkontakt mit den Laboren.
Auch beim aktuellen Neubau für die Windenergieforschung an der Universität Oldenburg stehen die Gemeinschaftsräume für die 130 Forscherinnen und Forscher im gestalterischen Fokus. Dass dies kein Zufall, sondern gewissermaßen das Gebot der Stunde für zeitgenössische Forschungsarchitektur ist, hat Charlotte Klonk im Buch „New Laboratories“ erkannt. Während die Einrichtungen strukturell den Weg der Spezialisierung und Aufspaltung der Fachbereiche beschreiten, soll die Architektur „zufällige Begegnung“ und somit „interdisziplinären Austausch“ befördern. Genau dies wollen hammeskrause mit „Kommunikationsorten“ erreichen, die sie rund um die elegant geschwungenen Glasbrüstungen des Treppenhauses unter dem Oberlicht im Atrium eingerichtet haben.
Die demonstrative Offenheit beispielsweise der Biomedizinischen Forschung in Lübeck tritt in Oldenburg nur Ansatzweise in Erscheinung: Panoramafenster im Erd- und ersten Obergeschoss geben Einblicke in die acht Meter hohe Experimentierhalle mit angeschlossenem Windkanal. Vielleicht als Ergebnis zahlreicher Workshops der Architekten mit den Nutzern tritt die Offenheit hier weniger als „PR-Geste“ auf, die nach Klonk in einigen Fällen Zugänglichkeit suggerieren soll, wo sie nicht unbedingt auch tatsächlich gegeben ist. In diesem Universitätsbau treffen verglastes Erdgeschoss und kommunikatives Atrium auf eine Art bodenständige Massivität. Glas wird nur dort eingesetzt, wo es für die Arbeitsabläufe auch sinnvoll ist. Im hellen Verblendmauerwerk des viergeschossigen Kubus liegen horizontale Fensterbänder, deren Sonnenschutz an die Klappen erinnern soll, die im Windkanal für Turbulenzen sorgen. Vertikal gegliederter Sichtbeton umschließt den geschwungenen Windkanal, sodass hier die Funktion auch ohne gläsern-signalhafte Transparenz von außen erahnbar wird.
Das WindLab in Oldenburg umfasst 2.300 Quadratmeter Nutzfläche bei Baukosten von 20 Millionen Euro inklusive Ersteinrichtung und Windkanal. Mit dem gewählten „Verblendmauerwerk aus extrem schlanken Ziegeln“ soll es sich laut Architekten in den Kontext der Bestandsbauten am Campus Wechloy einfügen. Doch auch indem er die zeitgenössische Forschungsarchitektur von heute repräsentiert, knüpft der Neubau an die Bautradition der Universität an, die seit den 1960er Jahren fast in jedem Jahrzehnt Bauten im Stil der jeweiligen Epoche errichten ließ. (dd)
Fotos: Piet Niemann
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Auch ein Erstaunter | 30.08.2017 10:11 UhrWusste gar nicht,
dass man Windhosen auch mit stabilem Drahtkern ausstatten kann :-)