Belgische Backsteinhäuser sind geradezu legendär, seit Hannes Coudenys in seinem Blog „ugly belgian houses“ besonders kuriose Beispiele zu dokumentieren begann. Viele jener Projekte resultierten dabei aus missglückten Umbauversuchen. Dass dies auch anders geht, beweist Wim Heylen mit seinem neuen Projekt in Wondelgem. Nach einem flachen Neubau im letzten Jahr verwandelte er nun ein kleines Reihenhaus. Mit seiner Intervention möchte der Architekt, der selbst im Genter Vorort Wondelgem arbeitet, den Wohnraum mit dem schmalen Außenraum verbinden. An die Stelle kleiner Kuben tritt eine aufgefaltete Glasfront mit Backsteinkrone.
Von der Rückseite betrachtet könnte der Anbau auch eine Garage darstellen – die Proportionen des grauen Rahmens entsprechen denen einer Toreinfahrt. Tatsächlich befindet sich in dem Raum dahinter eine großzügige Wohnküche, in die durch den seitlichen Knick besonders viel Sonnenlicht einfällt. Mit dem abgewinkelten Panoramafenster ermöglicht die Architektur zugleich einen ungewöhnlichen Blick auf die vertraute Reihenhauslandschaft. Gleichzeitig verweisen die verwendeten Materialien auf die Entstehungszeit des Hauses. Originalziegel von 1958 wurden wiederverwendet und die Fliesen von Terrasse und Badezimmer „atmen den Geist von 1958“, erklärt Wim Heylen, der sein Werk auch fotografierte.
Abgesehen von dem Anbau gab es nur einen architektonischen Eingriff in die Grundrissstruktur des Wohnhauses: Das Badezimmer wurde in einen größeren Raum mit Fenster zur Straße verlegt. Dabei wird es nicht nur großzügiger, sondern gewinnt auch an visuellen oder sogar illusorischen Reizen. Flankiert von den geometrisch-gelb gemusterten Fliesen befindet sich ein Spiegel, der scheinbar in die Unendlichkeit blickt. Gerade weil in diesem Haus nun minimalistische Elemente auf Historie und zitierte Historie treffen, ist das Ergebnis absolut zeitgemäß. (dd)
Fotos: Wim Heylen
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