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26.06.2003

„Mussolini war nicht hier..."

Wiedereröffnung der italienischen Botschaft in Berlin


Wenn heute, am 26. Juni 2003, die italienische Botschaft in Berlin mit einem großen Fest in Anwesenheit von Bundespräsident Johannes Rau und Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi eröffnet wird, kehrt die diplomatische Vertretung Italiens an ihren historischen Ort zurück. Denn die Botschaft bezieht ihren Altbau von 1939, der wie kaum ein zweites Gebäude in Berlin die wechselvolle Geschichte des 20. Jahrhunderts verkörpert. Das Baudenkmal wurde jetzt aufwändig restauriert.

Albert Speer plante in den 30er Jahren am Tiergartenrand ein neues Diplomatenviertel in der Reichshauptstadt, in dem die damals mit Deutschland politisch befreundeten Länder große Botschaftspaläste verwirklichen durften. Auch die italienische Botschaft war im Rahmen dieser Planungen entstanden und sollte als Symbol italienischer Macht dienen. Der deutsche Architekt Friedrich Hetzelt entwarf den Bau im Stil eines italienischen Renaissance-Palazzos und vergröberte dafür den Stil römischer Stadtpalais'.
Das Berliner Haus wirkt außen dreistöckig, ein viertes Geschoss verbirgt sich jedoch hinter dem Dachgesims. Die monumentale rotbraun verputzte Straßenfassade liegt über einem Sockel aus römischem Travertin. Besonders die kostbare Ausstattung der über 200 Innenräume sollte die Bedeutung der Achsenmacht Italien betonen. An feinsten Materialien wie Marmor und Holzvertäfelungen aus italienischer Eiche wurde nicht gespart. Eine Folge repräsentativer Säle mit aufwändigen Zierbrunnen und nahezu höfischem Prunk nimmt fast das gesamte Piano Nobile ein. Besonders der acht Meter hohe blaue Festsaal in der Mitte des Gebäudes wirkt monumental. Als Zeichen besonderer Wertschätzung wurden sogar Türstürze und Friese aus dem Palazzo Ducale in Gubbio von 1495 eingebaut.

Das verschwenderisch ausgestattete Haus erlitt jedoch eine tragische Geschichte: Nur Monate nach der Fertigstellung 1942 wurde die Botschaft durch Bomben schwer beschädigt. Zur offiziellen Einweihung war es nie gekommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente nur noch der weitgehend unversehrt gebliebene Teil einige Jahre als Botschaft und danach als Generalkonsulat. Jahrzehntelang verfielen die übrigen Teile des Hauses.

Nach der deutschen Wiedervereinigung entschied sich Italien, das Gebäude zu restaurieren. Bei einem Wettbewerb konnte sich 1995 der römische Architekt Vittorio de Feo durchsetzen. Sein Konzept sah vor, das Haus „respektvoll und möglichst originalgetreu wieder herzurichten“. Die Zeichen der Geschichte wurden beim Umbau nicht überdeckt und auch nicht alle Schäden beseitigt, damit „der Verfall nicht vergessen wird“. Die faschistischen Reliefs innen wurden zwar entfernt, aber denkmalgerecht konserviert und im Haus ausgestellt. Spuren der Zerstörung wurden auch an der Pergola an der Rückseite der Botschaft erkennbar gelassen. Lediglich im Hof hat de Feo eine große Freitreppe und Terrasse für Sommerfeste neu gebaut.
Dem pragmatisch-gelassenen Umgang der Italiener mit dem Zeugnis ihrer schwierigen Geschichte liegt die Auffassung zugrunde, dass „Vergangenheitsbewältigung sich nicht auf italienisch übersetzen lässt“. Man muss die Geschichte akzeptieren und darf sie nicht verdrängen. Das Haus diente bösen Prinzen, jetzt gibt es gute, die ein Gebäude brauchen", so der Architekt de Feo selbstbewusst.

Am 26.06.2003 um 22.45 Uhr ist der Dokumentarfilm „Mussolini war nicht hier...“, der über die italienische Botschaft informiert, im Fernsehsender RBB Berlin zu sehen.


Zum Thema:

www.botschaft-italien.de


Zu den Baunetz Architekt*innen:

AS+P Albert Speer + Partner


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