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29.11.2012

Metamorphose der Spree - das Flussbad Berlin

Wie die Vision von realities:united Wirklichkeit werden könnte


An kalten Novembertagen kann der Gedanke an sommerliches Badevergügen erwärmen. So wird es gestern Abend vielen Gästen bei der Preisverleihung des Nachhaltigkeits-Awards der Holcim Foundation ergangen sein. Für die Vision ihres Flussbades mitten in Berlin wurden Jan und Tim Edler von realities:united (Berlin) in der Attrappe der Schinkelschen Bauakademie mit dem Holcim Award Bronze 2012 ausgezeichnet. Der Ort ist kein Zufall: Die Preisträger möchten den ungenutzten Spreekanal an der Museumsinsel mitten in der Stadt in ein Schwimmbad verwandeln als Symbol für sauberes Wasser in den Flüssen. Flussbadeanstalten gehörten bis zur vorletzten Jahrhundertwende zum Stadtbild dazu. Könnte das einstige Bild wieder Wirklichkeit werden?

Unvorstellbar scheint die Idee aufgrund der schlechten Wasserqualität der Spree und der passierenden Ausflugsdampfer. Doch hat der Spreearm keine wirkliche Funktion mehr und liegt als innerstädtische Wasserfläche schon seit Jahrzehnten brach: Ein großes Potential für die Stadt.

Die Stadt Berlin verschmutzt den Fluss selbst. Knackpunkt ist vor allem das Mischwasserkanalsystem, in das bei starkem Regen Abwässer und Fäkalien aus der Kanalisation in die Spree gespült werden. Für sauberes Wasser im Schwimmbereich soll ein natürliches Filtersystem sorgen; dieses besteht aus hintereinander gelagerten Becken mit einer bepflanzten Kiesschicht. Das „verbleibende“ Stück des Kanals soll renaturiert, die Spree an dieser Stelle von ihrer künstlichen Begrenzung befreit und Teil eines Parkes an der Fischerinsel werden. Mitten in Berlin würde der Fluss so zu einem öffentlichen Raum mit besonderem Charakter. Sauberes Wasser, Baden, Sport, Erholung – nicht zu vergessen die gesellschaftliche Symbolik machen die Idee zu einem Projekt, das realsiert werden sollte.

Auch die Jury zeigt sich begeistert. Der Vorsitzende Mario Botta sieht in dem Projekt eine neue Stärke für die Stadt, das ihr gerade an so einem historisch aufgeladenen Ort mehr Lebensqualität verleihen kann. „Das Projekt ist eine poetische Metamorphose des heute wenig definierten öffentlichen Raums im kulturell und politisch aufgeladenen historischen Zentrum Berlins in eine vielgenutzte urbane Landschaft“, lobte der Tessiner gestern Abend. Vor allem die spannungsreiche und gegensätzliche Nachbarschaft von Weltkulturerbe und Freizeitbad imponiert ihm.

Das Projekt weckt viele Sehnsüchte. Die Berliner Senatsbaudirektorin Regula Lüscher schwärmt von der ausgezeichneten Idee der Berliner Architekten – sie vermisst das Baden und Schwimmen im Fluss, das in ihrer Heimatstadt Basel als Selbstverständlichkeit ins Stadtbild intergriert ist. Doch seitens der Stadt brauche das Projekt noch Zeit – ein so ein großer Eingriff könne nicht von heute auf morgen umgesetzt werden.

Den Traum vom Baden in der Spree Wirklichkeit werden zu lassen hat sich der frisch gegründete Verein Flussbad Berlin e.V. auf die Fahne geschrieben. Auch wenn die Verleihung des Preises ein großes Signal ist, realisiert werden können solche große Ideen nur, wenn sich viele dafür einsetzen und das Projekt unterstützen. Alle Berliner, die sich ein Flussbad in der Mitte ihrer schönen Stadt, eine saubere Spree und neue Lebensqualitäten für die monofunktionale Museumsinsel wünschen, können die Initiative unterstützen.

Bevor nun aber Filterbecken, Promenade, Stege, Treppen und Umkleiden angelegt werden, müsste sich als erstes der Status der Spree ändern: diese ist nämlich absurderweise gar kein Fluss, sondern ein Verkehrsweg, also nicht anderes als eine Straße. Bisher ist das Baden hier verboten.


Zum Thema:

www.holcimfoundation.org

Mehr zum Baden in der Stadt in der BAUNETZWOCHE #281 „Baden gehen“


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