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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Wettbewerbsentscheidung_in_Hannover_Landtag_wird_abgerissen_951753.html

15.02.2010

Glastempel am Leineschloss

Wettbewerbsentscheidung in Hannover: Landtag wird abgerissen


Nun scheint der niedersächsische Landtag und sein unbedingt bauwilliger Präsident Hermann Dinkla (CDU) am Ende doch das zu bekommen, was er immer wollte: den Abriss des denkmalgeschützten Landtagsgebäudes in Hannover (1962 von Dieter Oesterlen) und den Neubau eines verglasten Plenarsaals an dessen Stelle. Dies jedenfalls sieht der Entwurf des ersten Preisträgers des entsprechenden zweistufigen Wettbewerbs vor, der am Samstag, 13. Februar 2010 in Hannover entschieden wurde.

Nachdem der Landtag zunächst den Abriss des Bestandsgebäudes als Vorbedingung für den Wettbewerb hatte festlegen wollen (siehe BauNetz-Meldung vom 12. Dezember 2008), gab er schließlich auf Druck der Fachöffentlichkeit eine ergebnisoffene Auslobung heraus (siehe BauNetz-Meldung vom 19. Mai 2009). Die erste, offene Stufe des Wettbewerbs wurde im November 2009 entschieden; aus der daraus erwachsenen Endauswahl sind nun 16 Arbeiten in der zweiten Stufe juriert worden.

Die Jury unter Carl Fingerhuth (Zürich) war mit ausgewiesenen Architekten besetzt, darunter Johanne Nalbach, Gernot Schulz, Arno Lederer, Kaspar Kraemer, Zvonko Turkali und Wolfgang Schneider, Präsident der Architektenkammer Niedersachsen. Sie kürte jetzt folgende Preisträger:

1. Preis:
Eun Young Yi, yi architects, Köln

2. Preis: Walter Gebhardt, Hamburg

3. Preis:
mm architekten, Martin A. Müller, Hannover

Ankauf: Fritze und Mueller-Giebeler, Ahlen

Ankauf:
Meyer-Wolters und Yeger, Hamburg

Die Texte der Jurybewertung sind zur Zeit noch nicht zu erhalten.

Der in Köln ansässige erste Preisträger Eun Young Yi, 1956 in Korea geboren, hat an der RWTH Aachen unter anderem bei Peter Kulka und Volkwin Marg studiert bzw. als Assistent gearbeitet. Seit 2000 hat er eine Professur in Korea.
Sein Entwurf für Hannover sieht eine Art Glastempel in Pavillonstruktur vor, der mit Abstand vom klassizistischen Rest des Leineschlosses als Solitär platziert wird. Der Zugang vom Leineschloss erfolgt unterirdisch.
Der Neubau soll nach Presseberichten als eine Säulenhalle mit zentralem Hauptelement gestaltet werden. Der geplante Plenarsaal bestehe aus Glasbausteinen mit Oberlicht, Besuchergalerien seien ringförmig eingebaut. Im Erdgeschoss werde es einen Restaurantbereich zum Ufer der Leine hin geben. Auch ein Raum der Stille mit Licht- und Wasserinstallation soll entstehen und der alte Portikus des Landtags als Eingang erhalten bleiben.

Den zweiten Platz belegte der in Hamburg ansässige, 1962 geborene Architekt Walter Gebhardt, der in Braunschweig unter anderem bei Meinhard von Gerkan studiert und dann Großprojekte für gmp realisiert hatte. Er entwarf für Hannover eine Lösung, die einen Großteil des Vorgängerbaus erhält. Lediglich ein Viertel des Bestandes müsse abgerissen werden, so Gebhardt. Dies betrifft vor allem den bestehenden Plenarsaal. Er soll durch eine Neubau ersetzt werden, der von oben und durch eine Öffnung der Fassade zum „Platz der Göttinger Sieben“ belichtet wird. Die um den Plenarsaal herumlaufenden Wandelebenen mit Oesterlens großzügiger Verglasung zum Hof können dagegen ebenso erhalten werden wie die kürzlich mit Millionenaufwand sanierte Natursteinfassade des Außenbaus.
Laut Gebhardt ist sein Entwurf um ein Drittel kostengünstiger als der Siegerentwurf und verkörpere den Gedanken der Nachhaltigkeit gleichermaßen auf ökologische, ökonomische und kulturelle Weise. In der zweitägigen Jurysitzung sei dieser Entwurf lange Zeit Favorit gewesen, heißt es in Hannover.

Ob nach der Juryentscheidung für Yi doch noch ein Erhalt des Oesterlenschen Baus möglich ist, erscheint wenig wahrscheinlich. Selbst der in der Jury vertretene Präsident des niedersächsischen Landesamts für Denkmalpflege, Stefan Wingard, sagte der „Neuen Presse“, letztlich habe er sein Einverständnis zu einem Abriss gegeben. Ein vollkommener Erhalt des Gebäudes sei mit dem Ziel der „Transparenz und Öffnung nach draußen“ nicht möglich gewesen. Als Sachverständiger habe er sich aber für die Entwürfe stark gemacht, die einen größtmöglichen Erhalt garantiert hätten. Die Entscheidung für einen Abriss ist aus Sicht Wingharts aber unumstößlich.

Das Neubauprojekt soll rund 45 Millionen Euro kosten. Mit den Arbeiten soll im Spätherbst dieses Jahres begonnen werden.
Eine Ausstellung der Wettbewerbsarbeiten ist vom 22. Februar bis 7. März im Landtagsgebäude in Hannover zu sehen.  (-tze)


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