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15.06.2017
Kampfzone City-Hof
Wettbewerbsentscheid in Hamburg
Noch stehen die vier City-Hof-Hochhäuser am Klosterwall in Hamburg. In ihrem heutigen Zustand, mit den grauen Eternitplatten, die in den 70er Jahren über der originalen, witterungsbeschädigten hellen LECA-Fassade aus den 50er Jahren angebracht wurden, bilden die schräg gegenüber dem Hauptbahnhof gelegenen Bauten von Rudolf Klophaus ein zugegebenermaßen nicht sehr repräsentativen Eingang zur Hamburger Innenstadt und dem Kontorhausviertel. Und dennoch trägt der Komplex durch seine perforierte, Blickbezüge zulassende Konzeption – Flachbauten verbinden die vier schmalen, parallelen Scheiben in der Sockelzone – und die Ergänzung einer nachkriegsmodernen Formensprache zu den roten Klinkerbauten der 20er Jahre für viele zum Hamburger Stadtbild bei: Die Gebäude verfügen über eine Anhängerschaft, die ähnlich aktiv ist wie die der mittlerweile abgerissenen Esso-Häuser an der Reeperbahn.
Ein möglicher Abriss des City-Hofes wird endgültig diskutiert, seit 2014 bekannt wurde, dass das Bezirksamt Hamburg-Mitte dieses Jahr seine dortigen Verwaltungsbüros aufgeben und in das ehemalige Springer-Verlagshaus umziehen wird. Und ebenso lange hagelt es scharfe Kritik, denn die Scheibenhochhäuser wurden erst 2013 unter Denkmalschutz gestellt. Die Interessensgemeinschaft für den Erhalt des Ensembles verweist – insbesondere falls ein Neubau die bestehenden Sichtachsen nicht aufrecht erhält – auf die Gefahr einer Aberkennung des erst 2015 erteilten Weltkulturerbestatus’ von Speicherstadt und Kontorhausviertel und schlägt diverse Konzepte für eine sozial und ökonomisch verträgliche Umnutzung des Bestandes vor. Für den Fall einer Aufhebung des Denkmalschutzes dieser Größenordnung warnen sie vor der Schaffung eines Präzedenzfalles: Wie lässt sich anderen Hausbesitzern der Wert oftmals kostenintensiver Denkmalpflege vermitteln?
Doch noch stehen die vier City-Hof-Hochhäuser am Klosterwall in Hamburg. Nach einem umstrittenen Bieterverfahren für das Gelände übertrug der Hamburger Senat die Entscheidungsgewalt über die Anhandgabe von der nicht öffentlich tagenden Kommission für Bodenordnung an das Parlament. Mit dem Entschluss der rot-grünen Regierungsfraktion Anfang 2016 wurde also lediglich dem Liegenschaftsverkauf an den Investor AUG. Prien zugestimmt, nicht jedoch – obwohl das Interesse des Bieters klar im Neubau lag – dem Abriss des Komplexes. Der Bauunternehmer unterliegt der Verpflichtung, innerhalb von drei Jahren einen Hochbauwettbewerb erfolgreich durchzuführen. Desweiteren muss ein vorhabenbezogener Bebauungsplan vorgelegt werden.
Nachdem bekannt wurde, dass unter den Bewerbern des offen ausgeschriebenen Architektenwettbewerbes so hochkarätige Namen wie Studio Daniel Libeskind, Steven Holl oder Rafael Moneo rangierten, kam zwischenzeitliche eine vage Hoffnung auf, die Ausschreibung könne der Hansestadt nach der Elbphilharmonie ein weiteres bild- und ausdrucksstarkes architektonisches Zugpferd bescheren. Dass dies nicht der Fall sein wird, macht die am 2. Juni entschiedene zweite Phase des städtebaulich-hochbaulichen Wettbewerbs für die geplante Neubebauung des Areals, den Investor AUG. Prien im September 2016 auslobte, nun recht deutlich.
Es gewann das Büro KPW Papay Warncke und Partner, das schon für den Neubau eines Wohnquartiers und Bürogebäudes im unweiten Katharinenviertel verantwortlich zeichnete. Die Hamburger Architekten setzten sich in der letzten der drei Bewertungsrunden gegen die Mitbewerber E2A Piet Eckert und Wim Eckert Architekten (Zürich) und RAFAEL MONEO arquitecto (Madrid) durch. Der Siegerentwurf, ein 190 Meter langer Block aus drei eigenständigen Gebäuden mit drei Innenhöfen, gleicher Firsthöhe und je nach städtebaulicher Orientierung variierender Klinker-Lochfassade, verfügt laut der Pressemitteilung zum Wettbewerbsurteil über eine Solidität, die die Jury überzeugte. Das Preisgericht um den Vorsitzenden Fritz Schumacher und den scheidenden Oberbaudirektor Jörn Walter bewertete die auf 47.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche verteilte Mischnutzung aus Wohnen, Hotel, Kultur, Einzelhandel und Büro als „einen noblen Eingang in [die] Innenstadt […], der die Perlen Chilehaus und Sprinkenhof nicht zu übertrumpfen versucht“. Der Entwurf führe jedoch „mit schönen Erdgeschosszonen“, die „dem Wohnen und anderem mehr eine stadträumliche Fassung“ gäben, im Kontorhausviertel „endlich auch funktional zu dem Leben, das ihm kulturell eigentlich schon immer gebührt.“. Es sei „eine große Chance für Hamburg“.
Teilnehmer und Ergebnis im Überblick:
1. Preis (80.000 Euro): KPW Papay Warncke und Partner Architekten, Hamburg
2. Preis (40.000 Euro): E2A Piet Eckert und Wim Eckert Architekten, Zürich
2. Preis (40.000 Euro): RAFAEL MONEO arquitecto, Madrid
Nicht ausgezeichnet wurden:
• FABRIK°B Architekten, Berlin
• Henning Larsen Architects, München
• LA`KET Architekten, Hamburg
• Störmer Murphy and Partners, Hamburg
Das Bearbeitungshonorar von insgesamt 175.000 Euro wurde zu gleichen Teilen auf die sieben Teilnehmerinnen und Teilnehmer verteilt.
Betrachtet man die sieben Entwürfe der Phase zwei, fällt zunächst die Ähnlichkeit in Massivität und Setzung auf: Nahezu alle Gebäude zitieren die Masse der großen Kontorhausblöcke – und legen sich riegelartig vor Chilehaus und Sprinkenhof. Von außen wäre von diesen architektonischen Perlen der Freien und Hansestadt nicht mehr viel zu sehen. Auch in Fassadengestaltung herrscht ein Unisono, dass sich eher ein Eindruck von Demut als von Respekt vor den Weltkulturerbe-Nachbarn aufdrängt: Backstein, klar, aber wenig differenziert.
Alle zunächst zum Wettbewerb zugelassenen Entwürfe, die sich für den Erhalt und Sanierung der Hochhäuser aussprachen, schieden bereits in der ersten, städtebaulichen Phase, die im Februar diesen Jahres stattfand, aus. So auch der Vorschlag von GMP – Von Gerkan Marg und Partner , dessen strahlend weiße Wärmeschutzfassaden derzeit wieder verstärkt in Internet und Printmedien kursieren. Doch nach der Auslobung blieb es lange Zeit recht still um das Areal am Klosterwall. Die sieben verbliebenen Entwürfe der Phase II wurden erst einen Tag vor der Jurysitzung zur öffentlichen Beurteilung ausgestellt. Presse wie private Besucher mussten zuvor eine Erklärung unterzeichnen, mit der sie sich verpflichteten, keine Aufnahmen von den dargestellten Plänen zu machen. Somit blieb gelinde gesagt wenig Zeit, eine breite Öffentlichkeit zur Diskussion der Beiträge zu erreichen.
Doch noch stehen die vier City-Hof-Hochhäuser am Klosterwall in Hamburg. Den Antrag auf ihren Abriss muss der Bauunternehmer beim Bezirk Hamburg Mitte einreichen, die Prüfung erfolgt in Zusammenarbeit mit Kulturbehörde und UNESCO. Auch muss das überwiegende öffentliche Interesse an einem Neubau deutlich werden. Erst dann kann der Senat einem Neubau zustimmen – oder auch nicht. Für letzteren Fall behält sich AUG. Prien den Rückzug vom vorläufigen Kaufvertrag über das 7.000 Quadratmeter-Areal vor – der laut dem Hamburger Abendblatt 32,5 Millionen Euro schwer ist.
Kathrin Schömer
Zum Thema:
Informationsseite des City-Hof e.V.: www.city-hof.org
Auf Karte zeigen:
Google Maps
Zu den Baunetz Architekt*innen:
KPW Papay Warncke Vagt Architekten
Kommentare:
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Die vier Scheibenhochhäuser des City-Hofes im jetzigen Zustand.
Sieger des Wettbewerbes für einen Neubau am Klosterwall: KPW Papay Warncke und Partner, Hamburg.
Einer von zwei zweiten Plätzen ging an E2A, Piet Eckert und Wim Eckert Architekten, Zürich,
der andere an RAFAEL MONEO arquitecto, Madrid.
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