Auf 1,3 Hektar Fläche in idyllischer Waldlage bietet das regionalgeschichtliche Kreismuseum Syke in Niedersachsen nicht nur ländliche Architektur aus dem 16. bis 19. Jahrhundert, sondern auch einen flachen Ausstellungsbau aus dem Jahre 1978. Das 1937 gegründete Museum entwickelt sich über die Jahrzehnte beständig weiter: In diesem Frühjahr hatte der Landkreis Diepholz einen Realisierungswettbewerb für einen Neubau ausgelobt, der das komplexe Emsemble ergänzen soll.
Anlass für den Wettbewerb war ein archäologischer Fund unweit der Stadt Syke. Der „Gesseler Goldhort“ aus der Bronzezeit tauchte während der Bauarbeiten an der Nordeuropäischen Erdgasleitung (NEL) im April 2011 auf. Neben dem Fund selbst widmet sich die zukünftige Ausstellung den angewandten Forschungs- und Ausgrabungsmethoden. Im Sinne des Museumskonzeptes, Geschichte für die ganze Familie erlebbar zu machen, soll zudem ein „Forscherlabor“ entstehen, in dem Museumsgäste selbst tätig werden können. Beteiligt hatten sich an dem offenen Verfahren deutlich über 100 Büros. Die Jury unter Vorsitz von Christian Schmitz aus Münster, in der Architekten aus der Region sowie aus ganz Deutschland vertreten waren, vergab folgende Preise und Anerkennungen:
- 1. Preis: Freitag Hartmann Architekten, Berlin
- 2. Preis: fehlig moshfeghi architekten, Hamburg
- 3. Preis: HEP Architekten, Buxtehude
- Anerkennung: Chiara System, Berlin
- Anerkennung: Li-Pe Architekten, Stuttgart
- Anerkennung: Krampulz Meyer Architekten, Stuttgart
- Anerkennung: Ferdinand Heide Architekt, Frankfurt am Main
Den mit 8.000 Euro dotierten ersten Preis hat eine expressive Backsteinskulptur des Berliner Büros
Freitag Hartmann Architekten gewonnen. Nach einem
Blockheizkraftwerk und interessanten
Schulprojekten werden sie nun die historischen Museumslandschaft ergänzen. „Alleinstellungsmerkmal dieses Entwurfs ist die selbstständige Kubatur des Monoliths, der sich einerseits heraushebt, den Bestand überhöht und es andererseits schafft, sich in das Museumsensemble nicht zuletzt über seine bewusste Materialwahl einzufügen.“, betonte die Jury.
Tatsächlich stellt der Ziegel die deutlichste Verbindung zwischen dem flächenintensiven Siebzigerjahrebau und einzelnen älteren Häusern dar. Der Neubau wird sich in seiner Kubatur wieder stärker auf die Solitäre früherer Zeiten beziehen. Die Anwendung des Materials wird aber, wie auch schon im Fall des Flachbaus, auf zeitgenössische Weise stattfinden. Insofern dürfte spannend werden, wie sich die unterschiedlichen Architekturen im Ergebnis zueinander verhalten. Die Jury empfahl eine Überarbeitung im Hinblick auf die Positionierung im Bezug zum Bestand und im Gelände.
Der 2. Preis ging an
fehlig moshfeghi architekten. Ihr Entwurf bringt zwei Hauptfunktionen des Erweiterungsbaus in zwei separaten Baukörpern unter, die nach Meinung der Jury die „Perlenkette“ der historischen Bauten in „Körnung und Dynamik schlüssig fortführen“ und eine „Weiterentwicklung des Museumsareals in Form eines frühzeitlichen Dorfes“ darstellen. Angesichts der aufwendig filigranen Fassadenkonstruktion wurde allerdings die Einhaltung des Kostenrahmens von rund 1,5 Millionen Euro bezweifelt.
HEP Architekten aus Buxtehude präsentierten einen Baukörper mit Satteldach und Holzlamellenfassade, dessen Giebelseiten verglast sind. Die Jury lobte die entstehende Beziehung zwischen Innen und Außenraum: „Die umgebende Landschaft fließt in den Ausstellungsbereich und lenkt die Blicke auch hinaus in den Wald.“ Dem Baukörper wurde eine „klare und ausdrucksstarke
Gestik“ zugesprochen. Man sah die „Schwachstelle in der gewählten Dimensionierung“: Das „Motiv einer Werkhalle“ entspräche der Thematik der Ausstellung „nicht vollends“.
Vier Lösungen wurden mit einer Anerkennung bewertet: Der von
Atelier Chiara vorgeschlagene Anbau ähnelt in der Kubatur dem erstplatzierten Entwurf. Die innere Organisation sei hier gelungen, jedoch nicht der Bezug zum Außenraum, erklärte die Jury. Der Kubus von
Ferdinand Heide wurde als Weiterführung des bestehenden Museumsbaus im Volumen gelobt und für zu starre Grundrisse kritisiert. Die Nord-Süd-Ausrichtung des Satteldachhauses von
Krampulz Meyer Architekten wurde ebenfalls für interessant befunden, jedoch die Einbindung in Landschaft und Bestandsarchitektur als nicht ausreichend bewertet. Einen guten Anschluss an den Architekturbestand, aber mangelnde Eingliederung in das Gelände bietet nach Jurymeinung der Entwurf von
Li-Pe-Architekten.
Der Neubau mit 400 Quadratmetern auf zwei Geschossen soll nach Möglichkeit schon im nächsten Jahr begonnen und im Jahr darauf fertig gestellt werden. Die Kosten werden hauptsächlich durch Spenden getragen. So kann der spektakuläre Goldschatz aus dem Hannoverschen Landemuseum, wo er im Rahmen der Archäologie-Ausstellung
Im Goldenen Schnitt gezeigt wurde, wieder zurück nach Syke gelangen.
(dd)
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Doris | 01.03.2020 17:50 UhrNeubau für Gesseler Goldhort
Der Neubau passt absolut nicht in die Architektur des Kreismuseums Syke, eine Verschwendung von Baumaterialien und Fläche.