Am 18. Februar 2014 eskaliert die Situation. Meterhohe Barrikaden, schwarze Rauchsäulen, Waffen im Anschlag. Blau-gelbe Fahnen im Wind. Für zwei Tage herrschen kriegsähnliche Zustände auf dem Maidan, Kiews zentralem Platz, wo ukrainische Polizisten proeuropäischen Demonstranten gegenüberstehen.
Seit dem letzten November waren Hunderttausende Ukrainer auf die Straße gegangen – aus Protest gegen die Politik von Wiktor Janukowytsch, gegen sein Ansinnen, das Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union nicht zu unterzeichnen und sich stattdessen Russland zuzuwenden. Es kommt zum Umsturz. Die proeuropäischen Kräfte zwingen die Regierung trotz massiver Gegenwehr in die Knie. 107 Menschen lassen in diesen Februartagen ihr Leben.
Ein nationaler Gedenkort soll nun an sie erinnern. An die Heavenly Hundred Heroes, die hundert himmlischen Helden, wie sie in der Ukraine genannt werden. Mitten in Kiew, nur einen Steinwurf vom Maidan entfernt, soll das National Memorial for the Heavenly Hundred Heroes entstehen, sich einige hundert Meter bis zum Unabhängigkeitsdenkmal hinaufziehen. Bauen wird es MIstudio (Lviv/Rotterdam), die sich im einstufigen, international besetzten Wettbewerb gegen 65 Mitbewerber aus 12 Ländern durchgesetzt haben.
- Preis: MIstudio, Lviv/Rotterdam
- Preis: blauraum Architekten , Hamburg
- Preis: Atelier . Schmelzer . Weber, Dresden mit Andreas Theurer, Mittelwalde
Anders als im Fall
der Berliner „Einheitswippe“ kam man in Kiew in wenigen Monaten zu einem Ergebnis. Pünktlich zum vierten Jahrestag der Revolution präsentierte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko die Preisträger. Der Ort würdige diejenigen, die „ihr Leben gaben, um die Tyrannei zu stoppen und im Kampf für die Ukraine zu gewinnen“, hieß es in seiner Rede.
Es sei eine einfache, aber inspirierte und poetische Reflexion der dramatischen Ereignisse, lobte die international besetzte Jury, in der neben dem ukrainischen Kulturminister, den obersten Städteplanern von Kiew, Lviv und Dnipro sowie dem Journalist und Menschenrechtler Myroslav Marynovych auch
Matthias Sauerbruch (Sauerbruch Hutton/Berlin),
Guido Hager (Hager Partner/Zürich),
Rainer Mahlamäki (Lahdelma & Mahlamäki Oy/Helsinki) und
Maciej Miłobędzki (JEMS Architekci/Warschau) saßen.
Der Entwurf strahle Stärke und Stolz aus, biete Räume der Kontemplation, Orte der Erinnerung und Trauer, mit dem Park aber auch einen Ort der Leichtigkeit, so die Jury. Zudem zeigen
Iryna Volynets und
Mariya Protsyk eine große Sensibilität bei der Wahl von Symbolen und eine respektvolle Haltung gegenüber der Interpretation der Helden als Leitthema.
Das landschaftsplanerische Memorial ist aber erst der Anfang. Teil zwei des von
[phase eins] organisierten Wettbewerbs umfasst das künftige
Revolution of Dignity Museum, dessen Sieger im Juni gekührt werden wird. Sechs Büros wurden kürzlich für die zweite Phase ausgewählt, ihr Entwurf soll das Memorial von MIstudio einbeziehen.
(kat)
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