Architekten als interdisziplinäre Erfinder und Forscher – bei diesem Wettbewerb durften sie es sein: Mit dem Wettbewerb „Umbau des ehemaligen Hermann-Tietz-Warenhauses in Plauen“ (später: Horten) sollte für die Verwaltung des Landkreises Vogtlandkreis „ein moderner innerstädtischer Verwaltungsbau errichtet werden, der unter Berücksichtigung der denkmalgeschützten Altbausubstanz optimale Arbeitsplatzbedingungen und nachhaltige Gebäudebewirtschaftung ermöglicht“. So stand es in der Auslobung, und zu diesem Zweck waren die Architekten verpflichtet, sich mit je einem Ingenieurbüro für Technische Ausrüstung und einem Ingenieurbüro für Tragwerksplanung zusammenzuschließen.
Die Jury unter Vorsitz von Claus Anderhalten kürte die Entwürfe dieser Büros:
1. Preis: Bolwin+Wulf Architekten, Berlin
2. Preis: Eller + Eller GmbH, Berlin
3. Preis: Junk & Reich GmbH, Weimar
Die Jury beurteilte die Siegerarbeit so: „Das städtebauliche Konzept ist geprägt von einem konsequenten und würdevollen Umgang mit der vorhandenen Bausubstanz sowohl am Postplatz als auch an der Forststraße. Diese Herangehensweise ist allerdings lediglich für das stadtbildprägende Gebäude am Postplatz bewahrend, wohingegen im Bereich der Forststraße auf Basis der strukturellen baulichen Substanz und mittels geschickter „chirurgischer“ Eingriffe ein völlig neues und zeitgemäßes Erscheinungsbild erzeugt wurde. Dieses Strukturkorsett verwenden die Verfasser auch geschickt zur Integration der Neubauteile an der Rädelstraße.
Die Anordnung der funktionalen Binnenstruktur ist klar gegliedert und zeigt gute und lesbare Grundrisse auf allen Ebenen.
Die Arbeit zeigt aufgrund ihrer konsequenten Umgangsweise mit dem Bestand ohne zeitgemäßes Bauen zu vernachlässigen, einen guten Beitrag zur gestellten Bauaufgabe, auch in Hinblick auf wirtschaftliche Bauweise und Betrieb.“
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
2
Martin Jungwirth | 02.08.2010 09:34 Uhr"Zeitgemäße" Architektur
Zeitgemäß... Es ist immer dieselbe Leier in diesen Jurytexten, irgendwann kann man's nicht mehr hören. Was genau ist denn "zeitgemäß"? Das, was uns Architekten und Städteplaner seit Jahrzehnten(!) dafür verkaufen wollen? Regionaluntypische Rasterkuben, die die europäischen Städte immer gleicher machen und Identität zerstören? Oder ist nicht eher die große Rekonstruktionswelle einhergehend mit angepasster historisierender Architektur zeitgemäß? Bundesweit von Potsdam über Dresden bis Frankfurt sträuben sich die Bürger gegen identitätlose und austauschbare Investorenarchitektur. Bis nach Plauen scheint zeitgemäßes Bauen jedoch noch nicht vorgedrungen zu sein, der 1.Preis ist an altbackener Banalität kaum zu überbieten. Was genau hat diese Rasterfassade mit Plauen zu tun? Woran erkenne ich, dass ich nicht in Dortmund oder Ulm bin?