Die Presse-Mitteilung titelt mit „Erinnerungsstätte EZB“ und kurz dachten wir, dass nun an Stelle des umstrittenen Neubaus für die Europäische Zentralbank (siehe BauNetz-Meldung vom 28. April) eine Gedenkstätte für eben jenen errichtet wird – doch weit gefehlt. Stattdessen geht es um die Ergebnisse eines zweiphasigen internationalen Wettbewerbs für eine Erinnerungsstätte an der Großmarkthalle, die an die über 10.000 jüdischen Bürger Frankfurts erinnern wird, die in dieser Halle zusammen getrieben und deportiert wurden. Erhalten ist hier neben den Resten der Gleisanlagen vor allem ein denkmalgeschütztes Stellwerk, das in die Entwürfe integriert werden musste. „Dies ist der Ort, an dem die Weichen in die Vernichtung gestellt wurden“, hatte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, Salomon Korn, über diesen Ort gesagt.
Aus 139 Arbeiten hatte die Jury im vergangenen Juli 20 Entwürfe für die zweite Runde ausgewählt, 19 folgten der Einladung zur Überarbeitung und am vergangenen Freitag wurden vom Juryvorsitzenden, dem Frankfurter Künstler Nikolaus Hirsch, nun die Ergebnisse der Jurydiskussionen, die sich statt auf einen ersten Rang auf drei Gleichplatzierte geeinigt hatte:
- Ein 1. Preis: LOOC/M Architekten (Frankfurt/M)
- Ein 1. Preis: Katzkaiser (Köln)
- Ein 1. Preis: bbzl Landschaften Städtebau (Berlin)
Ale drei – sehr unterschiedlichen – Entwürfe wurden von der Jury, zu der auch Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth und EZB-Chef Jean-Claude Trichet gehörten, für ihren sensiblen Umgang mit den erhaltenen Relikten gelobt. Während bbzl eine Gestaltung fast ohne weitere bauliche Ergänzungen vorschlagen, planen LOOC/M einen frei bewitterten Andachtsraum unter den Gleisen, der in Größe und Ausrichtung den historischern Kellerräumen nachempfunden ist.
Katzkaiser hingegen schlagen vor, den Sammelkeller unter dem Kopfbau der Großmarkthalle mittels einer offenen Rampe mit dem Grüngürtel am Main zu verbinden. In den Boden der Rampe würden die Erinnerungen eines Überlebenden eingraviert werden. „Die Einfachheit, die Unaufdringlichkeit und die Authentizität des Stellwerks vermeiden jede Schaustellerei und bringen die banalen Vorgänge des Schreckens ins Bewusstsein“, so die Jury.
Trotz der Verzögerung durch die Überarbeitung der „kleineren Kritikpunkte“, die es an allen drei Entwürfen gab, soll die Erinnerungsstätte „spätestens bis zur Eröffnung des EZB-Neubaus 2014“ realisiert sein, so die Stadt. Die Debatte über die künftige Gestaltung müsse vorerst weiter anhalten und sei so ein wichtiger Faktor der Erinnerungsstätte selbst. Fazit: Je intensiver die Debatte, desto besser die Ergebnisse. Ob sich diese Erkenntnis nicht auch auf den benachbarten EZB-Neubau übertragen ließe?
Zum Thema:
Jurybeurteilung der drei Preisträger auf www.main-frankfurter-osten.de