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07.01.2021

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Zylinder für NRW-Landtag

Wettbewerb in Düsseldorf entschieden


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Der Landtag von Nordrhein-Westfalen am Düsseldorfer Rheinufer wird erweitert, und die Freianlagen erhalten ein neues Konzept. Ende November 2020 wurde ein Wettbewerb entschieden, bei dem Entwürfe von Schulz und Schulz und r + b landschaft s architektur (Realisierungsteil) sowie von Kim Nalleweg Architekten und capattistaubach urbane landschaften (Ideenteil) siegten.

Von Friederike Meyer


Als das Landtagsgebäude von Nordrhein-Westfalen am Düsseldorfer Rheinufer 1988 eröffnete, gab es in NRW drei Fraktionen, und auch die parlemantarische Arbeit war noch eine andere. Eller, Maier, Walter + Partner hatten ein Ensemble aus Segment- und Kreisfiguren inklusive eines runden Plenarsaals entworfen. In der Balance zwischen Transparenz dort, wo die Öffentlichkeit am Alltag des Parlaments teilhaben kann, und Geschlossenheit dort, wo die Abgeordneten konzentriert arbeiten können, sahen damals viele das perfekte bauliche Bild für das Selbstverständnis der Demokratie. Doch das Haus ist längst zu klein geworden.

Inzwischen gibt es fünf Fraktionen im Landtag, sie arbeiten an mehreren Orten über die Stadt verteilt, die Mieten steigen kontiniuierlich. Ein weiterer Grund für den geplanten Neubau sind die umfangreicheren Aufgaben der Politik: mehr Kommunikation, mehr fachliche Zuarbeit, mehr Fachausschüsse. Die Belegung der Sitzungsräume stieg von 2.000 Buchungen im Jahr 2005 auf rund 12.000 im Jahr 2019. Nicht zuletzt beteiligen die Fraktionen des Landtags häufiger Sachverständige und Bürger*innen – 2019 allein in 200 Veranstaltungen. Schließlich will man mehr Besucher*innen, vor allem Kinder und Jugendliche.

Der Neubau soll neben dem bestehenden Landtag auf einem 7.000 Quadratmeter umfassenden Grundstück zwischen WDR-Studio und Rheinturm entstehen, das derzeit als Parkplatz genutzt wird. Parallel dazu bietet sich die Chance, die umliegenden Freiräume und den Bilker Bürgerpark weiterzuentwickeln. Der hat eine wichtige Vernetzungsfunktion für die angrenzenden Wohnquartiere und bildet das „grüne Eingangstor“ zum Medienhafen und zum Rhein mit seiner Uferpromenade und dem Parlamentsufer im Bilker Rheinpark.

Für die Planung des Erweiterungsbaus (Realisierungsteil) und ein freiraumplanerisches Konzept für den angrenzenden Bürgerpark (Ideenteil) hatten die Stadt Düsseldorf und der Landtag vor genau einem Jahr einen offenen, zweiphasigen hochbaulich-freiraumplanerischen Realisierungswettbewerb mit freiraumplanerischem Ideenteil und anschließendem VgV-Verhandlungsverfahren ausgelobt und das büro luchterhandt mit der Koordination beauftragt. Laut Auslobung sollten die Teilnehmer einen eigenständigen Bau nach DGNB Goldstandard mit eigenem Zugang und wetterfester Verbindung zum Bestand entwickeln, der als Teil des Landtags erkennbar ist; ein integriertes Fassadenkonzept erarbeiten und das Hochwasser bedenken. Für die Freiraumplanung galt es unter anderem, ein Nutzungsprogramm für den Bürgerpark aufzustellen, das Rad- und Fußwegenetz enger zu knüpfen sowie Ideen für ein innovatives Mobilitätskonzept zu formulieren.

Das Preisgericht unter Vorsitz von Jörg Aldinger befasste sich mit 34 Entwürfen, von denen neun in die engere Wahl gekommen waren. Ende November 2020 fiel die Entscheidung für nachstehende Rangfolge im Realisierungsteil:

  • 1. Preis (3. Preis Ideenteil): Schulz und Schulz Architekten (Leipzig), r + b landschaft s architektur (Dresden)

  • 2. Preis (1. Preis Ideenteil): Kim Nalleweg Architekten (Berlin), capattistaubach urbane landschaften (Berlin)

  • 3. Preis (2. Preis Ideenteil): RKW Architektur + Rhode Kellermann Wawrowsky (Düsseldorf), WKM Landschaftsarchitekten (Düsseldorf)

  • 4. Preis (4. Preis Ideenteil): Lorber Paul Architekten (Köln), Club L94 Landschaftsarchitekten (Köln)


Der Siegerentwurf von Schulz und Schulz und r + b landschaft s architektur denkt das Motiv des Bestandsbaus weiter. Vier runde, teils aufgeständerte Gebäude mit teilsolarisierten Glasfassaden und Dachbegrünung umschwingen die Südseite des ebenfalls runden Rheinturmsockels und erhalten viel Freiraum. Funktional könne der Entwurf sehr überzeugen, so die Jury. Die Verbindung aller Baukörper sowie zum Bestandsgebäude werde im 3. Obergeschoss hergestellt und damit ausgezeichnet an die Ebene des Plenarsaals mit Wandelhalle und an die Fraktionsbereiche angebunden. Die inneren Wege seien aufgrund des ringförmigen Erschließungssystems zwar lang, doch komme das Konzept ohne längere monofunktionale Korridore aus. Am siegreichen Konzept im Ideenteil von Kim Nalleweg Architekten und capattistaubach urbane landschaften lobte die Jury die Idee des Parlamenthains, der die bestehenden Freiräume Bürgerpark, Rheinpark Bilk und Medienhafen miteinander verbindet, auch die aus dem Stadtzentrum hierher führende Platanenallee angemessen abschließt und zu Medienhafen und Rhein umlenkt.

Der Landtag wird jetzt Verhandlungen über die Details des Vertrags mit dem Architekturbüro aufnehmen, heißt es in dessen Presseerklärung. Baubeginn könnte bereits Ende 2021 sein. Über die geplanten Kosten des Neubaus gibt es bisher keine Angaben.


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

7

Camillo Sitte... | 12.01.2021 17:46 Uhr

...kann sich den bisherigen Kommentaren nur anschließen...

Gut, der 1. Preis ist schön gerendert, aber ob eine Erweiterung einer fragmentierten Kreisform (die man immerhin mit weiteren Kreissegmenten erweitern könnte) unbedingt mit einer (bzw. vier) idealen Kreisform(en) ergänzt werden muss, i don´t know...

Dann schon lieber die Quadratur des Kreises, wie der 2. Preis es vorschlägt...

Aber wie schon meine Vorredner feststellten, so richtig überzeugen kann keiner der Entwürfe. Da sollte sich der Auslober vielleicht auch mal überlegen, woran es liegen könnte...

Zu Bild 13: Ganz in der Nähe stand übrigens schon einmal ein Gebäude mit einem ähnlichen Grundriss wie die Ebene des 1. Preises von Schulz und Schulz, nämlich das Auditoriums des denkmalgeschützten VHS-Studienhauses von Bernhard Pfau, welches seinerzeit dem Torhaus von Petzinka Pink weichen musste.

siehe baunetz_punkt_de/meldungen/Meldungen-Das_Studienhaus_in_Duesseldorf_wird_zerstoert_1233.html

Kosten? Sobald eine Zahl genannt wird, ist sie schon wieder überholt, was zumindest teilweise an den langwierigen Planungsprozessen beim Bauen für die öffentliche Hand liegt, insofern ist es schon verständlich, dass die Kosten seriös ermittelt werden müssen.

Wenn es dann doch zu teuer wird, entweder Bau stoppen (siehe Landtag Niedersachsen 2012) oder weiterplanen und steigende Kosten offen kommunizieren (und mit einer Erwähnung im Schwarzbuch leben (siehe Landtag RLP 2020)

6

Stefan Frischauf | 09.01.2021 15:45 Uhr

Städtebau und "Krisenmanagement"

@Pekingmensch: guter Einwand. Städtebaulich und "promenadentechnisch" wird hier zwar das bisherige Hindernis Parkplatz bebaut, aber die Schnittstelle zwischen den Promenadenteilen bleibt eher ungelöst.
Auch mit den Kreisen.
@Dr. Yikes: wie war das mit dem Architekten und dem Kreis noch mal?
@STPH: Wie meinen? Die Politik soll sich nicht den Medien anbiedern oder was?
@Dr. Zorro: guter Schenkelklopfer. Aber ist was dran. Krisenmanagement erfordert Umsicht und weniger "laissez-faire" Beratungsresistenz. Städtebau auch. Will sagen: wenn die Leute da nur in ihren Blasen leben und wenig von dem mit bekommen, was draußen eigentlich los ist, dann steigen die Kosten und die Qualität sinkt. Oder so ähnlich. Jedenfalls wird vieles verwässert.
@Hinrich Schoppe: "Mammutprojekte auf Steuerzahlerkosten". Diese Umsicht fehlt ja beim fragmentierten Städtebau wie dem dysfunktionalen Krisenmanagement aus Filterblasen heraus.
Ein "Status Quo Vadis", der auch bei diesem Projekt eher fragwürdig erscheint. Vielleicht, weil bei alleiniger Betrachtung der Form vieles vom Inhalt schon lange verloren gegangen ist?

5

Dr. Yikes | 08.01.2021 11:10 Uhr

Runde Sache

Gegen den Fernsehturm wirkt diese Abgeordneten-Tagesstätte ein wenig verloren.

Hier geht es immerhin um ein Bundesland mit einer Einwohnerzahl in Höhe der der skandinavischen Länder zusammengenommen.

Vielleicht müsste doch wieder Norman Foster übernehmen, Repräsentation können die deutschen 'Architekten' immer noch nicht.

4

STPH | 08.01.2021 08:08 Uhr

Alles Gute kommt von oben.


Von der Fernsehturmkanzel zum Ellerlandtag jetzt gelandet direkt unter dem Turm.

Viel fehlt nicht mehr. Die Politik strebt hin zum benachbarten WDR auf leichten Sohlen, dabei ist doch gerade hier Abstand geboten.

3

Pekingmensch | 08.01.2021 04:59 Uhr

Rheinuferpromenade

Ein grundlegendes Problem scheint hier etwas vergessen worden zu sein: Das Grundstueck liegt direkt am suedlichen Endpunkt der Rheinuferpromenade, am Verbindungspunkt zur Hafenpromenade (Medienhafen/ Gehry-Bauten). Der Uebergang zwischen diesen beiden staedtebaulich sehr wichtigen Promenaden ist jetzt schon nicht gut geloest und wird durch den Neubau auch nicht besser. In Zukunft muessen sich Fussgaenger und Radfahrer auf dem Weg zwischen Innenstadt und Medienhafen unter und neben den Neubauten hindurchquetschen. Ich finde, da waere eine starke verbindende Geste zwischen Stadt und Hafen besser gewesen - unter Einbeziehung des Fernsehturms als oeffentliches Bauwerk. Schade, dass eigentlich keiner der Wettbewerbsbeitraege dafuer eine ueberzeugende Loesung bietet.

2

Dr. Zorro | 07.01.2021 22:29 Uhr

"Über die geplanten Kosten des Neubaus gibt es bisher keine Angaben."

Der letzte Satz lässt einen schmunzeln.
@Hinrich Schoppe: alles richtig.

Beim Sommerfest der Architektenkammer NRW in der "wunderschönen Scheißstadt" nach Lore Lorentz, Begründerin des "Kom(m)ödchens" im Jahre 2019, als die Zukunft trotz Fukuyamas "Ende der Geschichte" noch unmaskiert war begegnete ich einem mir bekannten Landtagsabgeordneten. Ich war ja damals auch noch Mitglied dieser Partei.
Seine Stehtisch-Bezugsgruppe hatte ihn gerade verlassen. Er sprach mich an und begann zu erzählen, wie schlimm das doch derzeit mit der Afd sei, dass seine Angestellten da teilweise Angst hätten. Ich empfahl ihm, seinen Angestellten Kampfsport anzuraten. Ist ja alles defensiv und vor allem: wehrhaft. Auch guter mentaler Schutz also.
Dann schilderte er stolz, dass er ja in der Jury für die Landtagserweiterung sei. Man sei gerade bei der Auswahl des Projektsteuerers. Baubeginn 2021. Ich sah ihn erstaunt an und fragte ungläubig nach: "Baubeginn 2021?" Er nickte. Ich lachte und fragte nach Raumbuch etc. War wohl alles noch in der Mache. Hm. Ich lachte nochmals und sah ihn an: "Baubeginn frühestens 2025, Kosten dann Faktor 2-3 gegenüber den ursprünglich (an-)gedachten Baukosten". Dann holte ich kurz Luft und sagte: "Bei der Elbphilharmonie, die ja wirklich ein Klasse-Gebäude da in Hamburg ist endete das mit Faktor 8. Und wenn -" ich weiß nicht, ob ich noch von WIR, also jener Partei, deren Mitglied ich damals noch war, oder von "IHR" gesprochen habe, also - "wenn man als Sozialdemokratie noch Wähler gewinnen wollte, dann müsste man darauf drängen, dass 1/3 der Tickets der Elbphilharmonie für niedrige Einkommen, ca. 12-15 € reserviert sei und / oder 2 hochkarätige Freikonzerte im Jahr stattfänden."
Na ja. Die Miene des Landtagsabgeordneten, der den freien Getränken da schon ganz gut zugesprochen hatte, hatte sich etwas verkrampft. Er konnte gerade noch herauspressen, dass er dringendst mal das Bier zu Wasser lassen musste und wech war er.

1

Hinrich Schoppe | 07.01.2021 19:24 Uhr

Geht in Ordnung

Auf Schulz und Schulz ist Verlass.
Das geht so in Ordnung; die Anleihe beim Vorgänger erscheint mir gelungen und für mich gelungener als alles, was die anderen Preisträger degegen stellen.

Über den grundsätzlichen Sinn solcher Mammutprojekte auf Steuerzahlerkosten in Zeiten des permanenten home-office kann man streiten.

Aber vielleicht erlegen die zukünftigen völlig klammen öffentlichen Kassen das Projekt sowieso aus eben jenen Gründen, denen wir das home-office zu verdanken haben....

 
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1. Preis (3. Preis Ideenteil): Schulz und Schulz Architekten (Leipzig), r + b landschaft s architektur (Dresden)

1. Preis (3. Preis Ideenteil): Schulz und Schulz Architekten (Leipzig), r + b landschaft s architektur (Dresden)

2. Preis (1. Preis Ideenteil): Kim Nalleweg Architekten (Berlin), capattistaubach urbane landschaften (Berlin)

2. Preis (1. Preis Ideenteil): Kim Nalleweg Architekten (Berlin), capattistaubach urbane landschaften (Berlin)

3. Preis (2. Preis Ideenteil): RKW Architektur + Rhode Kellermann Wawrowsky (Düsseldorf), WKM Landschaftsarchitekten (Düsseldorf)

3. Preis (2. Preis Ideenteil): RKW Architektur + Rhode Kellermann Wawrowsky (Düsseldorf), WKM Landschaftsarchitekten (Düsseldorf)

4. Preis (4. Preis Ideenteil): Lorber Paul Architekten (Köln), Club L94 Landschaftsarchitekten (Köln)

4. Preis (4. Preis Ideenteil): Lorber Paul Architekten (Köln), Club L94 Landschaftsarchitekten (Köln)

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