Die sprechende DDR-Bildzeichenarchitektur der Sechzigerjahre wurde rückblickend gern verspottet. In Jena sollte ein „Fernrohr“, in Rostock ein Segelhochhaus und in Magdeburg ein Turm wie aus Maschinenschrauben entstehen. Im Vergleich zum Y-House oder dem Kasernenumbau in Mannheim von MVRDV erscheint ihre Plakativität jedoch geradezu moderat. Auch die von Herzog & de Meuron für Berlin geplante „Kulturscheune“ setzt ein bildstarkes und zugleich kryptisches Zeichen.
Mit dem kürzlich entschiedenen Neubauwettbewerb für ein Hallenbad im schweizerischen Dübendorf erreicht der Bildzeichen-Trend nun auch ein Land, dessen Architektur als gut detailliert und konzeptstark, aber weniger als plakativ bekannt ist. Die Stadt Dübendorf bei Zürich wollte ein neues Schwimmbad, das sich „durch betriebliche und gestalterische Alleinstellungsmerkmale von den anderen Bädern in der Region abhebt“. Im Ergebnis einer Machbarkeitsstudie entschied man sich für eine Ergänzung des bestehenden Freibades und lud fünf Teilnehmer zum Architektenwettbewerb.
Folgende Preise wurden vergeben:
- 1. Rang: Markus Schietsch Architekten und Archobau (Zürich) mit Landschaftsarchitekt Lorenz Eugster
- 2. Rang: illiz architektur und b+p baurealisation (Zürich) mit PR Landschaftsarchitektur (St. Gallen)
- 3. Rang: Joos&Mathys Architekten (Zürich) mit PR Landschaftsarchitektur (St. Gallen)
- Ohne Rang: weberbrunner architekten (Zürich) mit Balliana Schubert Landschaftsarchitekten
- Ohne Rang: Scheitlin Syfrig Architekten (Luzern) mit Landschaftsarchitekt
Die Einreichung von
Markus Schietsch Architekten und
Archobau (1. Rang) erinnert an den Entwurf von HdM für das Museum des 20. Jahrhunderts: Unter dem stark geneigten Dach einer Großform werden alle Funktionen realisiert und auch hier führt eine Passage durch das Haus. Im Gegensatz zum Berliner Stadtzentrum seien in Dübendorf „Analogien zu großmaßstäblichen Landwirtschafts- oder Hangarbauten dem Ort nicht fremd“, urteilte die Jury.
Vor der Gliederung eines möglichen Stadtraumes um das Gebäude steht auch hier das innere Erleben: Kleine, runde Öffnungen im Dach erwecken in der Halle den Eindruck eines „Blätterdaches“, das die „Bewegung im Bad“ zu einem „Waldspaziergang“ macht. Durch „ein spannungsvolles Spiel mit der Vertikalität schlanker Stützenkolonaden und der dahinterliegenden Baumkulisse“ sollen die Grenzen zwischen innen und außen aufgehoben werden.
Während der Erstplatzierte die weitläufige Grünanlage von der Straße abschirmt, versucht der Entwurf von
illiz architektur und
b+p baurealisation (2. Rang) das Gegenteil: Der aus mehreren Kuben zusammengesetzte Baukörper steht mitten im Freibad und bemüht sich um eine „behutsame kontextuelle Einbettung“, so die Jury. Sie wünschte sich allerdings „mehr Mut zu einer eigenständigen und architektonischen Form mit starkem Emotionsmoment“.
Nicht überzeugen konnte die Jury die monumentale Rotunde des „Wasserturms“ von Scheitlin Syfrig Architekten, die „beengte räumliche Verhältnisse“ zu den Außenbecken schaffe. Zudem wurde der Widerspruch der orthogonalen Raumorganisation zur äußeren Erscheinung kritisiert.
Joos&Mathys Architekten (3. Rang) schlagen einen langen, geknickten Bau mit leicht geneigtem Dach vor, der städtebaulich überzeugte. Kritisiert wurde allerdings die abweisende Geschlossenheit der Eingangsfassade unter dem verglasten Obergeschoss.
Die eingeschossige, abgestufte Bäderlandschaft, die
weberbrunner architekten unter einem großen, rechteckigen Dach zusammenfassen, war der Jury offenbar zu leise. Die verspiegelte Unterseite des Daches sollte die Landschaft in den Innenraum „hereinspiegeln“. Doch „inwieweit es gelingt, durch die aufwendig materialisierten Oberflächen wie zum Beispiel der spiegelnden Metalldecke und dem Natursteinboden, die gewünschte Freizeit- und Erholungsatmosphäre zu erreichen, bleibt offen.“
(dd)
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LAMAA | 11.05.2017 18:23 UhrES LEBE DAS SATTELDACH
Richtige Entscheidung; die anderen Beiträge, außer Rang 2 sind erschreckend!
Dass solche Büros überhaupt zum Wettbewerb eingeladen werden, verstehe ich nicht.