Eingraben oder überbrücken, manchmal ist die Zahl möglicher Lösungen überschaubar. Das Ethnografische Museum in Budapest ist eines der größten europäischen Museen dieser Art. Seit Jahrzehnten residiert die Institution im früheren Justizpalast, der 1896 von Alajos Hauszmann errichtet worden war. Im Rahmen der Liget-Initiative soll nun ein Neubau entstehen, der sich zu Sou Fujimotos Musikhaus und SANAAs Ludwig Museum gesellt. Die Lage am zentralen Eingang des Stadtparks scheint alle Finalisten des kürzlich entschiedenen Wettbewerbs zu einer der beiden eben erwähnten Lösungen inspiriert zu haben. Gewonnen hat das Budapester Büro NAPUR architect, dessen Gebäude wirkt, als habe man eine geschwungene Wippe teilweise im Boden versenkt. Das Ergebnis im Überblick:
- 1. Preis: NAPUR architect, Budapest
- 2. Preis: Sauerbruch Hutton, Berlin
- 3. Preis: Bjarke Ingels Group, Kopenhagen
Finalisten:- Coop Himmelb(l)au, Wien
- Dominique Perrault Architecture, Paris
- Architecture Studio, Paris
- KÖZTI Architects & Engineers, Budapest
- Balázs Mihály, Budapest
- Bánáti + Hartvig Építész Iroda und TÉR Alkotó Stúdió, Budapest
- Bernard Tschumi Architects, Paris
- Zaha Hadid Architects, London
- EAA Emre Arolat Architecture, Istanbul
- gmp ˇ Architekten von Gerkan, Marg und Partner, Hamburg
Weshalb überhaupt nur wenige Entwurfsstrategien in Frage kamen, wird deutlich, wenn man sich das Baugrundstück näher betrachtet. Am Rande des vom Lübecker Landschaftsgärtner Christian Heinrich Nebbien gestalteten Stadtparks gelegen befindet sich ein rechteckiger Platz, der früher für Paraden genutzt wurde. Mittig endet dort eine Allee, die den Park mit der Stadt verbindet. An eine komplette Überbauung des Platzes war also nicht zu denken, zumal sich dort auch das zentrale Denkmal für den Volksaufstand von 1956 befindet. Während Büros wie Sauerbruch Hutton, Coop Himmelb(l)au, Dominique Perrault oder Bernard Tschumi darum ihre Gebäude tiefer legen, bevorzugen BIG, Zaha Hadid Architects, gmp oder KÖZTI torartige Baukörper.
Das Gewinnerprojekt von
NAPUR votiert für eine bodennahe Konfiguration. Einerseits bleibt der Platz mit dem Denkmal in seinen Grundzügen erhalten, andererseits aber auch deutlich transformiert, weil die ansteigenden seitlichen Flügel des Museums zu Terrassen werden. Das Denkmal wird so zum Mittelpunkt einer neu geschaffenen Bühne, was zumindest hinsichtlich des Außenraums überzeugt. Ob das resultierende Gebäude aber auch als Museum geeignet ist, wird sich erst noch zeigen müssen. Zumindest im Schnitt sieht es so aus, als ob Form und Inhalt noch nicht wirklich zueinander gefunden haben.
Noch ein weiteres räumliches Element teilen übrigens viele der Projekte: In fast allen Visualisierungen tauchen gebäudehohe Regalsysteme auf, mit denen beliebige Artefakte in ornamentale Wanddekorationen verwandelt werden können. Zeigen sich hier leidglich ein aktueller Trend des Ausstellungsgeschäfts oder waren solche inszenatorischen Ansätze womöglich sogar von den Auslobern gefordert? Das Museum wird so jedenfalls zu einem Ort, der an das Abhollager eines schwedischen Möbelmarkts erinnert.
(sb)
Zum Thema:
www.ligetbudapest.org
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Stefanie Meyer | 20.05.2016 21:15 UhrWettbewerb
Sieht stark nach Osteuropäischem Alibi-Wettbewerb aus. In Polen, Ungarn etc. braucht man nicht teilzunehmen. Die Gewinner stehen schon vorher fest.