Moralisch ist es ein heikles Terrain: Der Bendlerblock in Berlin wird seit 1914 als Sitz deutscher Militäreinrichtungen genutzt, zwei Weltkriege wurden von hier aus geführt. Doch der Ort ist nicht nur ein Fluch der Geschichte. Heute sitzt ein Teil des Bundesverteidigungsministeriums im grauen Muschelkalk-Bau an der Spree, nach wie vor werden von hier aus Militäreinsätze geplant. Seit 2014 steht an diesem schwierigen Platz in Berlin ein Ehrenmal für die gefallenen Soldaten aus der jüngeren Geschichte der Bundeswehr. Nun soll es neben der bestehenden Gedenkstätte von Andreas Meck (München) einen neuen Ort der Dokumentation geben. Das Bundesamt Bauwesen und Raumordnung hat für dieses Vorhaben im Juli einen Wettbewerb ausgerufen.
Als „Raum der Information“ recht nüchtern betitelt, soll dieses Gebäude eine herausfordernde Aufgabe erfüllen: Es soll Dokumentationsort, Stätte zur „Bildung eines Traditionsverständnisses“ der Bundeswehr und Raum der Trauer gleichzeitig sein. Die Jury unter Vorsitz der Architektin Ursula Wilms (Aachen/Berlin), entschied sich am 16. Oktober 2015 zunächst zwei 2. Preise zu vergeben, von denen in einem weiteren Verfahren ein Gewinnerentwurf ausgewählt werden soll. Peter Bastian Architekten aus Münster und TRU Architekten und Generalplaner aus Berlin sind in dieser Endauswahl.
TRU Architekten und Generalplaner schlagen einen Pavillonbau aus Sichtbeton vor, der in unmittelbarer Nähe zum Ehrenmal der Bundeswehr positioniert ist und ihn städtebaulich ergänzt. Ein gefächertes Dach aus Flachstahl bricht die strengen Wandflächen auf. Der Vorschlag des Berliner Büros nimmt die Gebäudetiefe des Ehrenmals auf, schließt mit einem Außenraum an und wahrt den räumlichen Abstand, ohne sich solitärhaft von ihm abzusetzen.
Peter Bastian Architekten hingegen stellen sich in Zusammenarbeit mit der Ausstellungsagentur Dr. Ulrich Hermanns Ausstellung Medien Transfer, den Informationsraum aus zwei parallelen, gegeneinander verschobenen Wandscheiben vor. Auch das Münsteraner Büro orientiert sich in der Volumetrie am bereits bestehenden Ehrenmal: Die Höhe leitet sich von seiner Öffnung des zur Hildebrandstraße ab und die Lage der beiden Betonscheiben ergibt sich aus den beiden Wandfluchten von Ehrenmal und Wachgebäude. Auf diese Weise schließt der Entwurf von Bastian Architekten die nördliche Ecke des Paradeplatzes ab und vermittelt städtebaulich die unterschiedlichen Gebäudefluchten. (sj)
Zum Thema:
www.bbr.bund.de
Stille Wunden: Mit dem Titel widmet sich die Baunetzwoche#417 der schwierigen Frage, wie Gedenken und Erinnern in eine architektonische Form gefasst werden können