Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche am Breitscheidplatz ist eines der eindrucksvollsten Mahnmale gegen Krieg und Zerstörung in Berlin und weit darüber hinaus. 1895 eingeweiht, wurde sie im Zweiten Weltkrieg schwer zerstört. Nach dem Krieg sollte Egon Eiermann das Ensemble komplett neu bauen. Doch öffentliche Proteste führten dazu, dass der von der Bombardierung schwer gezeichnete Alte Turm des evangelischen Gotteshauses von Franz Schwechten stehen blieb. Seit langem ist es genau dieser Kontrast von Nachkriegsmoderne und kaiserzeitlicher Ruine, die den Ort so symbolträchtig macht.
Krieg und Zerstörung, Erinnern und Versöhnen wurde über die Jahrzehnte zum zentralen Themenkomplex der Kirche. Diesem ist auch die Ausstellung in der sogenannten Gedenkhalle im Erdgeschoss des Alten Turms gewidmet, die zur 750-Jahrfeier Berlins 1987 eingerichtet wurde.
Da die Ausstellung in vielerlei Hinsicht nicht mehr den heutigen Anforderungen genügt, wurde Anfang des Jahres ein Wettbewerb „Ausstellungsneuplanung und -erweiterung im Alten Turm der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche“ ausgelobt, den heneghan peng architects (Dublin) mit Ralph Appelbaum Associates (Berlin) gewannen. Insgesamt zeichnete das Preisgericht unter Vorsitz von Matthias Sauerbruch auf seiner Sitzung am 7. September drei Entwürfe aus:
Durch das Umbauprojekt wird der Alte Turm auf ganz neue Art zugänglich und erlebbar, denn der Ausstellungsbereich wird auf die beiden oberen Ebenen des Turms erweitert, so dass sich die bespielbare Fläche von jetzt 200 auf 500 Quadratmeter erweitert. Darüber hinaus soll eine Treppe bis hinauf in die Turmspitze führen. Zum Umgang mit dem Bestand schreibt die Ausloberin: „Neben der allgemeinen Erwartung, Eingriffe in die Bausubstanz zu minimieren beziehungsweise mit größter Sensibilität zu planen, liegt das besondere Augenmerk aus denkmalpflegerischer Sicht auf dem Ziel des Erhalts der Wirkung des Gebäudes als Ruine in ihrer konservierten Form, sowohl im Stadtraum aus den relevanten Sichtachsen als auch aus der Nähe und durch den Besuch der Ausstellung im Inneren.“
Traut man dem wenigen, bisher veröffentlichten Plan- und Bildmaterial, werden die Besucher*innen nicht zuletzt spektakuläre Durch- und Ausblicke erleben. Im Wettbewerb ging es freilich um ein ganzheitliches Konzept, von der Klärung der Eingangssituation bis zur Inszenierung der eigentlichen Ausstellungsobjekte.
Laut
Tagesspiegel wird der Umbau zu 90 Prozent durch Mittel aus dem Fördertopf „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ des Berliner Senats gedeckt. Die restlichen zehn Prozent wird die evangelische Landeskirche beisteuern. Bis zum Ende des Jahres sollen die Planer*innen beauftragt werden. Ein konkretes Fertigstellungsdatum wurde noch nicht genannt.
Das Verfahren wurde als nichtoffener, interdisziplinärer und anonymer Planungswettbewerb in zwei Phasen mit vorgeschaltetem, offenem Teilnahmewettbewerb nach RPW 2013 ausgelobt. Insgesamt nahmen acht Teams teil. Bauherrin und Ausloberin des Wettbewerbs ist die Stiftung Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Sie ist Erbbauberechtigte des Grundstücks und Eigentümerin des Gebäudeensembles. Die Betreuung des Wettbewerbs erfolgte durch das Berliner Büro
[phase eins].
(gh)
Zum Thema:
Die Ausstellung aller Arbeiten beider Wettbewerbsphasen findet noch bis Donnerstag, 26. Oktober 2023 im Foyergebäude der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche (Breitscheidplatz, 10789 Berlin) statt. Die Ausstellung ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, am Sonntag erst ab 11.30 Uhr.
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jakt | 24.10.2023 12:42 UhrUnfall der Moderne?
@7
ich hoffe auf Ironie ihrerseits.