Nordwestlich der Innenstadt von Offenbach am Main, auf dem Gelände des ehemaligen Industriehafens, wird bereits seit Längerem ein knapp 26 Hektar großes Stadtquartier entwickelt. Eines seiner Bausteine ist ein neuer Campus der Hochschule für Gestaltung (HfG), die von ihrem jetzigen Standort komplett dorthin verlagert werden soll. 2019 erwarb das Land Hessen ein circa 15.000 Quadratmeter großes Grundstück im Hafenviertel, auf dem mit Mitteln des hessischen Hochschulbauprogramms Heureka ein Neubau für die Kunsthochschule realisiert wird.
Für das bereits seit gut 15 Jahren diskutierte Projekt sind derzeit 140 Millionen Euro vorgesehen, davon 15 Millionen Puffer aufgrund der aktuellen Baukostenentwicklung. Wie in einer Pressemitteilung der HfG zu lesen ist, steht der HafenCampus nicht nur für eine Investition in die Zukunft des Kreativstandorts Hessen, sondern soll auch als städtebauliche Verbindung zwischen dem aktuell noch mietengünstigeren Kreativviertel Nordend und dem Main fungieren. Zudem würden so die bisher in der Innenstadt verteilten Werkstätten, Studios und Verwaltungsräume an einem Ort gebündelt.
In der Mitte 2022 veröffentlichten Auslobung für einen nichtoffenen, einphasigen Realisierungswettbewerb nach RPW wurden Entwürfe für ein rund 12.785 Quadratmeter umfassendes Raumprogramm mit Flächen für Lehre, Werkstätten, Studios, Büros, Aula, Mensa, Bibliothek und Tiefgarage sowie für ein Studierendenwohnheim mit 53 Einzelappartements und 12 Wohnungen auf circa 1.547 Quadratmetern gesucht. Das Kasseler Büro ANP Architektur- und Planungsgesellschaft betreute das Wettbewerbsverfahren.
Das Wettbewerbsgebiet umfasst zwei Baufelder, die durch eine öffentliche Grünfläche verbunden werden. Diese soll eine „Durchsicht“ vom Nordring zum Hafenbecken erlauben. Ergänzend zu den Hochbauten soll ein Freianlagenkonzept umgesetzt werden, das dem Campusgedanken und den unterschiedlichen Zonierungen entspricht. Für das Projekt ist eine „prozesshafte, robuste Architektur mit Werkstattcharakter“ gewünscht, deren Raumgrößen und Proportionen eine größtmögliche Nutzungsvielfalt bieten. Besonderes Augenmerk soll dabei auf der Nachhaltigkeit des Gebäudekomplexes liegen, da Hessen bis 2030 Klimaneutralität anstrebt.
Im Januar 2023 tagte die Jury unter Vorsitz von Kees Christiaanse und kürte unter 21 Einreichungen das Team der ARGE Xaveer de Geyter Architects (Brüssel) und Topotek 1 (Berlin) zum Gewinner. Zudem wurden drei weitere Plätze sowie zwei Anerkennungen verliehen. Insgesamt standen Preisgelder von 677.000 Euro zur Verfügung, wobei der erste Preis mit 130.000 Euro dotiert war.
Die Platzierung im Detail:
Das Gewinnerteam organisiert die künftige HfG als kleine Stadt, bestehend aus zwei kompakten Baukörpern, die das Wohnheim integrieren. Ihre vierstöckigen Regalstrukturen umschließen blockartig einen grünen, langgezogenen Innenhof. Ein schräg kreuzender Freiraum schafft die öffentliche Passage zum Wasser. Den Campushof könne man schon jetzt Central Park Offenbach nennen, wird HfG-Präsident Bernd Kracke in einer Pressemitteilung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst zitiert.
Gelobt wurde außerdem die Offenheit der projektierten Architektur, deren Fassaden sowohl transparente als auch transluzente und opake Elemente enthalten. So sollen sich die den Innenhof rahmenden Ateliers großflächig zu ihm hin öffnen lassen. Dies entspreche in besonderer Weise dem geforderten Werkstattgedanken und vermittle zugleich Zusammenhalt, so Angela Dorn, Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst. Der HfG-Rundgang – traditioneller Höhepunkt des Studienjahres – werde sich in Zukunft um diesen grünen Campus herum abspielen.
Der Gewinnerentwurf wird nun in einer Machbarkeitsstudie auf seine Realisierbarkeit geprüft, die Bauarbeiten sollen frühestens 2026 starten. Auch die Zukunft der alten Hochschulgebäude ist noch ungeklärt. Kracke schlug dem Land Hessen die dauerhafte Nutzung als Atelier- und Start-Up-Standort vor. (da)
Zum Thema:
Alle zum Wettbewerb eingereichten Entwürfe können online eingesehen werden:
neuerhafen.com
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