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01.02.2023

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Identitätsstiftende Parkgaragen

Wettbewerb für Hamburg Oberbillwerder entschieden


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Ein probates, wenn auch umstrittenes Mittel gegen Wohnungsmangel sind Stadterweiterungen auf der grünen Wiese. In Hamburg befindet sich mit Oberbillwerder ein solcher, neuer Stadtteil für circa 15.000 Menschen derzeit in Planung. Eigentümerin der entsprechenden Fläche ist die IBA Projektentwicklungsgesellschaft, die bis Ende letzten Jahres noch von der jetzigen Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen Karen Pein (SPD) geleitet wurde. Zusammen mit Oberbaudirektor Franz-Josef Höing hat sie den Masterplan für Oberbillwerder nach Plänen von ADEPT (Kopenhagen) mit Karres en Brands (Hilversum/Hamburg) zuvor maßgeblich vorangetrieben.

Mit 118 Hektar Fläche ist es das zweitgrößte Stadtentwicklungsprojekt Hamburgs nach der HafenCity, die sich gut 12 Kilometer weiter nordwestlich befindet. Bislang gibt es hier benachbart von zwei anderen Stadterweiterungen nur Ackerfelder und Marschland. Östlich schließt die von 1967 bis 1970 errichtete Großwohnsiedlung Bergedorf-West an, südlich liegt jenseits der Trasse für Fern- und S-Bahn der Stadtteil Neuallermöhe. Künftig sollen hier bis zu 6.500 Wohnungen und 5.000 Arbeitsplätze entstehen.

Ausgerufenes Ziel ist die Entwicklung eines klimagerechten, urbanen Stadtquartiers. Wichtiges Element dabei sind die sogenannten Mobility Hubs. Hinter dem abstrakten Begriff verbirgt sich eine Mischung aus multimodaler Parkgarage für diverse Fahrzeuge und verschiedenen nachbarschaftlichen Nutzungsangeboten. Somit ist es eine Bauaufgabe, für die es bislang zwar wenige Vorbilder gibt, die aber mit Blick auf die Verkehrswende in Zukunft wohl öfter zum Gegenstand wird. Für Oberbillwerder sind vorerst elf Mobility Hubs als infrastrukturelle Knotenpunkte und Quartierszentren geplant. Um die öffentlichen Räume von ruhendem Verkehr freizuhalten, darf das private Auto nur in diesen Bauten geparkt werden. Von dort aus steigen die Bewohner*innen dann auf Fahrräder, den ÖPNV oder Sharing-Angebote um. Auch autonome Shuttlebusse stehen im Raum. Die jeweilige Wohnungstür soll nur maximal 250 Meter entfernt liegen.

Am heutigen Mittwoch, 1. Februar 2023 wurde das Ergebnis eines einphasigen offenen Hochbauwettbewerbs gemäß RPW 2015 für die ersten beiden Hubs (MH6 und MH7) bekannt gegeben. Ausloberin ist die IBA Projektgesellschaft, betreut wurde der Wettbewerb von C4C aus Berlin. Die Vorgaben für die zwei Bauten ähnelten sich größtenteils. Während MH7 aber für eine Beauftragung bis Leistungsphase 4 ausgeschrieben wurde, bildet MH6 nur einen Ideenteil. In der Jury waren unter anderem Pein und Höing vertreten, der die Projekte auf der Pressekonferenz mit großer Inbrunst vorstellte:

Mobility Hub 6:


Mobility Hub 7:


Beide Mobility Hubs sind im Masterplan innerhalb einer Ringstraße, die das zentrale Quartier des künftigen Stadtteils umgeben soll, vorgesehen. Als freistehende Baukörper sind sie jeweils an Quartiersplätzen angeordnet. In der Auslobung wird von „systemrelevanten“ und für die Nachbarschaft „identitätsstiftenden“ Bausteinen gesprochen. Entsprechend waren über einer Grundfläche von jeweils annähernd 2.400 Quadratmetern neben den Parkplätzen in den Obergeschossen auch öffentliche Nutzungen im Erdgeschoss sowie auf dem Dach einzuplanen.

Den Realisierungsteil MH7 konnten STLH Architekten aus Hamburg für sich entscheiden. Auf zusammengenommen circa 12.800 Quadratmeter Nutzungsfläche waren 303 Stellplätze, Gewerbeflächen für Geschäfte und ein Restaurant im Erdgeschoss sowie flexible Büroräume unterzubringen. Hinzu kommen rund 2.300 Quadratmeter auf der Dachebene, von denen ein Großteil für Retentionsflächen und Photovoltaikanlagen reserviert ist. Die Architekt*innen entwarfen einen luftigen Holzskelettbau mit großzügig auskragenden Geschossplatten, die entweder breite Balkone oder doppelgeschossige Innenräume bilden. Nördlich ist eine mit Pflanztrögen besetzte Fassade geplant, die südliche Ansicht wird von zusätzlichen Photovoltaikmodulen geprägt. Eine von außen sichtbare Wendeltreppe führt auf den öffentlich begehbaren Dachgarten. Als Richtwert für die Gesamtkosten wurden rund 6,8 Millionen Euro (KG 300-500) angesetzt.

Im Fall des Ideenteils für das geringfügig kleinere MH6 lag der Entwurf vom ebenfalls in Hamburg ansässigen Büro Spengler Wiescholek oben auf. Hierbei ging es neben den nachbarschaftlichen Angeboten um Vorschläge für automatisiertes Parken. Sinn und Zweck dessen ist die effizientere Unterbringung der Autos, weshalb die vorgegeben 297 Parkplätze deutlich überschritten werden sollen.

Für den gesamten Stadtteil wird ein Stellplatzschlüssel von 0,6 angegeben. Die vergleichsweise hohe Zahl – in der Hafencity sind es 0,4 pro Wohnung – war zuvor mit Blick auf das Label „Modellstadt Active City“ Anlass für Kritik. Naturschützer monieren zudem die Millionen Tonnen Sand, die für die Aufschüttung der weichen Böden in Oberbillwerder angeschafft werden müssen. Der Bebauungsplan soll bis 2024 abgeschlossen sein, der Hochbau ab 2027 beginnen. (mh)

[Anmerkung aus der Redaktion: Die Pläne wurden uns im Nachgang der Veröffentlichung zur Verfügung gestellt und nachträglich ergänzt.]



Zum Thema:

Die Pressekonferenz zum Wettbewerb kann auf Youtube nachgeschaut werden. Weiterführende Informationen zu den Planungen für Oberbillwerder sind auf der Website oberbillwerder-hamburg.de zu finden.


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

4

Hamburger | 02.03.2023 11:45 Uhr

Hamburg

Abgesehen von der schon angemerkten Ähnlichkeit der 3 Siegerentwürfe von Hub 7 ist auch interessant, dass es alles Hamburger Büros sind. Aber war ja anonym...nech?!

3

May | 02.02.2023 09:33 Uhr

Hypocrite

Ganz schön viel Fläche für so ein paar Einwohner, nicht besonders nachhaltig. Sprawl lässt grüssen, da hilft auch kein als Büro getarntes Parkhaus. Lieber kompakter, höher planen, dann braucht man gar kein Auto.

2

Albert Freistadt | 01.02.2023 16:16 Uhr

Nachtrag!

... und natürlich Bäume auf dem Dach!

1

Albert Freistadt | 01.02.2023 16:15 Uhr

Da braucht es ja fast keinen Wettbewerb mehr

Bei der Ähnlichkeit der Entwürfe von STLH, Spengler Wiescholek und KPW braucht es ja fast keinen Wettbewerb mehr. Jaja, alles sehr zeitgemäß - in Holz und großzügig verglast, mit außenliegenden, umlaufenden Galerien. Tipptopp! Das macht man wohl jetzt so. Für einen Wettbewerb wünscht man sich dann doch aber mehr Vielfalt, oder?

 
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