Das Neue Museum, die im letzten Jahr eröffnete James-Simon-Galerie und das für 2020 geplante Hochhaus an der Jannowitzbrücke – alles große Kultur- und Gewerbebauten in Berlins Mitte. Und allesamt entworfen von David Chipperfield Architects. Und nun? Baut das Berliner Büro bald fernab vom Zentrum: in Marzahn. Noch dazu sozialen Wohnungsbau.
Der Projektentwickler Laborgh Investment plant direkt am S-Bahnhof Marzahn, auf dem ehemaligen Betriebsgelände des Unternehmens Knorr-Bremse, das nebenan noch immer Bremssysteme produziert, ein weitgehend autofreies Quartier mit über 1.000 Wohnungen, 370 Studierendenwohnungen und rund 90.000 Quadratmeter Gewerbeflächen. An drei Ecken des neun Hektar großen Geländes sollen Hochhäuser – das höchste 146 Meter – entstehen, in der Mitte niedrigere Hofhäuser, dazwischen viel Grün. Die denkmalgeschützten Backsteinbauten, die größtenteils 1940–42 unter Leitung von Albert Speer für die Firma Hasse & Wrede – damals schon Teil des Knorr-Bremse-Konzerns – entstanden, wurden in den städtebaulichen Entwurf einbezogen. So soll beispielsweise die markante Tankstelle bleiben und in ein zweistöckiges einstiges Fertigungsgebäude Familienzentrum und Kita einziehen.
27 Büros hatten sich in einem offenen Wettbewerb für das Gutachterverfahren beworben, 20 von ihnen qualifizierten sich anhand eines Kriterienkatalogs zur Teilnahme. Die finalen drei Planungsteams wurden dann anhand von Referenzen in den Bereichen Nutzungsmischung von Wohnen und Gewerbe, lärmrobuster Städtebau, Umgang mit Bestand/ Denkmalschutz und Freiraum von einem Gremium aus Verwaltung und freien Architekt*innen ausgewählt. Diese drei erarbeiteten schließlich über fünf Monate Entwürfe in einem diskursiven städtebaulich-freiraumplanerischen Gutachterverfahren.
Am Ende bestimmten die neun Obergutachter*innen unter Vorsitz von James Miller Stevens (Stadt Land Fluss) den Sieger des Wettbewerbs: David Chipperfield Architects (Berlin) mit Wirtz International Landscape Architects (Schoten) konnten sich dabei gegen Christoph Kohl Architekten mit Fugmann, Janotta und Partner Landschaftsarchitekten (beide Berlin) und StudioVlayStreeruwitz (Wien) mit Hans-Hermann Krafft/WES Landschaftsarchitektur (Berlin) durchsetzen.
Überzeugt hat die Jury, dass mittels der Hof- und Hochhäuser eine prägnante Form geschaffen werde, die zudem für hohe Wohnqualität sorge. „Zugleich verbinden die an den Ecken positionierten Hochhäuser das Areal visuell mit der umgebenden Stadt“, so Miller Stevens. Vom öffentlichen Raum über Laubengänge bis zur einzelnen Wohnung würde ein unverwechselbarer Charakter geschaffen sowie gleichzeitig ein Nebeneinander von günstigem Wohnen und kurzen Wegen zur Arbeit ermöglicht.
Denn: 50 Prozent der Wohnungen sollen als sozialer Wohnungsbau realisiert werden, die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Howoge hat sie bereits erworben. Dass auf dem Gelände überhaupt Wohnungen entstehen, war dabei lange Zeit umstritten, gehörte die Fläche doch eigentlich zum Stadtentwicklungsplan „Industrie und Gewerbe“. Die 1.000 geplanten Wohnungen sind daher ein Kompromiss: Ursprünglich wollte der Projektentwickler, der das Gelände der Knorr-Bremse AG vor zwei Jahren abgekauft hat, 1.500 Wohnungen in Marzahn bauen. Der Baubeginn ist nun für 2022, die Fertigstellung für 2027 geplant. (kat)
Die Entwürfe aller drei Finalteilnehmer sind vom 17. bis 30. März 2020 im Einkaufszentrum Eastgate sowie vom 1. bis zum 17. April 2020 im Haus 10 auf dem Projektgelände, Georg-Knorr-Str. 4, 12681 Berlin, zu sehen.
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muffinman | 13.03.2020 08:48 Uhr@auch ein
"ich hätte vlaysteerowitz schon wegen augenbeleidigung aus dem wettbewerb geschmissen"
Ich find´s geil.