Ob beim lokalen Trinkwasserversorger oder beim global agierenden Mineralwasserunternehmen: Rundbögen oder Kreuztonnengewölbe scheinen bei Gebäuden für die Trinkwasserproduktion oder -förderung fest zum architektonischen Vokabular zu gehören. Die Reminiszenz an historische Trinkwasserbehälter und Assoziationen zu wassertragenden Aquädukten scheinen sich für Trinkwasserproduzenten besonders gut zu eignen. Vor allem, wenn repräsentative Nutzbauten realisiert werden sollen, die über ihre Fassade ihre Funktion weithin lesbar machen oder in Besucherzentren Firmenwerte kommunizieren – obwohl die meisten Corporate Architecture-Neubauten entsprechende Funktionen nur suggerieren. Auch im Wettbewerb, den die Berliner Wasserbetriebe für ein Betriebsgebäude mit Besucherzentrum und eine Sicherheitszentrale im Nordwesten Berlins auslobten, gewann ein Entwurf, der sich dieses Formenkanons bedient.
Von 1894 bis 2001 wurde im Wasserwerk Jungfernheide am Rande der Berliner Siemensstadt Wasser aus dem Tegeler See aufbereitet. Mit der Stilllegung 2001 wurde das 55 Hektar große Gelände der Berliner Wasserbetriebe für eine neue Nutzung verfügbar. Drei Neubauten – ein Betriebsgebäude, eine Sicherheitszentrale und ein Rechenzentrum – im nördlichen, bebauten Teil des Areals entlang der Motardstraße sollen einen Impuls für die nachhaltige Nutzung des Geländes setzen. Gefragt war ein Konzept, das den landschaftlichen Kontext des ausgeschriebenen Gebietes – geprägt durch die Wasserflächen offener Sicker- und Nachklärbecken und die Nebengewässer der Spree – reflektiert und das ökologische Selbstverständnis des landeseigenen Unternehmens in Gestaltungskriterien übersetzt: „Natürlichkeit, Leichtigkeit, Bewegung“.
Das besondere Interesse an einer hohen architektonischen Qualität und baukultureller Relevanz der Zweckbauten mag sich hier durch eine zukünftig potenziell öffentliche Nutzung des Areals begründen lassen. Es ist aber sicherlich auch die Folge eines baukulturellen, industriellen Erbes der unmittelbaren Umgebung: der weitläufigen Industrie- und Werksanlagen sowie der Großsiedlung Siemensstadt, die Teil des UNESCO-Weltkulturerbes „Siedlungen der Berliner Moderne“ ist.
Die Jury, der unter anderem Vanessa-Miriam Carlow, Hans-Joachim Paap, Carola Schäfers und Jens Hanisch angehörten, vergab folgende Preise:
- 1. Preis: Lehrecke Witschurke Architekten mit Albert Armbruster – Büro für Landschaftsarchitektur
- 2. Preis: Bez + Kock Architekten mit St raum a. Gesellschaft von Landschaftsarchitekten
- 3. Preis: FCP Fritsch & AllesWirdGut mit Landschaftsarchitekten Man Made Land
- 4. Preis: karlundp mit Landschaftsarchitekten TOPOS
Der Siegerentwurf von
Lehrecke Witschurke Architekten schlägt für das Betriebsgebäude zwei Baukörper vor: ein Bürogebäude mit Besucher- und Kundenzentrum an der Straße und eine Garage weiter südlich. Die Räume des öffentlichen Gebäudes organisieren die Architekten um zwei kleine Patios herum. Mit den Rundbögen, die die Fassaden im Erdgeschoss strukturieren, zitieren sie Aquädukte. Die Sicherheitszentrale wird als Leichtbau auf der existierenden Struktur und mit einer Verbindung zum benachbarten Laborgebäude geplant. Das Sockelbauwerk mit seinen Tonnengewölben wird integriert und bleibt in seiner Nutzung als Techniklager weitestgehend erhalten. Markante, in Kupfer gefertigte Fassadenlamellen artikulieren beide Gebäude als eine Einheit.
(df)
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