Seit über 1000 Jahren wird in der Saale-Unstrut-Region Wein angebaut. Gute Böden und ein vorteilhaftes Mikroklima machen es möglich. Auf eine nur unwesentlich kürzere Geschichte kann die ehemalige Zisterzienserabtei Kloster Pforta zurückblicken. Obwohl die Abtei vor 500 Jahren säkularisiert wurde, gilt das Bauensemble in Naumburg an der Saale als herausragendes, integral erhaltenes Zisterzienserkloster. Umnutzungen und Erweiterungen über die Jahrhunderte haben zu einer malerischen, historisch wertvollen Gesamtanlage geführt, die in Bälde um einen zeitgenössischen Baustein erweitert wird. Hierfür werden die beiden Berliner Büros Formation A Architekten und Atelier Loidl Landschaftsarchitekten verantwortlich sein.
Auf diesem Gelände soll der Neubau für das Landesweingut Kloster Pforta entstehen, dessen Räumlichkeiten derzeit noch einige Hundert Meter vom Kloster entfernt zu finden sind. Der aktuelle Standort hat jedoch so viele Mängel, dass man sich vor einigen Jahren für einen Umzug an den namensgebenden Ursprung des Landesweingutes entschied. Bessere Produktionsabläufe und touristische Ziele spielten dabei gleichermaßen eine Rolle. Der Neubau wird in erster Linie Produktionsstätte des mit 50 Hektar Anbaufläche größten Weingutes der Region sein. Untrennbar damit verbunden sind jedoch Verkauf vor Ort, Verkostung und Vermittlung.
Um eine angemessene architektonische Lösung für den Neubau zu finden, organisierte das Landesweingut einen nichtoffenen zweistufigen Realisierungswettbewerb nach RPW 2013. Die Wettbewerbsbetreuung lag beim Büro Wenzel & Drehmann PEM aus Weißenfels. An der ersten Stufe nahmen 24 Büros und Bewerbergemeinschaften teil, von denen zehn durch die Auslober gesetzt worden waren. Zehn Teilnehmer qualifizierten sich für die zweite Stufe. Schließlich vergab das Preisgericht unter Vorsitz von Fritz Auer zwei Preise und zwei Anerkennungen:
- 1. Preis: Formation A Architekten (Berlin) mit Atelier Loidl Landschaftsarchitekten (Berlin)
- 2. Preis: Friess und Moster Architekten (Neustadt) mit Die Landschaftsarchitekten. Bittkau-Barthfelder (Wiesbaden) und motorplan Architekten (Erfurt)
- Anerkennung: Brambach Dressler Architekten (Halle an der Saale) mit Därr Landschaftsarchitekten (Halle an der Saale)
- Anerkennung: Kummer. Lubk. Partner Architekten (Erfurt) mit Heinisch Landschaftsarchitekten (Weimar)
An der erstplatzierten Arbeit von
Formation A gefiel dem Preisgericht vor allem, „wie ein Gebäudeensemble aus drei räumlich versetzten, schiefwinkligen Pavillons eine solche Ausstrahlung entwickelt, die alle Erwartungen erfüllt.“ Diese kleinteilige Lösung schaffe funktionale Klarheit und architektonische Eigenständigkeit ohne zu Lasten denkmalpflegerischer Belange zu gehen. Offensichtlich blickte die Jury genau auf die Umsetzbarkeit des Entwurfs. So hinterfragte sie beispielsweise den Charakter des ersten Eingangshofs, der in der Visualisierung „eher abweisend und leer“ wirke, worüber die Architekten nochmals nachdenken sollten. Auch die konstruktiven Herausforderungen der für den Entwurf entscheidenden, „scharfkantigen Traufkante“ werden im Juryprotokoll angesprochen.
Das zweitplatzierte Team um
Friess und Moster erreichten mit ihrem Vorschlag, mit zwei länglichen Baukörpern die vorhandenen Scheunen zu zitieren, den zweiten Preis. Einbindung in den Bestand, Sensibilität und „zurückhaltende Adressbildung“ fielen der Jury positiv auf. Das Neue finde man eher in der Innenraumgestaltung. Die optische Leichtigkeit führt jedoch dazu, dass relativ viele Anlagen unterirdisch liegen.
Als mutigste Setzung der vier prämierten Projekte kann der Vorschlag von
Brambach Dressler gelten (die offiziell zusammen mit dem Bozener Büro bergmeisterwolf architekten an dem Projekt arbeiteten, den Entwurf aber aus Krankheitsgründen allein erledigten), die das neue Haus als große, gegenläufige Rampe organisierten. Das Preisgericht vergab dafür nur eine Anerkennung, weil der Neuabu vor allem aus denkmalpflegerischer Hinsicht zu dominant sei. Dieses städtebauliche Manko konnte auch durch die sehr gelungene interne Organisation nicht wett gemacht werden.
Ebenfalls eine Anerkennung erhielten
Kummer. Lubk. Partner für ihren Vorschlag, den Neubau als „Haus im Garten“ zu organisieren. Konzeptioneller Ausgangspunkt war die Minimierung der oberirdischen Bereiche auf drei Baukörper, die um einen zentralen Hof gruppiert werden. Dieses Ensemble sollte wiederum von einem dichten Baumraster umfangen werden. Die charmante Idee, die sich am historischen Plan der Anlagen von 1730 orientiert, weist – laut Juryprotokoll – jedoch substanzielle funktionale Mängel auf, da die Produktion komplett unterirdisch liegt und der zentrale Hof den gesamten Wirtschaftsverkehr bewältigen muss.
Momentan arbeiten noch die Archäologen auf dem Gelände. Bald soll es jedoch losgehen mit dem Bauen. Wenn alles nach Plan läuft, wird die Weinlese 2021 bereits im Neubau von Formation A abgewickelt.
(gh)
Anm. d. Redaktion: In einer vorigen Version des Beitrags waren bei den beiden Anerkennungen die Architektenteams falsch zugeordnet.
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