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23.04.2018

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Same Same but different

Wettbewerb Konzerthaus Nürnberg entschieden


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Von Gregor Harbusch

Wer meint, dass Nürnberg in Bayern liegt, hat nur halb recht. Nürnberg liegt in Franken. Im bayerischen Kontext dürfen die beiden größten Städte des Freistaats getrost als Rivalen gelten. Und so verwundert es nicht, dass Ministerpräsident Söder – selbst gebürtiger Nürnberger – in seinem Statement zur Juryentscheidung zum neuen Konzertsaal in Nürnberg vom vergangenen Freitag betont, dass „nicht nur München einen schönen Konzertsaal verdient, sondern auch Nürnberg.“ Dieser Vergleich am Münchner Projekt mag kultur- und regionalpolitisch auf der Hand liegen, in architektonischer Hinsicht waren die Herausforderungen jedoch völlig andere.
 
Während in der Landeshauptstadt mit einem spektakulären Solitär ein Stück Stadtentwicklung betrieben wird, geht es in Nürnberg um die angemessene Erweiterung der 1963 eröffneten, denkmalgeschützten Meistersingerhalle Harald Loebermanns – dem überregional relevanten Kultur- und Kongresszentrum in der Nähe des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes. Demensprechend fielen alle Ansätze, die ein neues architektonisches „Superzeichen“ etablieren wollten, bereits in der ersten Phase des offenen, zweigeschossigen Wettbewerbs durch, wie der Juryvorsitzende Amandus Sattler (München) betont. 246 Beiträge hatte die Jury damals zu sichten. 20 Teams waren zur weiteren Bearbeitung eingeladen worden. Betreut wurde das Verfahren durch das Berliner Büro C4C competence for competitions.

Vergangenen Freitag gab die Jury ihr Urteil bekannt. Gewonnen hat eine Arbeitsgemeinschaft aus den drei Büros Johannes Kappler Architektur und Städtebau (Nürnberg), dem jungen Team Super Future Collective (Nürnberg) und Topotek 1 aus Berlin. Insgesamt vergab das Preisgericht vier Preise und drei Anerkennung:

  • 1.Preis: Johannes Kappler Architektur und Städtebau (Nürnberg), Super Future Collective (Nürnberg), Topotek 1 Architektur (Berlin/Zürich) und Topotek 1 Gesellschaft von Landschaftsarchitekten (Berlin)

  • 2. Preis: gmp International (Berlin) und Bruun & Möllers Landschaftsarchitektur (Hamburg)

  • ein 4. Preis: Bruno Fioretti Marquez Architekten (Berlin) und Levin Monsigny Landschaftsarchitekten (Berlin)

  • ein 4. Preis: Hascher Jehle Design (Berlin) und WGF Beraten (Nürnberg)

Anerkennungen:

  • Architekt Sandro Pino Cicatello (Ludwigshafen am Rhein) und GDLA gornik denkel landschaftsarchitektur (Heidelberg)

  • Gunther Benkert Architekten (München) und GTL Michael Triebsweller Landschaftarchitektur (Kassel)


  • NEW Architekten Keuthen Weichler Schulz und Schulz (Dortmund) und Kraft.Raum Landschaftsarchitektur und Stadtentwicklung (Krefeld)

Aufgabe war der Neubau eines zeitgemäßen Konzerthauses, da die Meistersingerhalle nicht mehr den Anforderungen des heutigen Konzertbetriebs genügt und beispielsweise nicht die atmosphärische Dichte und räumliche Nähe bietet, die man sich heutzutage von einem Konzertsaal wünscht. Das Raumprogramm war frei von Fallstricken: Gefordert waren ein einladendes Vorderhaus, gut organisierte Arbeitsräume im Hinterhaus, ein kleiner Probensaal mit 200 Plätzen und ein zentral gelegener Konzertsaal für 1.500 Zuhörer, der ganz klassisch als „Schuhschachtel“ ausgebildet werden sollte.

Vier zentrale Aspekte prägten die Diskussion der Entwürfe in der 60 Personen umfassenden Jury laut Sattler: Welchen architektonischen Ausdruck soll ein Kulturbau heute ganz grundsätzlich haben? Wie verhält sich der Neubau städtebaulich und im Bezug auf den Bestand? Welche Qualitäten prägen das Musikerlebnis der Besucher? Und wie werden die funktionalen Anforderungen – darunter natürlich die virulente Frage der Akustik – umgesetzt?
 
Der erste Preis orientiert sich klar am Bestand, was vom Preisgericht sehr lobend erwähnt wird: „Die prägenden Elemente der Meistersingerhalle (Foyer, Atrien, durchgehender Sockel) werden aufgenommen und zu einem fließenden Raum aus Konzertsälen und öffentlichen Begegnungszoen verbunden.“ Mit Naturstein, Holz und Glas setzen die Architekten auf robuste und langlebige Materialien. Der große Saal wird mit transluzentem Glas verkleidet und soll weißlich leuchten. Er korrespondiert mit der metallverkleideten Box der Meistersingerhalle und setzt zugleich einen Kontrapunkt. Beim Sockelbau setzten die Architekten radikal auf Transparenz: Überall, selbst im Logistikbereich des Hinterhauses, sind wandhohe Glasscheiben geplant. „Bescheidenheit und Leichtigkeit“ erkennt die Jury in ihrem Fazit als die zentralen Aspekte des ersten Preises.
 
Das spannende an der Entscheidung: Die Arbeitsgemeinschaft besteht aus zwei lokalen Teams und einem Berliner Büro, das man eher aus der Landschaftsarchitektur kennt: Topotek 1. Diese fungieren nicht nur als Landschaftsarchitekten, sondern auch als Architekten. Denn nach über zwanzig Jahren haben Topotek 1 vor kurzem beschlossen, sich im Bereich Architektur zu betätigen. Im September letzten Jahres gründeten sie zusammen mit dem neuen Partner Dan Budik offiziell ein Architekturbüro mit Sitz in Berlin und Zürich.
 
Die Herangehensweise der Arbeitsgemeinschaft muss nicht zuletzt aus der Kombination lokaler Erfahrungen und landschaftsarchitektonischer Expertise verstanden werden. Martin Rein-Cano vom Büro Topotek 1 bringt es auf den Punkt, wenn er die konzeptionelle Haltung des Projekts als „Same same but different“ beschreibt: Man wollte am Solitär der 1960er-Jahre weiterbauen, indem man dessen Typologie aus heutiger Sicht neu interpretierte. Im Jahr 2023 soll der Neubau eröffnet werden.


Zum Thema:

Alle 246 Wettbewerbsarbeiten sind bis 13. Mai 2018 in Halle 15 Auf AEG, Fürther Straße 248a, 90429 Nürnberg ausgestellt. Die Ausstellung ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.


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Kommentare
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2

joscic | 24.04.2018 09:59 Uhr

Gutes Mittelmaß

Alle Entwürfe sehr kistig, vorstädtisch, 50er Jahre Déjà-vu um nicht zu sagen bieder. Bei 246 Teilnehmern kann ich mir nicht vorstellen, daß nichts exzentrischeres dabei war. Gut, es kann ja nicht immer ein Casa da Musica sein, aber ein bißchen mehr sollte bei einem solchen Wettbewerb vielleicht schon herausspringen. Man sehe sich nur mal die Beiträge für das Festspielhaus Bonn an - das dann ja auch prompt nicht gebaut wurde: https://www.baunetz.de/cid/734715
Die Bauzeit und Kosten der Elbphilharmonie vor Augen wollte man aber wohl lieber auf Nummer Sicher gehen.

1

mies antroph | 23.04.2018 20:52 Uhr

samer samer but ...

Die beiden ersten Preisträger überzeugen qualitativ in jeder Hinsicht - hier dürfte ein urteilsfähiger Bauherr sich getrost ausschließlich mit der Frage beschäftigen, wie stark er sich die Ensemblewirkung der Gesamtanlage wünscht. Wohltuend ist, dass gmp ganz uneitel an den Bestand anbinden - das ist vor allem stadträumlich gelungen und wirkt typologisch beruhigend - und trotzdem ein Hingucker.

 
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1.Preis: Johannes Kappler Architektur und Städtebau (Nürnberg), Super Future Collective (Nürnberg), Topotek 1 Architektur (Berlin/Zürich) und Topotek 1 Gesellschaft von Landschaftsarchitekten (Berlin)

1.Preis: Johannes Kappler Architektur und Städtebau (Nürnberg), Super Future Collective (Nürnberg), Topotek 1 Architektur (Berlin/Zürich) und Topotek 1 Gesellschaft von Landschaftsarchitekten (Berlin)

2. Preis: gmp International (Berlin) und Bruun + Möllers Landschaftsarchitektur (Hamburg)

2. Preis: gmp International (Berlin) und Bruun + Möllers Landschaftsarchitektur (Hamburg)

ein 4. Preis: Bruno Fioretti Marquez Architekten (Berlin) und Levin Monsigny Landschaftsarchitekten (Berlin)

ein 4. Preis: Bruno Fioretti Marquez Architekten (Berlin) und Levin Monsigny Landschaftsarchitekten (Berlin)

ein 4. Preis: Hascher Jehle Design (Berlin) und WGF Beraten (Nürnberg)

ein 4. Preis: Hascher Jehle Design (Berlin) und WGF Beraten (Nürnberg)

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