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21.08.2017

Funktionalität oder heilende Räume

Wettbewerb Herzzentrum Hamburg


Obwohl große „Klinikmaschinen“ immer wieder wegen ihres „unmenschlichen“ Maßstabs kritisiert werden, ist die Funktionalität eines Krankenhauses wichtiger als die architektonische Gestaltung – zumindest in Deutschland. Hierzulande scheint der Ansatz der „heilenden Räume“ noch wenig bekannt zu sein, während beispielsweise in Dänemark die Methodik des Evidence Based Design bereits angewandt wird – Studien zufolge hat die architektonische Gestaltung von Kliniken messbaren Einfluss auf die Gesundheit der Patienten. Doch laut Thomas Domres (SPD) aus dem Hamburger Stadtentwicklungsausschuss ist die Funktionalität beim geplanten Neubau des universitären Herzzentrums (UHZ) in Eppendorf „wichtiger als dessen Gestaltung“.

Große Kliniken sind wirtschaftlicher als kleine. Der Neubau soll laut Wettbewerbsauslobung 41.600 Quadratmeter BGF umfassen und sich an der im Masterplan aus den frühen 2000er Jahren festgelegten „Magistrale“ orientieren. Entsprechend diesem Plan wächst der Klinikstandort vornehmlich durch Verdichtung. „Pavillons aus der Gründungszeit“ um 1900 wurden laut Hamburger Wochenblatt zugunsten der baulichen Weiterentwicklung abgerissen. Der Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren und nachgeschaltetem Verhandlungsverfahren wurde kürzlich entschieden. In der Jury saßen neben externen Architekten, medizinischen Fachleuten und Regionalpolitikern auch interne Architekten des Universitätsklinikums, das den Wettbewerb ausgelobt hatte. Folgende Preise wurden vergeben:


Der Siegerentwurf von Nickl + Partner überzeugte die Jury durch die „Entflechtung der Verkehrsströme“: Eine Rolltreppe in der dreigeschossigen Eingangshalle sorgt für „Übersichtlichkeit“ und die „klare Trennung zwischen Besuchern und Patienten“. Außerdem gefiel die Positionierung des Haupteingangs im „südwestlichen Eckbereich“, der sich dort „zur Magistrale sowie zum Freiraum und zum denkmalgeschützten Gebäude im Süden“ orientiere. „Der Herzkatheterbereich kann effizient gesteuert werden.“ Aber auch der Tageslichtbezug „fast aller Funktionen“ wurde positiv bewertet.

Aus Sicht des Preisgerichts ist die natürliche Belichtung des gesamten Gebäudes auch beim zweitplatzierten Entwurf von HENN und C.F. Møller durch die Anordnung der Lichthöfe „gut gelöst“. Weiterhin gefiel der „urbane, markante Charakter“ des Gebäudes mit „solider Klinkerfassade“ nach außen und einer hellen und „leichten“ Pfosten-Riegel-Fassade zu den Innenhöfen. „Auf funktionaler Ebene“ zeige der Entwurf jedoch „deutliche planerische Defizite“.

Die S-Form des Entwurfs von gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner und EGM architecten wurde als zwiespältig betrachtet. Einerseits gefiel die durchgehende Erschließung in Form einer „Ost-West-Magistrale“, andererseits stehe diese „besondere Form im Kontrast zu der Pavillonstruktur des Gesamtareals“ und wirke daher „befremdlich“. Die Pflegestationen seien „gut organisiert“, die Patientenzimmer jedoch „deutlich unterdimensioniert“.

De Jong Gortemaker Algra Architecten und Möhn + Bouman präsentieren einen wirtschaftlichen Entwurf, der jedoch durch hohe Verdichtung im Sockelbereich viele fensterlose Raumgruppen enthält, was vom „Nutzer so nicht gewünscht“ sei. Die Begrünung in Form von „dramatisch inszenierten Grotten“, die „reizvolle Belichtungssituationen“ und eine „Raumklimaverbesserung“ böten, möchte laut Jury „mit der Eintönigkeit der Kliniktristesse brechen“. Es wurden jedoch Bedenken bezüglich möglicher negativer Auswirkungen auf Patienten aufgrund von Allergien geäußert. „Eine bunte, transparente Welt im Eingangsbereich“ schaffe „lebendige Raumwelten“. Die Fassaden mit „hohem Verglasungsanteil“ wurden jedoch als zuviel an gestalterischer Autonomie im Kontext des Areals betrachtet.

Die Lektüre des Protokolls lässt ein gespaltenes Verhältnis des Preisgerichts zur Gewichtung der Kriterien „primäre Funktionalität“ oder „Gestaltung heilender Räume“ vermuten. Angesichts der zunehmenden Wettbewerbsausrichtung der Kliniken als Unternehmen könnte letzteres Kriterium im Sinne der „Attraktivität“ für Patienten und Besucher wichtiger werden. (dd)


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Nickl & Partner


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1. Preis: Nickl + Partner Architekten, München

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2. Preis: HENN, Berlin und C.F. Møller, Aarhus

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Eine Ankauf: gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner, Hamburg und EGM architecten, Dodrecht

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Ein Ankauf: de Jong Gortemaker Algra Architecten, Rotterdam und Möhn + Bouman, Rotterdam

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