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10.11.2021
Vollgut im Kindl-Konglomerat
Werkstattverfahren in Berlin entschieden
Die Planungen auf dem Vollgut-Areal in Berlin-Neukölln gehen in die nächste Runde. Es ist noch nicht lange her, da trug das Gelände der ehemals dort ansässigen Kindl-Brauerei noch Züge einer Industriebrache. Seit einigen Jahren wird es jedoch zu einem Konglomerat verschiedener Nutzungen und Typologien transformiert. Vor kurzem wurde das Werkstattverfahren für die Umnutzung der großen Industriehalle entschieden.
Von Maximilian Hinz
Eigentümerin des 13.850 Quadratmeter umfassenden Gebietes ist seit 2015 Terra Libra, eine hundertprozentige Tochter der gemeinwohlorientierten Schweizer Stiftung Edith Maryon. Teilgrundstücke vergab die Organisation bereits im Erbbaurecht an andere gemeinnützige Akteur*innen. So wurde das benachbarte Eine Welt Zentrum des Vereins Global Village schon 2020 fertiggestellt, und die Genossenschaft Transform realisiert derzeit einen experimentellen Wohnungsbau in Holz-Hybridbauweise sowie den Umbau des sogenannten Circular Economy House.
Als nächstes ist nun das ehemalige Vollgutlager an der Reihe. Für die 8.800 Quadratmeter große Fläche zwischen Rollberg- und Neckarstraße führte die Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Bezirk und den Stadtforscher*innen von subsolar* seit Juni ein Werkstattverfahren durch. Aufgabe für die zuvor ausgewählten Planungsgemeinschaften war es, im Umgang mit der besonderen Topografie und Heterogenität des Ortes ein neues städtebauliches Konzept zu entwerfen. Während die viergeschossigen Brauereikeller an den beiden Richtung Osten abfallenden Straßen ein massives Volumen ausbilden, liegen sie vom alten Sud- und Kesselhaus gesehen unter Bodenniveau. Darüber befindet sich die eigentliche Entwurfsfläche: Eine sieben Meter hohe Industriehalle, die heute als Kartbahn genutzt wird. Zukünftig sollen in dem neuen Komplex die Interkulturelle Waldorfschule Berlin sowie weitere Gewerbe-, Kultur- und Kreativnutzungen einziehen.
Ende Oktober wurde das Ergebnis des Verfahrens vor Ort im Vollgutlager bekanntgegeben. Den Zuschlag für die Weiterbearbeitung ihres Entwurfs erhielten ff-Architekten mit häfner jiménez betcke jarosch landschaftsarchitektur und 2B Planungsgesellschaft (alle Berlin). Die anderen beiden Teams bildeten StudioVlayStreeruwitz (Wien) mit atelier le balto (Berlin) sowie Kersten Kopp Architekten mit capattistaubach urbane landschaften (beide Berlin).
Entscheidend war für das Gutachter*innengremium – an dem neben Vertreter*innen von Stiftung und Bezirk unter anderem Cyrus Zahiri (bbzl – böhm benfer zahiri), Anne-Julchen Bernhardt (BeL Sozietät für Architektur) und Leona Lynen (Genossenschaft für Stadtentwicklung Zusammenkunft Berlin) beteiligt waren – vor allem der behutsame Umgang des Siegerentwurfs mit der bestehenden Stahlkonstruktion. Um die Belichtung der neu eingefügten Gewerbenutzungen und Atelierräume zu gewährleisten, positionierten die Planer*innen in der tiefen Halle drei lineare Freiräume entlang der Tragstruktur. Erschlossen werden diese „Werkhöfe“ durch die sogenannte „Kindl-Promenade“, die als neue Achse zwischen den verschiedenen Teilen des Kindl-Konglomerats vermittelt. Die vorgesehene Schule befindet sich als aufgesetzter Baukörper an der Westseite der Halle und verleiht dem zukünftigen Kindl-Hof so eine zusätzliche räumliche Fassung. Pausenhof und weitere teilöffentliche Freiflächen sind auf dem flexibel zonierbaren Dach angeordnet.
Ganz so modellhaft, wie beispielsweise die Verfahren am Dragoner Areal oder dem Haus der Statistik, ist dieses Projekt nicht. Dennoch kann hier von zukunftsgerichteter und gemeinwohlorientierter Stadtentwicklung gesprochen werden. Zwar ist das Areal in privater Hand, jedoch agiert die Stiftung gemeinnützig, und nicht profitorientiert. Zudem zeigt die, für städtebauliche Wettbewerbe unübliche, Bearbeitungstiefe der Vorschläge das Potenzial solch enger Kooperationen zwischen Eigentümerin, städtischer Verwaltung und den beteiligten Gestalter*innen.
Mit dem Ergebnis des Werkstattverfahrens soll nun zunächst einmal Planungssicherheit für das Areal geschaffen werden. Bis Ende des Jahres arbeitet das gewählte Entwurfsteam seinen Vorschlag zum sogenannten Konglomerats-Plan aus, der dann analog zu einem Masterplan als abgestimmte Grundlage für weitere Planungsschritte gilt.
Zum Thema:
Auf der Website kms-sonne.de sind das Verfahren und die Entwürfe der Planungsteams gut nachvollziehbar dargestellt.
Auf Karte zeigen:
Google Maps
Zu den Baunetz Architekt*innen:
KERSTEN KOPP ARCHITEKTEN
häfner jiménez betcke jarosch landschaftsarchitektur
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Ausgewählter Entwurf „Kindl-Hallen”: ff-Architekten mit häfner jiménez betcke jarosch landschaftsarchitektur und 2B Planungsgesellschaft (alle Berlin)
Entwurf „Kindl-Garten“: StudioVlayStreeruwitz (Wien) mit atelier le balto (Berlin)
Entwurf „Kindl-Höfe“: Kersten Kopp Architekten mit capattistaubach urbane landschaften (beide Berlin)
Bestand: Kartbbahnhalle, im Vordergrund der zukünftige Kindl Hof, links im Hintergrund das Rathaus Neukölln
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