In die Zukunft will die belgische Stadt Genk investieren. Dazu setzte sie zuletzt auf die Umgestaltung des ehemaligen Steinkohlebergwerks Waterschei am nordöstlichen Rand der Stadt in einen Technologiepark, in dem sich Industrie und Forschung im Bereich der erneuerbaren Energien ansiedeln sollen. Der Masterplan, den die Stadt Genk mit dem Architekturbüro HUB (Antwerpen) für das Areal entwickelte, sieht mehrere Grundstücke für Neubauten sowie eine öffentliche Parkanlage vor. 2016 wurde hier bereits das von der Universität Leuven initiierte und von der EU finanziell unterstütze Sustainable Energy Research Center von Atelier Kempe Thill (Rotterdam) fertiggestellt. Ein zweiter Bau des niederländischen Architekturbüros wurde nun als Teil des neuen Technologie-Campus „T2“ in nächster Nachbarschaft realisiert.
Zusammen mit zwei belgischen Experten für Berufsbildung – Syntra und VDAB – hat die Stadt Genk die „Lernfabrik im Wald“ als Weiterbildungszentrum mit Schwerpunkt auf neuen Materialien und Energien, digitalen Fertigungstechniken und IT angestoßen. Auf rund 24.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche beherbergt das Gebäude als zentrale Nutzungen zwei 140 Meter lange Produktionshallen im Erdgeschoss, Klassenzimmer und Büros in den Obergeschossen und ein 17 x 72 Meter umfassendes Atrium. Eine theoretische und praktische Ausbildung sollen die Technikinteressierten bei gleichzeitig kreativer und sozialer Atmosphäre erfahren. Auf die Raumaufgabe antwortet Atelier Kempe Thill zunächst mit der pragmatischen Unterteilung in Werkstatt- und Seminarräume. Zwischen den Bereichen stellen die Architekt*innen gleichzeitig starke visuelle Bezügen durch Vollverglasungen her. Der Raster-Grundriss der Fabrikhalle ist durch die Verlegung der gesamten technischen Ausstattung an die Decke dynamisch gestaltbar, ähnlich flexibel sind die durch bewegliche Wände kombinierbaren Klassenzimmer.
Für alle Etagen plante das Rotterdamer Büro Hängebrücken und Laubengänge als Erschließungswege. Die zwei Treppenkerne legte es seitlich der rund 13 Meter hohen Atriumhalle an, die die Architekten als „sozialen Aktivator“ betrachten - sie sollen informelle Begegnungen zwischen den verschiedenen Abteilungen fördern. Ein Restaurant im Atrium und hölzerne Lernnischen in den Außenwänden der Treppenkerne unterstreichen die kommunikativen Aspekte des Baus. Trotzdem ist die Bauweise hoch rationalisiert: Die Grundrisse sind gerastert, 85% der Bauteile sind vorfabriziert, insgesamt kamen 675 vorgefertige Stützen und Träger zum Einsatz. Die gesamte Bauzeit betrug 36 Monate, geplant wurde mit einem geringen Budget von 1100 Euro pro Quadratmeter.
Wie auch bei ihrem letzten Gebäude auf dem brachliegenden Bergbauareal setzen die Architekten die Ausblicke auf die verwilderte Kulturlandschaft in Szene. Während beim Sustainable Energy Research Center große Panoramafenster gezielte Ausschnitte auf Ruinen und Wälder rahmten, ist der Gebäudekorpus des T2 Campus im Erdgeschoss mit einer umlaufenden Structural Glazing Fassade versehen. Einen Filter zwischen Natur und Technologie bildet die vier Meter breite Stahlkolonnade. Sie ist eine Art zeitgenössische Wandelhalle. (kg)
Fotos: Ulrich Schwarz, Berlin
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Toni Tek | 26.08.2019 16:59 Uhrsehr cool
wirklich schön