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04.05.2017

Bauakademie jetzt

Was vom Dialogverfahren übrig bleibt


Für die einen ist die aktuelle Debatte um die Zukunft der Bauakademie ein Luxusproblem. Für die anderen ist sie mit der Hoffnung verbunden, dass nach 20 Jahren endlich etwas Greifbares herauskommt. Es geht immerhin um einen historisch bedeutenden Bau im Zentrum Berlins. Die Bauakademie, 1832 bis 1836 von Karl Friedrich Schinkel errichtet, 1945 ausgebrannt, 1962 abgerissen und bis 1996 vom Gebäude des Außenministeriums besetzt, mahnt seit 2004 als mit Planen umhangenes Gerüst, dass an dem Ort etwas passieren muss. Nach Wunsch der Organisatoren der Attrappe, dem Verein Internationale Bauakademie Berlin, soll die alte Bauakademie wiedererstehen. Jetzt, da das gegenüberliegende Humboldt-Forum Gestalt annimmt, will auch der Bund offenbar Ordnung herstellen und hat 62 Millionen locker gemacht. Doch längst nicht alle wollen eine Rekonstruktion der Bauakademie und auch über das, was in dem Haus passieren soll, gibt es viele verschiedene Ideen.

Gestern fand im Berliner Kronprinzenpalais die dritte und letzte Runde eines Dialogverfahrens statt, das die Bundesstiftung Baukultur moderiert hatte. Nutzungsvorschläge sollten auf ihre Machbarkeit und Akzeptanz geprüft werden. Doch wie bei den beiden Veranstaltungen zuvor diskutierten die rund 200 Anwesenden wieder über das große Ganze.

Rekonstruktion oder Neubau?


Was den Bau betrifft, gibt es zwei Gruppen: Die eine plädiert für den Wiederaufbau der Schinkel-Version und will im fertigen Haus diskutieren, wie man es nutzt. Das war nach Handzeichen die knappe Hälfte im Saal. Die andere Gruppe will ein neuartiges Haus, das den heutigen Anforderungen gewachsen ist. Die Berliner Bausenatorin Regula Lüscher zum Beispiel wünscht sich einen „super Bau“, bei dem alle Fachplaner das Beste geben und gut zusammenarbeiten. Die große Frage bleibt, wie diese Anforderungen aussehen. Und damit wären wir beim Programm.

An den vier Werkstatt-Tischen, an denen parallel diskutiert wurde, waren Wortfetzen wie „interdisziplinäres Arbeiten“ ebenso zu hören wie „das Gebäude muss sich tragen“ oder „wir brauchen wechselnde Forschungsstipendien“. Immer wieder fiel auch der Begriff „Schinkel“. Doch was heißt das? Für die einen ist es die originalgetreue Rekonstruktion, für die anderen die Einheit von Programm und Architektur und der Mut, neue Wege zu gehen. „Wer über Schinkel spricht“, sagte Chris Dercon, designierter Chef der Berliner Volksbühne, „spricht über die Bedeutung von Öffentlichkeit.“ Er sieht die aktuelle Aufgabe nicht darin, zu bauen, sondern die Organisation zu organisieren.

„So viel Schinkel wie möglich“ forderte Katrin Lompscher, Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen Berlin, und zählte dann allerlei Nutzungen auf, die sich das Land Berlin in der künftigen Bauakademie wünscht. Einen internationalen Lern- und Studienort, Platz für Ausstellungen, ein öffentliches Erdgeschoss mit Gewerbe, Verwaltungsbüros, Archiv, Lager, ein archäologisches Fenster im Keller. „46 mal 46 mal 22 Meter sind unser Limit. Das gibt uns die Chance, bescheiden zu sein“, sagte hingegen Hans-Dieter Nägelke, Leiter des Architekturmuseums der TU Berlin. Manche warnten vor einem Gemischtwarenladen.

Gemischtwarenladen oder Nutzungsoffenheit?


Der Architekt Gunnar Tausch formulierte öffentlich all jene Gedanken, die von vielen immer wieder zwischen den Reihen zu hören waren: Man solle aus den Fehlern des Humboldt-Forums lernen. Damals sei ein Wettbewerb ohne Nutzungskonzept entschieden worden. Tausch schlug vor, den Ort der Bauakademie zur Plattform für Experimente zu machen, wo jedes Jahr etwas Neues passiert. Schinkel habe damals für Aufbruch gestanden, sein Geist könne nicht wiedererstehen, indem man alte Steine aufbacke.

Das zugesagte Baugeld in Stiftungskapital umwandeln, diese Vorstellung hatten wohl viele der anwesenden Kuratoren und Baukulturvermittler. Mit der Forderung „Zwischennutzung jetzt!“ fasste Oliver Elser die Debatte an dem von ihm moderierten Werkstatt-Tisch zur Nutzungsoffenheit zusammen. Hinter dem Gerüst und der Bauplane sei in den vergangenen Jahren ein kleines Biotop gewachsen, ein wunderbar verwunschener Ort, der Potenzial birgt.

Parallel zu den Experimentgedanken gab es auch Stimmen zum geplanten Vergabeverfahren. Die Kunsthistorikerin Gabi Dolff-Bohnekämper wünscht sich einen diskursiven Wettbewerb. Die Zukunft der Bauakademie könne nicht in einer Black Box mit Jury innerhalb von zwei Tagen entschieden werden. Man müsse sich Zeit nehmen, ja vielleicht die Konzepte öffentlich ausstellen, bevor darüber entschieden wird. Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, fügte hinzu, dass die RPW durchaus Ausnahmen zulasse. Man solle Vertrauen in die Architekten und Ingenieure haben.

Vorerst kein Wettbewerb


Nach vier Stunden Debatte blieb die große Frage, wie es weitergeht. Denn schließlich hatte das Dialogverfahren die Aufgabe, klare Ergebnisse zu generieren, die zur Grundlage für die Wettbewerbsauslobung werden. Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Stattdessen machte Staatssekretär Florian Pronold in seinem Schlusswort all jenen Hoffnung, die mit der Bauakademie nach vorn schauen wollen, ohne ein genaues Bild vor Augen zu haben. Er wolle vom Supercomputer aus Douglas Adams’ Buch „Per Anhalter durch die Galaxis“ lernen und die Frage von Beginn an richtig stellen. Für ihn laute sie: Wie kriegt man den Schinkel’schen Geist in die künftige Bauakademie? Man könne jetzt nicht sofort einen Wettbewerb ausloben. Es müsse eine weitere Zwischenstufe geben. Parallel dazu wolle man das Trägerkonzept entwickeln. Außerdem müsse es eine Intendanz und ein Kuratorium geben, das den Wettbewerb begleitet.

Auch wenn unklar bleibt, wer bis wann was entscheidet, wischte – und das ist die gute Nachricht – Pronold zunächst all jene Befürchtungen vom Tisch, das Dialogverfahren sei eine reine Alibiveranstaltung gewesen. Die Debatte, das machte der Abend deutlich, ist noch lange nicht zu Ende. Die vorgeschlagene Zwischennutzung scheint ein guter Weg, das Gespräch aus der Fachblase in die Stadtöffentlichkeit zu tragen. Bleiben wir gespannt, was in diesem Sommer hinter der Plane auf dem Grundstück der Bauakademie passieren wird. (fm)


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Ein Gerüst mit Plane markiert seit 2004 das Grundstück der Bauakademie in Berlin.

Ein Gerüst mit Plane markiert seit 2004 das Grundstück der Bauakademie in Berlin.

Rund 200 Interessierte waren zur 3. Runde des Dialogverfahrens gekommen.

Rund 200 Interessierte waren zur 3. Runde des Dialogverfahrens gekommen.

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