Von Leerstand und versiegendem Handel bedroht, verzeichnete die Kleinstadt Lichtensteig im Kanton St. Gallen ab den 1970er Jahren rückläufige Einwohnerzahlen und verlor stetig ortsansässige Dienstleistungen, Arbeitsplätze und Industriezweige. Auf das einst wohlhabende städtische Zentrum im ländlichen Toggenburg verweist jedoch die Architektur: Eindrucksvolle Industriebauten, Altstadthäuser und Villen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert prägen noch heute das Ortsbild. Als 2008 ein Erotikbetrieb plante, in einer der Altstadtgassen eine Niederlassung zu eröffnen, wurde die Bevölkerung aktiv. Gemeinsam mit Politik und Wirtschaft verhinderten sie dies und arbeiten seitdem an Visionen für Lichtensteig.
Der Wakkerpreis 2023 des Schweizer Heimatschutzes ehrt in diesem Jahr die daraus entstandenen Ansätze und Initiativen, ungenutzte Erdgeschosse und Brachen wiederzubeleben und Nutzungskonzepte für leere Flächen und Areale zu finden. Seit 1972 wird der mit 20.000 Franken dotierte Preis jährlich an Gemeinden verliehen, die bezogen auf Siedlungs- und Ortsbildentwicklung besondere Leistungen vorweisen können. Im vergangenen Jahr feierte die Auszeichnung ihr 50-jähriges Bestehen.
Mit Blick auf Lichtensteig zeigt sich dies vor allem bei Umnutzungsprojekten, die vormals leere Räume nun zu günstigen Preisen anbieten. So schuf die Stadt etwa durch den Umzug der Verwaltung in das leerstehende Bankgebäude Raum für ein neues „Rathaus für Kultur“, in dem sich die Kreativwirtschaft ansiedelte. Aus dem alten Feuerwehrdepot wurde ein Bekleidungsgeschäft, und das leerstehende Industrieareal der früheren Fein-Elast-Fabrik wird als „Areal Stadtufer“ ein Ort für Kultur, Ateliers, Gewerbe und Wohnraum. Zudem entstand im früheren Postgebäude von 1917 ein Co-Working Space.
Durch ihre sogenannte „Strategie Mini.Stadt“ schaffe es Lichtensteig „neue Menschen anzuziehen, Kultur zu ermöglichen und damit den Charakter eines urbanen Zentrums in einer ländlichen Region wieder zu stärken“, so die Begründung des Wakkerpreises. Die Stadt habe sich jüngst eine Vision für 2050 gegeben, die die Aufwertung entlang der Hauptverkehrsstraßen und der Landschaft beinhaltet, um das Siedlungsbild auch außerhalb der Altstadt positiv weiterzuentwickeln. (sas)
Fotos: Christian Beutler, Keystone, Schweizer Heimatschutz
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