Das frühere Waisenhaus der belgischen Stadt Halle ist ein imposanter Backsteinbau aus dem Jahre 1901. Nach umfangreichen Sanierungs- und Umbaumaßnahmen hat dieser nun eine neue Bestimmung gefunden: Er fungiert als städtisches Sozialamt und Erweiterung des in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Behördensitzes des Openbaar Centrum voor Maatschappelijk Welzijn (OCMW), einem öffentlichen Wohlfahrtsträger. Dieser hatte 2008 gemeinsam mit dem Vlaams Bouwmeester einen Wettbewerb für die Transformation des Gebäudes ausgelobt – den ersten Preis gewann der Entwurf des belgischen Büros WAW architects (Sint-Genesius-Rode/Leuven), der im Zeitraum von 2013 bis 2016 realisiert wurde.
Der Bau wurde umfassend restauriert – der markante Turm auf dem Dach wurde dabei entfernt und durch einen originalgetreuen Nachbau ersetzt –, blieb jedoch äußerlich so gut wie unverändert. Lediglich wenige, sehr dezidiert gesetzte bauliche Ergänzungen zeigen die Modernisierung und Umwidmung an. Um dem Wunsch des Auftraggebers nach einem Bezug zum nur durch einen Parkplatz getrennten Sitz des OCMW nachzukommen, wurde außerdem in dieser Richtung ein neuer Eingang angelegt.
Markiert und überdacht wird dieser durch ein ebenfalls neues Volumen auf Stützen, das der Bestandsfassade vorgesetzt wurde. Der frühere, zur Straße hin ausgerichtete Haupteingang des Gebäudes blieb erhalten, wird jedoch nur noch zu besonderen Anlässen benutzt. Der zweite von außen sichtbare Eingriff ist die Öffnung der beiden geschlossenen Seitenfassaden durch jeweils ein großes quadratisches, leicht vorspringendes Fenster – als vitrinenartige „Displays“ der neuen Nutzung.
Im Kontrast zu dieser vorsichtigen Arbeitsweise ging es im Gebäudeinneren geradezu rund: Hier wurde die existierende Struktur komplett aufgebrochen und eine völlig neue, teilweise freiliegende Tragstruktur aus Stahl und Beton eingezogen, um mehr Offenheit und Raumtiefe zu schaffen. Die Höhe der Geschosse wurde dabei beibehalten, innenliegende Wände jedoch so weit wie möglich entfernt. Die hier befindlichen Büros können dadurch flexibel positioniert und leicht verändert werden. Sie sind als offene Großräume angelegt, nur für die Abteilungsleiter gibt es verglaste, abschließbare Kabinen. Verschiedene, hier und da gesetzte Farbflächen akzentuieren die einzelnen Geschosse.
Im Mittelpunkt des kreuzförmigen Baukörpers liegt der neue Eingangsbereich. Der früher dunkle und halb im Souterrain liegende Raum präsentiert sich nun als helle Rezeption und Wartezone. Die ehemalige Kappelle des Waisenhauses dient als Ratssaal des OCMW, im Dachgeschoss befindet sich darüber hinaus noch ein Archiv. Der neue, den Außenraum wie eine Kanzel überblickende, schwebende Glaskörper nimmt einen weiteren Versammlungsraum auf. Zur rautenförmigen Tragstruktur der Verglasung wurden die Architekten von den Buntglasfenstern der Kapelle inspiriert. Runde Aussparungen im Deckenbereich, in denen Lampen sitzen, gepaart mit dem weiten Ausblick – der sich im Dunkeln in einen faszinierenden Einblick verkehrt – machen den Eindruck einer „Kommandozentrale“ perfekt. (da)
Fotos: Tim Van de Velde
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