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20.09.2019
Feministische Grundrissarbeit
Vorträge und Ausstellung in Berlin
Im Bauhaus-Jubeljahr besteht große Einigkeit über die gesellschaftliche Fortschrittlichkeit der Schule. Doch ganz so einfach ist die Geschichte nicht, wie beispielsweise im Film von 1926 das Dienstmädchen im Haus Gropius zeigt, das im funktionalistischen Grundriss eher Teil der Hausmaschinerie denn emanzipiertes Individuum ist. In Berlin nimmt es sich eine Ausstellung samt Veranstaltungsreihe zum Ziel, Bezüge und Divergenzen zum universalistisch und vermeintlich neutralen Werte-Kanon modernen Wohnens sichtbar zu machen. Der Titel lautet „Feministische Wohngeschichte(n) für die Zukunft. Berlin, Bauhaus und darüber hinaus“, kuratiert und konzipiert wurde das Programm von Katharina Koch und der Mitte des Jahres früh verstorbenen Felicita Reuschling.
Am Ort aller Veranstaltungen, der Alpha Nova Galerie Futura am Flutgraben, ist auch Moira Zoitls Installation „Küchen Torso – von der Reduzierung der Schritte“ zu sehen. Zoitl nimmt Bezug auf die von Margarete Schütte-Lihotzky entwickelte Frankfurter Küche, der bekanntlich eine Anwendung tayloristischer Arbeitsmethoden auf die Hausarbeit zu Grunde lag. Die geschäftige Effizienz, mit der in Schütte-Lihotzkiys Küche nicht immer nur die Hausfrau befreit, sondern eben auch das Personal unterworfen wurde, findet hier – im Bezug zum Torso vom Belvedere des antiken Bildhauers Apollonios – eine überraschende Umkehrung.
Die Wiener Jahrhundertarchitektin Margarete Schütte-Lihotzky steht auch in einem weiteren Teil der Ausstellung und in einem der Vortrag von Christine Zwingl im Fokus. Sie stellte neben die heroischen Fortschrittsfantasien eine sehr viel lebensnähere Auseinandersetzung mit den reproduktiven Aspekten des Alltags, was ihrem Werk noch immer große Aktualität verleiht. Am heutigen Freitag wird zudem Elke Krasny über „Grundrisse der Reproduktion“ sprechen und damit die Haushaltsfrage mit der Geschichte der Architekturmoderne und des Feminismus verbinden. Weitere Vorträge von Ulla Terlinden und Ruth Becker folgen nächste Woche und Anfang Oktober. Das Projekt wird voraussichtlich im nächsten Jahr fortgeführt.
Vorträge
- 20. September 2019, 19 Uhr: Elke Krasny und Eva Kuschinski, „Widersprüchliche Räume – Wohnung und Haushalt überdenken: Eine Aktualisierung“
- 21. September 2019, 16 Uhr: Christine Zwingl und Moira Zoitl, „Margarete Schütte-Lihotzky und die Frankfurter Küche“
- 26. September 2019, 19 Uhr: Ulla Terlinden, „Frauenaufbruch und Wohnungsnot“
- 17. Oktober 2019, 19 Uhr: Ruth Becker, „Frauenwohnprojekte in Deutschland – eine kurze Geschichte emanzipatorischen Wohnens von Frauen“
Ausstellung
„Küchen Torso“ von Moira Zoitl und Präsentation von Teilen der Ausstellung „Vom ersten Wiener Küchenpatent zur Frankfurter Küche“
Zeit: 7. September bis 18. Oktober 2019, Mi–Sa 16–19 Uhr
Ort: alpha nova & galerie futura, Am Flutgraben 3, 12435 Berlin
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Margarete Schütte-Lihotzky in ihrer Wiener Wohnung 1980, Foto: Margherita Spiluttini
„Küchen Torso – von der Reduzierung der Schritte“ von Moira Zoitl, Installationsansicht im Rahmen von „Domestic Utopias“, nGbK 2013, Foto: Ralf Hoedt
Videostill aus „Küchen Torso – von der Reduzierung der Schritte“ von Moira Zoitl (2013), im Bild: Haus Schminke in Löbau von Hans Scharoun
Videostill aus „Küchen Torso – von der Reduzierung der Schritte“ von Moira Zoitl (2013), im Bild: Frankfurter Küche im Haus Schminke nach Margarete Schütte-Lihotzky
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