Hip-Hop, Antifaschismus und Lokalgeschichte: Das Stuttgarter Büro
Von M schlägt in der Beschreibung seines jüngsten Projekts einen weiten, überaus unterhaltsamen Bogen. Es geht um ein Jugendhaus in Pforzheim, das als Ort des musikalischen Experimentierens eingeführt wird. Errichtet wurde das Gebäude in der Nachkriegszeit auf den Grundmauern einer alten Fabrikantenvilla. Maßgeblich finanziert durch amerikanische Mittel, war das Ziel, einen offenen Ort zu schaffen, der einen Beitrag zur Entnazifizierung des Denkens leistet. Als nach fast 70 Jahren intensiver Nutzung eine Sanierung und Erweiterung des Jugendhauses anstand, entschieden sich die Architekt*innen mit Blick auf den angrenzenden Park nicht für einen Anbau, sondern für eine sensible Aufstockung.
Ergebnis ihrer Bemühungen ist ein Gebäude, das einen prominenten Platz in unserem kürzlich veröffentlichten Themenschwerpunkt zu Beispielen einer
gelungenen Umbaukultur verdient hätte. Der Bestandsbau wurde rundum ertüchtigt und in Anlehnung an seine Entstehungszeit in gedeckten Farben neu gestaltet. Entsprechend der Nutzung und des knappen Budgets fanden einfache, aber robuste Materialien Verwendung. Der Boden ist aus Gussasphalt – dem „harten Verwandten des klassischen Terrazzo“, so der Projekttext –, die Decke aus schwarz gestrichenen Akustikplatten. Gerade letztere Entscheidung dürfte dabei helfen, dass bei Konzerten oder Tanzveranstaltungen keine typische Jugendhausatmosphäre aufkommt. Tagsüber lässt der Thekenraum mit pastellfarbenen Stahlrohrmöbeln und viel Glas zum Park ohnehin eher an ein Museumscafé denken.
Schlanke Stützenreihe, die man sich so ähnlich auch im ursprünglichen Gebäude hätte vorstellen können, sind der einzige Verweis auf die neue Last, die über dem Erdgeschoss ergänzt wurde. Die Architekt*innen konzipieren ihre Aufstockung als eine Art selbsttragenden Stahltisch, auf dem mit Fertigbauelementen das neue Stockwerk errichtet wurde. Die Füße des Tisches ruhen dabei auf eigenen Punktfundamenten, die aufwendig zwischen den bestehenden Gründungen integriert wurden. Das neue Volumen ergänzt farblich den Bestand, lässt aber dank der industriellen Herkunft seiner Fassade aus perforiertem Stahlblech seine Zeitgenossenschaft klar erkennen. Es nimmt Büros, flexibel nutzbare Räume und eine neue Toilettenanlage auf. Jetzt fehlt – pandemiebedingt – nur noch das bunte Leben.
(sb)
Fotos: Zooey Braun
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auch ein | 25.03.2021 08:15 Uhrarchitekt
wunderbar!
schon der bestand mit dem tollen alten grünhof und baumbestand ist eine qualität, besonders in pforzheim....
und der umbau und vor allem die übergänge von alt und neu sind gelungen.
vonM werden bei jedem projekt noch besser!