An Terrassen, die mit geschosshohen Stahlseilnetzen gesichert werden, scheiden sich die Geister. Manche empfinden diese Lösung als wunderbar offen, andere denken sofort an Gefängnisse. Wenn man eine solche Lösung im Schulbau findet und dann weiß, dass die entsprechenden Flächen meist allein als Fluchtweg dienen, wird es in der Tat ein bisschen schwierig.
Umso schöner also, dass Franz&Sue (Wien) im 22. Wiener Gemeindebezirk Donaustadt mit der Leopold Kohr Schule ein Haus gebaut haben, bei der die nach Südosten orientierten, tiefen Außenflächen tatsächlich von den Schüler*innen als Gemeinschaftsterrassen und zum Aufenthalt genutzt werden. Breite, offene Treppen schaffen zudem eine direkte Verbindung vom dritten beziehungsweise vierten Obergeschoss bis hinunter in den Pausenhof. Dessen Gestaltung übernahm das ortsansässige Büro EGKK Landschaftsarchitektur.
Auf 11.500 Quadratmetern Bruttogrundfläche beziehungsweise 7.350 Quadratmetern Nutzfläche bietet der Neubau Platz für eine Ganztagsmittelschule (GTMS) und eine Ganztagsvolksschule (GTVS). Die Mittelschule ist eine relativ neue Schulform in Österreich und seit zwölf Jahren Nachfolgerin der Hauptschule.
Wie heutzutage zunehmend üblich, ist auch der Neubau in Wien als Clusterschule organisiert. Dass alle Cluster einen direkten Zugang zu den Terrassenflächen haben, versteht sich fast von selbst. Zudem gibt es in der Mitte des Hauses ein verbindendes Atrium, in dem zwei spektakulär verspiegelte Brücken die Blicke auf sich ziehen.
Seit Anfang 2020 haben die Planer*innen am Projekt gearbeitet. Die eigentliche Bauzeit erstreckte sich von November 2021 bis September letzten Jahres. Auf einen wichtigen gestalterischen Faktor muss man noch etwas warten. Aus den großen Pflanztöpfen wächst nämlich Wilder Wein, sodass die Stahlseilnetze mit der Zeit zu einer grünen Fassade werden. Diese dürfte dann mit dem bald silbergrau patinierten Lärchenholz an der eigentlichen Außenhülle des Hauses eine harmonische Einheit bilden. (gh)
Fotos: David Schreyer
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Auch in Berlin wurde kürzlich ein bemerkenswerter Schulbau eines Wiener Büros eröffnet. Dort bauten PPAG Architekten im Rahmen der Berliner Schulbauoffensive im Bezirk Lichtenberg eine weitläufige Anlage für 1.600 Schüler*innen der Sekundarstufe.
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