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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Vitra-Haus_von_Herzog_-_de_Meuron_eroeffnet_956455.html

19.02.2010

Häuserhaufen

Vitra-Haus von Herzog & de Meuron eröffnet


Es ist der mit der meisten Spannung erwartete Neubau in Deutschland in diesem Jahr: das Vitra-Haus von Herzog & de Meuron. Seit die Architekten 2006 beauftragt wurden, kursierten Gerüchte und Bilder, Architekturstudenten und -fotografen umschwirrten die Baustelle und stellten die über den Bauzaun fotografierten Ergebnisse ins Netz – auch weil die Öffentlichkeitsarbeit eher ein Geheimnis aus dem Gebäude machte und die Presse nur spärlich mit Bildern versorgte (siehe BauNetz-Meldung vom 27. August 2008). Nun ist das Vitra-Haus fertig und wird ab dem kommenden Montag für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Vorab zeigen wir schon einmal die Bilder und einen ausführlichen Bericht vom Presserundgang bei den Designlines.

Im Konzept des Hauses, so beschreiben es die Architekten, verbinden sich zwei Grundthemen, die bei den Schweizern immer wieder auftauchen: das „Urhaus“ und die Stapelung. Schlicht gesagt wurden hier Urhäuser übereinander gestapelt. Die Proportionen und Dimensionen der Räume sollen vertraute Assoziationen an Wohnhäuser wecken, Herzog & de Meuron nennen das den „domestic scale“. Allerdings ist das vertraute Urhaus hier stark abstrahiert: In die Länge gezogen als käme es von der Werkbank, anthrazit verputzt, die Stirnseiten voll verglast. Die zwölf Häuser sind in fünf Ebenen und bis zu 15 Meter weit auskragend übereinander gestapelt worden – ein Häuserhaufen, der humorvoll als „Hochstapelei des Satteldachs“ paraphrasiert werden könnte.

Die Komplexität dieser ineinander verschnittenen Räume wird schon im holzbeplankten Innenhof klar, wo sich die Häuserriegel wie Scheite eines (sehr ordentlichen) Lagerfeuers in die Höhe türmen „wie eine kleine vertikale Stadt“ (Vitra). Ein netter Zug sind übrigens die langen Sitzbänke, die sich aus dem Holz des Platzes entlang der Gebäudekanten gelegentlich hochfalten – Vitra versteht diese als Einladung an die vielen Architekturtouristen, die sich sowieso auf dem Gelände tummeln, kurz zu verweilen. Etwa 100.000 Besucher kommen jedes Jahr, und es werden mit diesem Neubau eher nicht weniger werden.

Wer ins Gebäude will, in dem künftig die „Home Collection“ ausgestellt wird, der fährt mit dem Fahrstuhl hinauf in die vierte Etage und beginnt dort den Rundgang durch die Ausstellung. Die Treppen verlaufen in sanften Schwüngen, integrieren „sich gleichsam wurmartig durch die einzelnen Ebenen fressend“ (Vitra) ins Gebäude. Eine „geheime Welt“ mit „suggestivem, fast labyrinthischen Charakter“.
Die Qualität der Innenräume ist beeindruckend: Konzept und Funktion, Material und Verarbeitung. Auch wenn das Innere weiß gehalten wurde, wird es nicht leicht fallen, sich auf die Möbel zu konzentrieren – wie im Inneren eines Fernrohrs lenkt jeder Raum den Blick immer wieder durch die großen Fensterscheiben nach draußen, nach Basel oder auf die Tüllinger Hügel. Mit Außenmaßen von 57 auf 54 Metern und 21 Metern Höhe ist das Vitra-Haus der größte Bau des Geländes, man schaut hinab auf Gehrys Museum und Andos Pavillon aufs Dach.

Das Gebäude wird von Vitra als der „Schlussstein“ für das Ensemble aus versammelter Star-Architektur vorgestellt – auch wenn die Produktionshalle von SANAA noch kommt. Aber im Gegensatz zur ovalen Halle der Japaner soll das Vitra-Haus durch das markante, expressive Äußere, durch seine Höhe und exponierte Lage künftig den Eingang zum Gelände markieren und zum Aushängeschild des gesamten Campus' werden. (fh)


Zum Thema:

Ausführlich und lesenswert: Rundgang bei www.designlines.de


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